Aktive Medienarbeit auf dem Land

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort
Peter Willers, BEAUFTRAGTER FÜR DEN OFFENEN KANAL DER ULR

Begrüßung
Dr. Wolfgang Bauchrowitz, STÄNDIGER VERTRETER DES DIREKTORS DER ULR
Carsten Bauer, VORSITZENDER DES LANDESJUGENVERBANDES SCHLESWIG-HOLSTEIN e.V., Rendsburg

Der ländliche Raum als Handlungsfeld
Herrmann-Josef Thoben, Referent für Dorf- und ländliche Regionalentwicklung, MINISTERIUM FÜR LÄNDLICHE RÄUME; LANDWIRTSCHAFT; ERNÄHRUNG UND TOURISMUS

Ziele und Methoden der Vermittlung von Medienkompetenz
Prof. Dr. Gerhard Tulodziecki,
UNIVERSITÄT – GESAMTHOCHSCHULE PADERBORN

Der Rahmen für aktive Medienarbeit im ländlichen Raum
Andreas Guballa, OFFENER KANAL (OK)WESTKÜSTE; Heide

Projektpräsentationen
Multimedia: Projektgruppe Internet
Carsten Bauer, LANDESJUGENVERBAND SCHLESWIG-HOLSTEIN e.V., Rendsburg
Hörfunk: Floh im Ohr
Michael Tittmann, OK LÜBECK
Meike Eggers, OK WESTKÜSTE
Video: Fischauge
Henning Fietze, OFFENER KANAL und LANDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG, Kiel
Print: Schülerzeitung „Der Insulaner“
Leif Kramp, Schmilau
Infrastruktur: Zielgruppe Sportverein
Siegfried Becker, OK BREMER UMLAND

Praxis-Probe:
Konzepte konkretisieren & Projekte umsetzen
Katja Kirste, Dezernentin für Programmaufsicht und Medienforschung der ULR im Dialog mit
Patrick Baab, Tagungsleitung

Arbeitsgruppen

AG I: Kinder brauchen Raum für Phantasie – Hörfunk
Impuls:     Kerstin Wehrmann, OK LÜBECK
Leo Hansen, OK HAMBURG

AG 2: Jugendliche artikulieren, provozieren & kreieren: – Video und Multimedia
Impuls:  
   Henning Fietze, Medienpädagoge, Kiel

AG 3: Senioren vermitteln Lebenserfahrung – autonome Medienwahl
Impuls:
    Dr. Claus-Hinrich Thamling, LANDESVEREIN FÜR
LÄNDLICHE ERWACHSENENBILDUNG e.V., Rendsburg

AG 4: Frauen berichten & gestalten ihre Themen – autonome Medienwahl
Impuls:
    Gudrun Papenburg, LANDFRAUENVERBAND
SCHLESEIG-HOLSTEIN, Kiel
Meike Eggers, OK WESTKÜSTE

Berichte aus den Arbeitsgruppen
Bericht AG I: Joachim Stracke, RADIO AKTIV HAMELN
Bericht AG 2: Siegfried Becker, OK BREMER UMLAND
Bericht AG 3: Michael Luppatsch, OK LÜBECK
Bericht AG 4: Renate Hopfe, FLENSBORG AVIS

Resümee
Hans-Jürgen Tast, stellvertretender Vorsitzender des NKL/ OK-Ausschusses der NIEDERSÄCHSICHEN LANDESANSTALT FÜR PRIVATEN RUNDFUNK (NLM)

Kurzlebensläufe

Geleitwort

Peter Willers, Beauftragter für den Offenen Kanal, UNABHÄNGIGE LANDESANSTALT FÜR DAS RUNDFUNKWESEN (ULR)

Aktive Medienarbeit im ländlichen Raum – ein Nischenthema? Vor dieser Frage stand eine Gruppe von Verantwortlichen der ULR, als darum ging, Überlegungen über Standorte für den Offenen Kanal in Schleswig-Hol­stein anzustellen. Schon vor der Gründung des ersten Offenen Kanals im nördlichsten Bundesland, der des OK Kiel am 16.12.1991, gab es Ideen über dessen Anzahl und Standorte. Damals war der ländliche Raum eher eine billigende Inkaufnahme – der OK Kiel ist wie der im November 1992 gegründete OK Hörfunk in Lübeck und der OK Flensburg – Fernsehen, gegründet im März 1995, außer in den genannten Städten auch im jeweiligen, teilweise ländlichen Umland zu empfangen.

Inzwischen hat sich einigen getan

  • Der Offene Kanal funktioniert vor Ort ausgezeichnet und erfreut sich reger Nachfrage aus seinem gesamten Einzugsbereich.
  • Die technische Entwicklung vereinfacht den Einsatz vor Ort. Per ISDN sind Video- und Hörfunk-Livesendungen selbst vom abgelegenen Dorfplatz möglich.
  • Der Offene Kanal entwickelt sich konzeptionell weiter. Feste Sendeplätze, Redaktionsgruppen, lokale Präsenz sind in Schleswig-Holstein keine Fremdworte. Der Offene Kanal wird zum Bürgerfunkhaus.
  • Mit den Aktionen Fischauge (seit 1996) und Floh im Ohr (seit 1998) sind in Schleswig Holstein zwei Modelle für aktive Medienarbeit auf dem Lande konzipiert und durchgeführt worden, die Beachtung verdienen.

Medienarbeit im ländliche Raum erfordert neue Wege. Die Fachtagung am 13.11.1998 am Standort des OK Lübeck sollte Impulse geben, neue Erkenntnisse bringen, Fachleute und deren Erfahrungen zusammenbringen,. Ein breiter Veranstalterkreis stellte dies sicher. Neben der ULR waren dies die NOKO Bürgermedien, also auch die Verantwortlichen für Bürgermedien der Landesmedienanstalten aus Hamburg (HAM), Niedersachsen (NLM), Bremen, Mecklenburg-Vorpommern (LRZ), Sachsen Anhalt (LRA) und Berlin (MABB), der Landjugendverband Schleswig-Holstein und der Bundesverband Offene Kanäle (BOK). Allen Beteiligten vielen Dank für Ihr Engagement!

Aktive Medienarbeit im ländlichen Raum, eine aktuelle Herausforderung, die mit den Ergebnissen der Tagung in Zukunft leichter angenommen werden kann.
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Einführung

Patrick Baab, Tagungsleitung

Als ich zu dieser Tagung zugesagt habe, fiel mir ein Sprichwort ein, das lautet: „Die dümmsten Bauern haben die dicksten Kartoffeln“. Das kennen Sie sicher auch. Und wenn man den Sinn dieses Sprichwortes zuende denkt, bedeutet das ja, man soll den Intelligenzquotienten der Landbevölkerung nicht ohne Not heben. Es könnte sich auf den Fruchtstand negativ auswirken. Ich freue mich, daß Sie diese Auffassung nicht teilen und sogar Mißernten billigend in Kauf nehmen, wenn Sie mit aktiver Medienarbeit etwas beitragen wollen zu den Kommunikationsprozessen auf dem Lande.

Mit der Tagung betreten die Veranstalter Neuland. Über Medienkompetenz, das ist ja ein Modewort, gibt es einiges, manches wurde zum Fenster hinaus gesagt oder geschrieben. Über Regionalentwicklung gibt es auch einiges, aber über Medienarbeit auf dem Lande fast nichts. Insoweit gilt unsere Aufmerksamkeit heute dem Versuch, diese beiden losen Enden zusammenzubinden, einmal zu prüfen, was es bisher an Projekten gibt, welche theoretischen Ansätze vorhanden sind und daraus eine Handreichung zu schmieden für die weitere Arbeit hier in Schleswig-Holstein. Denn in einem solchen Flächenland ist der Bedarf an Medienarbeit auf dem Lande natürlich besonders groß. Ein Beispiel ist die Arbeit des Offenen Kanals und speziell das jetzt beginnende Wirken des Offenen Kanals Westküste.

Ich freue mich deswegen um so mehr, daß Dr. Wolfgang Bauchrowitz von der Unabhängigen Landesanstalt für das Rundfunkwesen und Carsten Bauer vom Landjugendverband Schleswig-Holstein dieses Forum ermöglicht haben, denn Ziel ist es, Medienkompetenz als Theorieansatz und Kulturarbeit im ländlichen Raum zu einem Konzept zusammenzufügen.
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Begrüßun

Dr. Wolfgang Bauchrowitz, Ständiger Vertreter des Direktors der UNABHÄNGIGEN LANDESANSTALT FÜR DAS RUNDFUNKWESEN (ULR)

Herzlich willkommen in Lübeck, herzlich willkommen in der Kanalstraße, herzlich willkommen im Offenen Kanal. Der OK Lübeck und die Musik- und Kunstschule teilen sich dieses Gebäude. Diesen Saal hier, für dessen Überlassung ich der Musik- und Kunstschule herzlich danke, nutzen sie gemeinsam. Seit dem 22.11.1992, also seit fast genau sechs Jahren, sendet der OK Lübeck und war damit bundesweit der erste Offene Kanal, der ausschließlich Hörfunk produziert, und dessen Hörfunkprogramm nicht nur über Kabel, sondern auch terrestrisch, und zwar über die UKW-Frequenz 98,8 MHz, verbreitet wird.

Wie 1992 mit dem OK Lübeck hat die ULR 1997 auch mit dem zweiten Offenen Hörfunk-Kanal an der Westküste Schleswig-Hol­steins Neuland betreten. Es handelt sich bei diesem Offenen Kanal Hörfunk um den ersten seiner Art, der nicht in einem großstädtisch geprägtem Ballungsraum, sondern in einem ländlich strukturierten Raum angesiedelt ist. Der Versuch, im Vorfeld des Sendestarts im September letzten Jahres Literatur zum Thema „Aktive Medienarbeit auf dem Land“ zu finden, um Denkanstöße für die eigene Arbeit zu erhalten, ohne selbst das Rad neu erfinden zu müssen, offenbarte, daß es zu diesem Thema eigentlich gar nichts gab. Diese Erkenntnis hatte folgende Konsequenz: Die ULR macht sich ihre eigenen Gedanken. Ergebnis: Der ULR-Beauftragte für den Offenen Kanal, Peter Willers, sowie der Leiter des OK Westküste, Andreas Guballa, nahmen sich vor, gemeinsam mit Fachleuten an dem Thema zu arbeiten.

Und heute ist es endlich soweit: Ein arbeitsreicher Tag liegt vor uns, an dessen Ende hoffentlich einige theoretische, aber auch praktische Ideen näher eingekreist sind, nach denen aktive Medienarbeit im ländlichen Raum organisiert werden kann.

Die NOKO-Bürgermedien, die norddeutsche Kooperation der Landesmedienanstalten von Sachsen-Anhalt bis zur dänischen Grenze, wird mit dieser Tagung – da bin ich mir sicher – den Beweis antreten, daß mit einigen guten Ideen und wenig Aufwand inhaltlich viel bewegt werden kann.

Medienarbeit auf dem Land ist ein Thema, dessen sich die ULR als Landesmedienanstalt nicht erst mit der Einrichtung ihres Offenen Kanals Westküste „aktiv“ angenommen hat. Dazu nur drei kurze Anmerkungen:

  • Die Förderung der Medienwirtschaft in Schleswig-Holstein ist ein Daueranliegen der ULR, von dem auch der ländliche Raum nicht ausgeschlossen werden soll. Welche Perspektiven sich daraus eröffnen können, ist sicher lohnenswert, festzustellen und inhaltlich auszuloten.
  • Nachzudenken ist natürlich auch darüber, inwieweit sich die ULR im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgabe der Medienforschung mit Struk­turen im ländlichen Raum befassen kann.
  • Die Vermittlung von Medienkompetenz, durch Offene Kanäle in Schleswig-Holstein schon vielfältig praktiziert und demnächst wohl in der Novelle des Landesrundfunkgesetzes auch schriftlich als Aufgabe der ULR niedergelegt, hat sicherlich im ländlichen Raum anders zu erfolgen als in Ballungszentren. Dies ist eine Herausforderung für die ULR für die nächsten Jahre.

Lassen Sie mich an dieser Stelle bereits jetzt allen Vortragenden, allen, die sich um die Organisation der Tagung bemüht haben, und allen, die während der Tagung an der einen oder anderen Stelle zu ihrem Gelingen beitragen, herzlich danken. Danken möchte ich vor allem Herrn Thoben vom Ministerium für ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung und Tourismus und Herrn Prof. Tulodziecki von der Universität Paderborn, die sich trotz großer zeitlicher Enge aus besonderem fachlichem Interesse für diese Tagung Zeit genommen haben.

Ihnen allen wünsche ich bei der heutigen Tagung fruchtbare Gespräche und Diskussionen, aber bei aller Arbeit auch viel Spaß. Soweit Sie von außerhalb angereist sind, hoffe ich, daß Sie neben der Tagung die Zeit finden, ein wenig von Lübeck, insbesondere die Altstadt, kennenzulernen. Denn auch wenn der Offene Kanal Lübeck sicherlich ein Highlight darstellt, so hat Lübeck durchaus noch viele weitere Attraktionen zu bieten.
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Carsten Bauer, Vorsitzender des LANDESJUGENDVERBANDES SCHLESWIG-HOLSTEIN e.V., Rendsburg

Als Vorsitzender des Landjugendverbandes Schleswig-Holstein möchte auch ich Sie recht herzlich zu dieser Tagung begrüßen. Es war für uns als Jugendverband eine besondere Freude, als der Offene Kanal uns ansprach, ob wir Interesse hätten, an dieser Medientagung teilzunehmen und sie mit auszurichten. Gerade deswegen, weil heute der Bereich im Mittelpunkt der Betrachtung steht, in dem wir uns als Landjugendverband betätigen, der ländliche Raum. Zum anderen ist es das Thema Medien, mit dem sich gerade Jugendliche tagtäglich auseinandersetzen.

Daß das aber nicht nur konsumieren heißen muß, zeigen viele Beispiele, darunter einige aus der Landjugend. „Praktisch anpacken und selbst Radio machen“ war beispielsweise Thema unseres Workshops vor zwei Wochen in Heide. Mit dem Offenen Kanal Westküste und Karsten Kock von RSH hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, selbst Radiobeiträge zu produzieren. Die PG Internet, von der wir später noch mehr erfahren werden, beschäftigt sich mit den Chancen, Gefahren und Möglichkeiten des neuen Mediums für Jugendliche aus dem ländlichen Raum. Einige weitere Aktivitäten, darunter beispielsweise auch ein Fernsehseminar, sind im nächsten Jahr geplant. Und nicht zuletzt ist das Medium Presse ein unverzichtbarer Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit eines Verbandes.

Als Jugendverband, der von Jugendlichen gelenkt und gestaltet wird, beschäftigen wir uns seit nunmehr 48 Jahren mit dem Lebensraum Land. Mit seinen Besonderheiten, seinen Problemen, aber auch seinen Chancen. Im Mittelpunkt steht dabei immer wieder, Lebens- und Bleibe-Perspektiven für Jugendliche einzufordern, zu schaffen und zu erhalten. Der ländliche Raum soll nicht nur Schlafstätten, sondern auch Arbeitsplätze, Erholungsräume, Weiterbildungsmöglichkeiten und vieles mehr bieten. Dafür hat sich der Landjugendverband in den letzten Monaten intensiv damit auseinandergesetzt.

Mit dem Landjugendpreis in Höhe von 10.000 DM wurden Projekte und Ideen ausgezeichnet, die für die kulturelle Identität und die wirtschaftliche Entwicklung des ländlichen Raumes vorbildlich sind. Daß auch Medien dabei eine Rolle spielen, zeigt die Entscheidung der Jury, die Internetpräsentation aus einer Ferienregion des Wankendorfer Seengebietes als Hauptpreis zu prämieren. Weitere Fragen zur Rolle der Medien auf dem Land stellen sich für uns als Landjugend von selbst. Können sie beispielsweise dazu beitragen, die größer werdende Kluft zwischen Stadt- und Landbevölkerung durch Informationsaustausch zu schließen? Und weitergehend, können sie zukünftig zwischen Landwirtschaft und Nichtlandwirtschaft mehr vermitteln? Denn gerade in diesem Kontext führt nach unserer Meinung die derzeitige Medienberichterstattung bei vielen zu einem stark verzerrten Bild der Landwirtschaft. Und drittens: Wie helfen Medien in Zeiten immer stärker werdender Globalisierung den Blick auf die regionalen Besonderheiten gerade hier in Schleswig-Holstein zu richten? Viele Fragen.

Doch sicherlich werden in den Vorträgen und den Workshops heute Nachmittag unter anderem auch dazu eine Reihe von Ansätzen erarbeitet. Ich bedanke mich bei dem Offenen Kanal in Kiel für die federführende Organisation, bei allen Referenten für ihre Beiträge und wünsche der Tagung einen ergebnisreichen und guten Verlauf.

Patrick Baab (Tagungsleitung): Die Tagung versucht sich dem Thema Medienarbeit auf dem Lande von drei Seiten zu nähern. Das ist einmal die Theorie, der Rahmen im ländlichen Umfeld, zum zweiten die Fragen der Medienkompetenz, zum dritten die Praxis. Eine Reihe von Projekten, fünf an der Zahl stellen sich vor, so daß es möglich wird, die vorhandenen Ansätze zu prüfen und heute Nachmittag in den Workshops sehr streng bezogen auf die Zielgruppen zu arbeiten. Denn es geht ja auch darum, speziell anzusetzen an den Bedürfnissen und den Erfahrungen von den einzelnen Gruppen. Die Menschen da zu holen, wo sie stehen.
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Der ländliche Raum als Handlungsfeld

Herrmann-Josef Thoben, Referent für Dorf- und ländliche Regionalentwicklung, MINISTERIUM FÜR LÄNDLICHE RÄUME; LANDWIRTSCHAFT; ERNÄHRUNG UND TOURISMUS

Ich freue mich, daß wir heute in dieser Runde einmal darüber sprechen können, welche Entwicklungschancen die ländlichen Räume haben und welchen Anteil, welche Leistung Medien erbringen können, um diese Entwicklungschancen transparent zu machen und zu verbessern.

Es ist ein wesentliches Anliegen auch meines neuen Ministers, Klaus Buß, der, das wissen Sie ja, als ehemaliger Bürgermeister von Eckernförde in diese neue Zuständigkeit gekommen ist, sowohl die Kommunikation zu verbessern als insbesondere aus seiner Sicht als ehemaliger Bürgermeister etwas zu tun, um Kooperation in Stadt-Land-Beziehungen zu verbessern.

Zu meiner Person: Ich bin heute Referent im Ministerium für ländliche Räume. Ich habe nach dem Abitur in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen studiert und mein Referendariat gemacht bis 1978. Am 1.10.1978 bin ich dann zum Amt für Land- und Wasserwirtschaft nach Itzehoe gekommen, das heutige Amt für ländliche Räume in Itzehoe, und habe dort über 13 Jahre lang auch Projekte gemacht. Als beamteter Planer bin ich relativ häufig bei den Landwirten in der Küche, beim Bürgermeister gewesen, habe wirklich ganz von unten her erlebt, wo die Bedürfnisse sind und habe in 13 Jahren mit drei Arbeitsgruppen natürlich nicht alles alleine gemacht. Insgesamt habe ich in diesen 13 Jahren 450 Projekte geplant und umgesetzt, also eine gewisse Projekterfahrung in dieser Zeit gesammelt, und ab 1991 bin ich dann zum Ministerium gekommen und habe versucht, aufgrund meiner Erfahrungen vor Ort bei Planungen im ländlichen Raum die Rahmenbedingungen entsprechend auszugestalten.

Meine These ist, daß die ländlichen Räume in Schleswig-Holstein speziell aber auch in Deutschland und in Europa riesige Entwicklungschancen haben, wenn wir sie denn richtig nutzen würden. Und ich möchte ganz bewußt am Anfang einen Punkt herausstellen, der immer genannt wird, wenn man in eine solche Diskussion einsteigt. Da heißt es immer, „wenn denn Geld da wäre“. Und dann nicken alle und sagen, ist ja kein Geld da, also lehnen wir uns wieder zurück und machen gar nichts. Erstens ist das überhaupt nicht richtig, daß kein Geld da ist, ich werde Ihnen dazu ein Beispiel nennen. Ich habe selber jedes Jahr Mittel für ländliche Räume in Höhe von ungefähr 15 Mio. DM zur Verfügung. Das Geld-Argument ist also nicht richtig, es ist aber manchmal ein sehr willkommenes sogenanntes Totschlagsargument, da braucht man nicht weiter zu diskutieren.

Wir müssen aber die Entwicklungschancen erschließen und da ist Kommunikation ein ganz entscheidender Punkt. Ich möchte auch noch sagen, wo ich die besonderen Entwicklungschancen, Entwicklungsperspektiven auch bei den ländlichen Räumen sehe. Wir haben gerade in Schleswig-Holstein innerhalb des Landes durchaus eine sehr gute Verkehrsinfrastruktur, wir haben auch noch eine weitgehend intakte Natur und Landschaft, wir haben Menschen, die sich mit ihrem Raum, manchmal nur mit ihrem Dorf, sehr stark identifizieren. Wir haben auch durchaus eine relativ gute Versorgungsinfrastruktur. Die Informations- und Kommunikationstechniken, die ja überall zur Verfügung stehen, bieten zumindest viel bessere Entwicklungschancen, als wir sie bisher nutzen.

Wir müssen auch wollen, wir müssen auch Konzepte erstellen, wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, damit diese Potentiale genutzt werden. Das sind in erster Linie die Menschen mit ihren Erfahrungen, mit ihren Qualifikationen, die im heutigen ländlichen Raum wohnen, aber überwiegend in den Städten arbeiten. Sie kennen alle die Pendler, die jeden Tag 100 Kilometer weit fahren, sehr qualifizierte Leute, die das deswegen tun, weil sie natürlich keine Arbeitsplätze haben im ländlichen Raum, keine ihrer Ausbildung angemessenen Arbeitsplätze.

Wir brauchen auch natürlich Investoren. Ich kenne sehr viele potentielle Investoren aus dem In- und Ausland, die Schleswig-Holstein als Tourismusland sehen und auch durchaus interessiert wären, ihren Wohnstandort hier und auch ihren Betriebsstandort hier zu wählen. Wir haben den ganz großen Vorteil, daß wir, im Gegensatz zu vielen Metropolen, vielen Städten, relativ preiswerte Grundstücke und auch Gebäude, nutzbare Gebäude haben.

Wir denken allzusehr noch aus der Sicht des Kirchturms oder sogar auf den Kirchturm ausgerichtet. In vielen Diskussionen mit Investoren, mit den Bürgermeistern, mit Verbandsvertretern ist mir klar geworden, daß wir lernen müssen, neue Kooperationen auf den Weg zu bringen. Nicht nur die Menschen, die dort im ländlichen Raum wohnen, sondern auch die anderen, die in der Stadt wohnen und arbeiten, müssen aufeinander zugehen.

Ich könnte Ihnen jetzt über Stunden Beispiele nennen von Projekten, die nicht daran gescheitert sind, daß sie keinen Investor hätten, die nicht daran gescheitert sind, daß da kein Geld zur Verfügung steht, Investorengeld und auch Fördergeld. Ich könnte Ihnen sehr sehr viele Beispiele nennen, wo auch die Infrastruktur absolut ausreichend ist. Aber es gibt leider viele Beispiele, wo solche Investoren antreten und etwas erreichen wollen und wenn man dann genau analysiert, warum es nicht klappt mit diesen Investitionen, warum es nicht zu Betriebsansiedlungen kommt, dann liegt es an der mangelnden Kommunikation.

Die Kommunikation von Gemeinden untereinander ist wichtig, nicht jede Gemeinde ist geeignet, allein ein größeres Gewerbegebiet auszuweisen, nicht jede kleine Gemeinde kann eine große Betriebsansiedlung von der Infrastruktur her verkraften. Aber wenn sich die Gemeinden verständigen würden und sagen würden, jetzt machen wir es einmal gemeinsam, wir wollen einen gemeinsamen Prozeß in Gang bringen und vielleicht nicht nur auf der Ebene der Amtsausschüsse der kleinen Gemeinden reden, sondern auf den städtischen Bürgermeister zugehen und sagen, laß uns das doch vielleicht gemeinsam versuchen, dann wären ganz andere Chancen da. Es passiert nur allzu selten.

Wir brauchen also Kooperationen der Gemeinden untereinander, das lernen die Gemeinden zur Zeit. Wo viele Gemeinden noch große Probleme haben, und auch Investoren Probleme haben, das ist der Bereich der Kooperation zwischen öffentlichen und private Einrichtungen, „public privat partnership“. Schon wenn wir mit solchen Begriffen operieren, auch über die Medien operieren, finden sich viele nicht mehr wieder. Sie können sich damit nicht identifizieren. Wir brauchen also auch andere Begriffe in dem Bereich. Unter den Wirtschaftsfachleuten ist es natürlich ganz üblich, sich mit solchen Begriffen zu unterhalten, nur ich erreiche damit nicht die Leute in den Dörfern.

Aber es geht auch um Kooperationen privater Betriebe untereinander. Es ist überhaupt nicht üblich, daß zwei Betriebsinhaber, die nebeneinander sitzen, daß die sich einmal Gedanken machen über gemeinsame Entwicklungsziele, Verbesserung der Standorte. Ich spreche im Moment nur aus meiner eigenen Kenntnis, aus Erfahrungen über solche Betriebe im ländlichen Raum.

Weil wir diese Kommunikationsprobleme haben, weil wir die großen Chancen in Kooperationen sehen, haben wir vor etwa drei Jahren ein neues Förderprogramm aufgelegt. Einige von Ihnen werden es vielleicht kennen, das seit langer Zeit eingeführte Förderprogramm der Dorferneuerung, von 1984 – 1994. Dieses Förderprogramm war dadurch gekennzeichnet, daß Planungen immer in Arbeitskreisen in den Dörfern entwickelt wurden, daß Konzepte erarbeitet wurden, allerdings immer auf der einzelnen Dörferebene. Es wurden Planer, Architekten, Städteplaner diesen Arbeitskreisen zur Seite gestellt. Diesen Ansatz wollen wir auch behalten, dieses „bottom up“-Prinzip soll erhalten bleiben, aber wir möchten es nutzen, um solche Kooperationen, wie ich sie eben beschrieben habe, und auch Kommunikationen, zu verbessern.

Wir haben dem Programm der Dorferneuerung einen neuen Titel gegeben. Wir nennen das Programm „Dorf- und ländliche Regionalentwicklung“. Wir haben auch neue Elemente geschaffen, wir wollen nämlich am Anfang Anreize schaffen, um die interkommunale Zusammenarbeit zu fördern, das sind die ländlichen Struktur- und Entwicklungsanalysen als geförderter Prozeß. Wir wollen hier allerdings auch gleichzeitig erreichen, daß sich mit solchen ländlichen Struktur- und Entwicklungsanalysen auch private Investoren und auch private Mitfinanziers (Sparkassen, Banken etc.) mit in den Prozeß einbringen. Deswegen gehen wir folgenden Weg: Nicht wir aus dem Ministerium schlagen den Regionen vor, was zu tun ist, sondern wir warten auf aktive Initiativen von unten her. Und es passiert, nachdem wir entsprechend informiert haben, relativ häufig.

Im gesamten Land Schleswig-Holstein haben wir jetzt erreicht, daß die Regionen sich Gedanken gemacht haben über die Möglichkeit, solche Kooperationen zu initiieren. Die dunkleren Schraffuren, das sind bereits erstellte Entwicklungsanalysen, die engeren Schraffuren, da wird zur Zeit gearbeitet, an den breiteren Schraffuren, da ist man im Moment dabei, die Arbeit zu beginnen. Sie erkennen, ungefähr die Hälfte des Landes der ländlichen Räume beschäftigt sich zur Zeit mit solchen ländlichen Struktur- und Entwicklungsanalysen.

Wir gehen folgenden Weg: die Initiative muß von unten her kommen. Anders, als die ländlichen Regionen das bisher gemacht haben, sagen wir denen nicht, jetzt sucht Euch einmal einen Planer und stellt mal den Förderantrag, sondern wir sagen denen, Ihr müßt Euch am Anfang sehr viele Gedanken darüber machen, was Ihr denn selber wollt, welche Leitbilder Ihr habt, wie Ihr Eure Entwicklungsziele formuliert. Und dann geht es um die Frage, was brauchen wir denn wirklich für uns. Und das ist in der Wiedingharde ganz anders als am Schaalsee, und in der Wilstermarsch ganz anders als in der Probstei.

Deswegen empfehlen wir, sich im Rahmen eines zweitätigen Workshops in Arbeitskreisen Gedanken darüber zu machen: Wie sind denn die Entwicklungsziele, wo sind unsere besonderen Stärken, wo sind die Schwächen. Was müssen wir denn tun im Rahmen eines i.d.R. einjährigen Prozesses, um dies herauszuarbeiten, aber dann, und das ist eben auch ganz wichtig, daraus ganz konkrete Projekte gemeinsam zu erarbeiten. Es entsteht also ganz am Anfang schon ein Anreiz, sich über mehrere Gemeinden, in der Regel sind das zehn, fünfzehn Gemeinden, zusammenzutun.

Im Moment läuft gerade ein sehr interessanter Ansatz an, und zwar in der Region am Nord-Ostsee-Kanal. Gemeinden, die sich bisher kaum identifiziert haben mit dem Nord-Ostsee-Kanal, werden sich heute und morgen im Rahmen eines solchen Workshops zusammentun. Wenn der Workshop abgeschlossen ist, hat man den großen Vorteil, man hat sich gegenseitig kennengelernt, das erste Stück Kommunikation ist auf den Weg gebracht, man hat gemeinsame Ziele formuliert, man hat vor allem ein Bild, ein Leistungsbild über die Planungsinhalte, was häufig bei der Landschaftsplanung, bei der Bauleitplanung nicht am Anfang ausreichend passiert. In diesem Bereich werden aus meiner Sicht übrigens die entscheidenden Fehler gemacht. Danach wird mit externem Sachverstand aus dem Bereich Ökonomie, Ökologie, Kultur und Soziales ein interkommunaler, aber auch ein interdisziplinärer Ansatz zur Weiterentwicklung erarbeitet. Und dann werden ganz konkrete Projekte herausgearbeitet.

Ich halte das für einen ganz wichtigen Schritt, daß im ersten Schritt die Kommunikation verbessert wird, daß man sich gegenseitig kennenlernt, daß wir gewisse Anreize geben, ein bißchen spielt auch die Förderung dabei eine Rolle, daß wir aber Mut machen, daß genau diejenigen, die das Potential darstellen im ländlichen Raum, daß die sich auch artikulieren können. Und ich glaube, daß wir dann letztendlich, wenn Projekte gut entwickelt worden sind, wenn Trägerschaften gut formuliert worden sind, auch durch Kooperationen, daß wir dann hier und da, wo es denn erforderlich ist, auch Anreize geben für die Förderung, durch EU-Mittel, Landesmittel, Bundesmittel. Aber sie sind bewußt nicht das ausschlaggebende, wir müssen uns selber auch dazu erziehen, daß wir dies hintanstellen und am Anfang für eine verbesserte Kommunikation sorgen, Moderationsprozesse in Gang bringen und dabei sind die Medien aus meiner Sicht ein ganz wesentlicher Partner. Dies müssen wir verbessern, ich stehe Ihnen gerne da zur Verfügung.

Patrick Baab:
Unter welchen Bedingungen haben Medienprojekte im ländlichen Raum Zugriff auf Ihre Fördermittel?

Herrmann-Josef Thoben:
Es sind zwei wesentliche Voraussetzungen. Zunächst einmal muß diese interkommunale, interdisziplinäre Arbeit geleistet werden, grundsätzlich sagen wir immer, es gibt Ausnahmefälle, wo besonders gute Projekte auch außerhalb dieses Bereiches eine Chance haben. Sie müssen also von unten her entwickelt werden im Rahmen eines solchen Prozesses. Und es muß klar sein, wie die Trägerschaft aussieht, und es muß immer ein Stück ländlicher Raum mit dabei sein. Es können durchaus Kooperationen zwischen Heide und dem Umland sein, aber es müssen immer ländliche Räume mit dabei sein. Ich kann also kein Projekt fördern, das sich nur auf Kiel oder nur auf den Hamburger Ordnungsraum erstreckt. Sonst ist eigentlich sehr vieles möglich.

Patrick Baab:

Wer bekommt Zuschüsse, wohin sind die Anträge zu richten?

Herrmann-Josef Thoben:
Wir möchten ganz bewußt die kommunale Ebene mit einbinden. Also ohne Akzeptanz bei der Kommune oder bei den Kommunen geht es nicht, die müssen mit eingebunden sein. Und wenn man da Aussagen hat, daß man sich interkommunal auf solche Projekte verständigt hat, dann kommt es eben auf den Träger an. Entweder wird die Gemeinde mit eingebunden oder ein Investor, ein Privater. Dann muß man sich an die jeweiligen zuständigen Ämter für ländlichen Räume wenden, die für die Förderprogramme zuständig sind.

Patrick Baab:
Betrachten Sie also Medienarbeit auf dem Lande als Wirtschaftsfaktor, d.h. geht es eben weniger um soziale Prozesse, sondern darum, Kommunikation im ländlichen Raum zu stärken, um da auch Betriebe hinzubringen, die Wirtschaftsstruktur zu festigen, zu verstetigen?

Herrmann-Josef Thoben:
Wir haben in den letzten drei Jahren durch diesen interkommunalen und interdisziplinären Ansatz festgestellt, daß es eigentlich kaum ein Projekt gibt, das wirklich nur sektoral angesetzt ist, es sind immer Aspekte dabei, die mit Ökonomie, Ökologie, auch mit Kultur und Sozialem zu tun haben, weil wir letztendlich natürlich mit Menschen zu tun haben. Und gerade dieser kulturelle und soziale Aspekt spielt eine viel größere Rolle, als man es aus den Förderrichtlinien herausarbeiten könnte. Aber wir haben bewußt den Rahmen so gestaltet, daß sich jeder mit bestimmten Schwerpunkten, mit seinen eigenen Schwerpunkten dabei einbringen kann. Insofern spielt Kultur eine wesentliche Rolle dabei.

Publikum:
Wie erfahren Bürger, daß es Sie gibt und wo es Sie gibt, und daß es möglich ist, von Ihnen Geld zu bekommen?

Herrmann-Josef Thoben:
Das ist ein Problem. Ich hoffe, daß man durch solche Veranstaltungen wie diese, und wir machen im Jahr so etwa sechs, sieben Regionalkonferenzen in den ländlichen Räumen, ein bißchen mehr Transparenz erreicht. Wenn Sie Interesse haben und möchten selber etwas bewegen, ist Ihr erster Ansprechpartner entweder der Bürgermeister oder, was aus meiner Sicht noch wirksamer ist, der leitende Verwaltungsbeamte bei der Amtsverwaltung oder die zuständige Person bei der amtsfreien Gemeinde. An die sollten Sie sich wenden, die wissen alle darüber Bescheid, was möglich ist. Sie haben auf dem Bild hier gesehen, daß ungefähr bei der Hälfte des Landes schon solche Prozesse laufen, und wenn Sie sich dort einbringen möchten, was ich für wichtig hielte, dann sollten Sie sich an Ihren Bürgermeister wenden.

Publikum:
Gibt es die Möglichkeit, daß ich zu Ihnen komme und sage, hier ist meine Idee und Sie sagen mir, wie Sie mir helfen können? Gehen Sie auf die Leute zu oder warten Sie, daß die Leute auf Sie zukommen?

Herrmann-Josef Thoben:
Das ist richtig so. Wir werden nichts von oben vorgeben. Wir haben natürlich Ideen und Vorstellungen, was in den jeweiligen Räumen richtig wäre, aber wir warten grundsätzlich, daß die Initiative von unten her entsteht. So ist es in der Tat, daß ein Investor auf mich zu kommt und sagt, ich habe da eine Idee aus unterschiedlichen Bereichen, ich berate ihn dann. Wir beraten dann darüber, was möglich ist. Ich gebe ihm dann auch einen kleinen Aufsatz an die Hand, wo noch einmal die ganze Philosophie, die Zielsetzung, auch die Abläufe dargestellt werden und dann weise ich aber immer darauf hin, daß grundsätzliche Voraussetzung ist, daß sie sich mit ihrer Kommune abstimmen.

Patrick Baab:
Vielen Dank, Herr Thoben.

Meine Damen und Herren, wenn es den Begriff „Medienkompetenz“ vor dreißig Jahren schon gegeben hätte, hätte man ihn vermutlich verstanden als Medienkritik. Medienkritik im Sinne von Ideologiekritik. Der Nutzer oder Konsument stand damals viel weniger im Blickfeld. Es ging um den Apparat, die Macher und das Produkt. Durch die Erfindung des Videorecorders und die massenhafte Verbreitung von Computern und Kassettengeräten wird jeder Konsument auch zum potentiellen Produzenten. Und dadurch wird in der Mediendiskussion die Orientierung auf die Eigenaktivität der Konsumenten viel stärker. Von dieser Dimension von Medienkompetenz und ihrer praktischen Bedeutung spricht jetzt Gerhard Tulodziecki von der Universität Paderborn.

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Ziele und Methoden der Vermittlung von Medienkompetenz

Prof. Dr. Gerhard Tulodziecki, UNIVERSITÄT –  GESAMTHOCHSCHULE PADERBORN

Medien sind zu einem selbstverständlichen Bestandteil der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen geworden. Die Palette der Medien umfaßt Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Fernse­hen, Film, Ton- und Bildträger verschiedener Art sowie Computer und Tele­kommuni­kation. Auf der Basis des Grundsatzes der Infor­mations- und Meinungsfreiheit bie­ten die Medien ein weitgefä­chertes Programmangebot von Nachrichten und politischen Maga­zi­nen über Dokumentar- und Spielfilme sowie Bildungs-, Kinder- und Jugendprogramme bis zu simulierten Gewalt- und Horrorszena­rien. Dabei werden die Präsentationstechniken immer noch weiter verbessert, z.B. durch die Entwicklung von hochauflösendem Fernsehen, großflä­chigeren Projektionen und dreidimensionalen Gestaltungen, etwa in Form von künst­lich erzeug­ten Räumen. Bildschirmmedien und Computertechnologie sowie Datenfernüber­tra­gung wer­den zunehmend miteinander verbunden. Entsprechende Stichworte sind Multi­media und Datenautobahnen. Darüber hinaus wächst die ökonomische Verflechtung und Abhängig­keit im Medien­bereich aufgrund mehrfacher Beteiligungen einzelner Konzerne, z.B. bei Pres­se, Fern­sehen, Hörfunk, Film und Telekommunika­tion. Solche Tendenzen sind auch vor dem Hinter­grund des inter­nationalen Wettbewerbs in Europa und auf dem Weltmarkt zu sehen.

Die Medienlandschaft und ihre Entwicklungstendenzen stellen eine Herausforderung für Erzie­hung und Bildung, für Schule und Unterricht, für Jugend- und Erwachsenenbildung dar. Man muß davon ausgehen, daß sich ein per­sönlichkeits- und gesell­schaftsförderlicher Umgang mit den Medien nicht von selbst ergibt, sondern der Unterstützung durch Elternhaus, Kindergarten, Schule, Jugend- und Erwachsenenbildung bedarf. In diesem Zusammenhang wird Medienkom­petenz zunehmend als wichtiges Ziel von Erziehung und Bil­dung angesehen.

Zum Begriff Medienkompetenz scheint es jedoch einige Auffassungsunterschiede zu geben. Mindestens liegt dieser Verdacht angesichts der Tatsache nahe, daß der Begriff von Pädagogen eher im Sinne eines Elements von Allgemeinbildung verstanden wird, während ihn Politiker und Wirtschaftsführer eher benutzen, um eine Grundqualifikation zu beschreiben, die Deutsch­lands Weg in die Zukunft – fast schon im Sinne einer Zauberformel – sichern soll. Vor diesem Hintergrund werde ich in meinem Beitrag vor allem drei Fragen nachgehen:

  • Was ist aus pädagogischer Sicht unter Medienkompetenz zu verstehen?
  • Wie könnte ein medienpädagogischer Rahmen für den Erwerb von Medienkompetenz aussehen?
  • Worin liegen besondere Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Jugend- und Erwachsenenbildung mit Bürgermedien?

1 Medienkompetenz als Erziehungs- und Bildungsaufgabe
Für eine Klärung dessen, was aus pädagogischer Sicht unter Medienkompetenz zu verstehen ist, bietet es sich an, einen kurzen Blick auf die Auseinandersetzung der Pädagogik mit Medien­fragen zu werfen, wie sie sich historisch und konzeptionell entfaltet hat. Auf dieser Basis wird es möglich sein, Dimensionen des Medienkompetenz-Begriffs zu beschreiben und die Aufgabenbereiche zu bestimmen, die sich heute in der Auseinandersetzung mit Medien stellen. Dabei gehe ich davon aus, daß in die Überlegungen zur Medienkompetenz das gesamte Medienspektrum in unserer Gesellschaft – von den Printmedien über die audiovisuellen Medien bis zur Telekommunikation einbezogen – werden muß.

 1.1 Leitideen der Medienpädagogik
Für die Entwicklung medienpädagogischen Denkens werden in der Regel die kunsterzieheri­schen Überlegungen zum Ende des 19. und zum Beginn des 20. Jahrhunderts als bedeutsam angesehen. Bei diesen Überlegun­gen ging es vor allem darum, die sogenannte „Schundliteratur“ von Kindern und Jugendlichen fernzuhalten und sie statt dessen an „echte Dichterwerke“ heranzuführen. Überlegungen dieser Art wurden in der Folgezeit auch für die Auseinandersetzung mit dem sich schnell ausbreitenden Kinofilm wichtig. Zum einen wurde gefordert, Kinder und Jugendliche vor möglichen Gefährdungen durch den Kinobesuch zu schützen – was im übrigen nicht verwundert, wenn man einmal ein Verzeichnis der in Deutsch­land gelaufenen Filme auf­schlägt und für den Anfang unseres Jahrhunderts Filmtitel folgender Art fin­det: „Irrgarten der Leidenschaften“, „Saal der sieben Sünden“, „Schamlose Seelen“ und „Tragödie eines europäi­schen Rasseweibes“. Zum anderen spielte auch schon zum Anfang des Jahr­hunderts der Gedanke eine Rolle, geeignete Filme für Kinder und Jugendliche zu produ­zieren und sie an wertvolle Filme heranzu­führen. Bewahrung vor Schädlichem und Pflege des Wertvollen sind somit frühe Leitideen für die Medienpädagogik1.

Allerdings besteht bei diesen Leitideen die Gefahr, daß Kinder und Jugendliche nicht zu einer selbständigen Auswahl und Bewer­tung von Medien gelangen. Deshalb wurde – insbesondere mit der Entwicklung des Films als Kunstwerk sowie der zunehmenden Verfügbarkeit von Medien – der urteils­fähige sowie ästhetisch gebildete Rezipient gefordert. Die Wertschätzung medialer Gestaltungen als Kunstform und die Kulti­vierung des Medienurteils stellen so wei­tere Leitideen der Medienpädagogik dar2.

Mit der Ausbreitung des Fernsehens in den 50er und 60er Jahren waren erhebliche Hoffnungen für Erziehung und Bildung sowie für Wirtschaft und Demokratie verbunden. Dabei spielte auch das optimistische Fortschrittsdenken, das sich im Zusammenhang mit dem sogenannten „Wirtschaftswunder“ ausgebildet hatte, eine nicht zu unterschätzende Rolle. Zugleich wurde das Bild des mündigen Mediennutzers gezeichnet, der in der Lage ist, Programmangebote angemessen zu verstehen und zu nutzen, sowie selbständig zu beurteilen und einzuordnen. Medien galten als wichtige Instrumente für den Erwerb von Kenntnissen und Einsichten, für Werbung und wirtschaftliches Wachstum, für Information und Aufklärung. In diesem Sinne stellt der mün­dige Umgang mit Medien zur Förderung von Bildung, Wirtschaft und Demo­kratie eine weitere Leitidee der Medienpädagogik dar3.

Wäre Medienerziehung auf die obigen Leitideen begrenzt, bliebe allerdings das Problem ausge­blendet, daß Medien im gesellschaftlichen Zusammenhang zur Irreführung und Manipulation mißbraucht werden können. Historisch gesehen ist dieses Problem im Kontext der Studenten­bewegung und neo-marxistischer Ansätze Ende der 60er Jahre bearbeitet worden. Dabei ent­wickelte sich die Zielvorstellung, Kinder und Jugendliche zu befähigen, Medien und ihre ideo­logische Prägung bzw. ihre gesellschaftlichen Bedingungen kritisch zu analysieren und durch selbsterstellte Medien Öffentlichkeit für eigene Interessen und Bedürfnisse herzustellen. Ideolo­giekritik und Herstellung bzw. Produktion eigener Medien erweitern damit das Spektrum medienpädagogischer Leitideen4.

Die bisher dargestellten Leitideen basieren im wesentlichen auf Annahmen zu der Frage „Was machen die Medien mit den Menschen?“. Der sogenannte Nutzenansatz führte zu einer Umkeh­rung dieser Sichtweise unter der Frage „Was machen die Menschen mit den Medien?“. Auf die­ser Grundlage kam in den 70er Jahren ins Bewußtsein, daß Mediennutzung als bedürf­nisge­steuerte soziale Handlung aufzufassen ist. Kinder und Jugendliche wenden sich mit ihren Bedürfnissen nach Sinneserregung, nach Sicherheit, nach Zugehörigkeit, nach Liebe und Gel­tung den Medien zu und deuten die medialen Aussagen vor dem Hintergrund ihrer Kennt­nisse, Ein­stellungen und sozialen Bedingungen. In gleicher Weise gilt für die Her­stel­lung eigener Medien, daß sie auf der Basis individu­eller und sozialer Voraussetzungen als Mittel der Kom­munikation zu deuten sind. Mediennutzung als sinnvolle Verwendung vorhan­dener Medien­angebote und als eigene Herstellung von Medien im Sinne sozialen Handelns und kommuni­kativer Kompetenz ist demge­mäß bis heute eine weitere wichtige Leitidee der Medienpädago­gik5.

1.2 Aufgabenbereiche der Medienpädagogik
Wertet man zusammenfassend die bisherigen Überlegungen aus, so läßt sich für die Medienpädagogik als allgemeines Ziel formulieren: Kin­der und Jugendliche sollen Kennt­nisse und Ein­sichten, Fähigkei­ten und Fertigkeiten erwerben, die ihnen ein sachgerech­tes und selbstbe­stimmtes, kreatives und sozialverantwortliches Handeln in einer von Medien stark beeinflußten Welt ermöglichen. Dieses Ziel umfaßt zunächst Kompetenzen in zwei Handlungszusammenhängen

  • im Zusammenhang der Nutzung vorhandener Medienangebote, z.B. der Nutzung von Radio, Fernsehen und Netzangeboten für Information und Lernen, für Unterhaltung und Spiel, für Problemlösung und Entscheidungsfindung, für Kunstrezeption und Kommunikation,
  • im Zusammenhang der eigenen Gestaltung medialer Aussagen, z.B. der eigenen Erstellung einer Zeitung, eines Hörmagazins, eines Videofilms, einer Computersimulation oder einer Homepage.

Solche Handlungskompetenzen erfordern im Sinne eines sachgerechten, selbstbestimmten, kreativen und sozialverantwortlichen Handelns Kenntnisse und Verstehen sowie Analyse- und Urteilsfähigkeit in drei inhaltlichen Bereichen:

  1. im Bereich der Gestaltungsmöglichkeiten, die in Medien Verwendung finden: vom realitätsnahen Foto des Lübecker Doms bis zur grafischen Darstellung der Bevölkerungsentwicklung auf unseren Planeten, von filmischen Gestaltungstechniken wie Einstellungsperspektiven und Montage bis zu computerbasierten Techniken der Bildbearbeitung,
  2. im Bereich der Nutzungsvoraussetzungen und -wirkungen von Medien: von individuellen Einflüssen auf Gefühle, Vorstellungen und Verhaltensorientierungen bis zur Bedeutung der Massen- und Individualkommunikation für die öffentliche Meinungs- und die politische Willensbildung,
  3. im Bereich der Bedingungen von Medienproduktion und -verbreitung: von technischen Voraussetzungen für die Nutzung von Medien bis zu personalen Bedingungen in einer Rundfunkanstalt, von rechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz bis zu wirtschaftlichen Interessen der Computerindustrie und der Netzprovider bzw. der dahinterstehenden Konzerne.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen kann man fünf Aufgabenbereiche der Medien­pädagogik nennen6.

(1) Auswählen und Nutzung von Medienangeboten unter Beachtung von Handlungsalternativen: Im Rahmen dieses Aufgabenbereiches lassen sich Projekte aus den Bereichen Unterhaltung und Spiel, Lernen und Bildung, Problemlösen und Entscheidungsfindung, politische Information sowie Kunst und Kultur entwerfen. U.a. sollten Kinder und Jugendliche lernen, das große Informationspotential der Medien zu nutzen. Insbesondere sollen sie die Möglichkeit erhalten, Nutzungspläne zu entwickeln und/oder zu bewerten sowie Handlungsalternativen zu diskutieren.

Beispielsweise kann man sich auf ein für die Kinder und Jugendlichen interessantes Thema – vielleicht auch aus einem Projektzusammenhang oder einem Situationsbezug heraus – einigen und dazu Informationen aus verschiedenen medialen Angeboten nutzen. Plant eine Jugendgruppe z.B. eine Fahrt nach England, können verschiedene Informationsquellen – vom Buch über den Hörfunk und das Fernsehen bis zur CD-ROM und zu Netzinformationen – herangezogen werden, um die Gruppenfahrt vorzubereiten. Die Vorzüge und Grenzen der einzelnen Medienarten als Informationsquellen ließen sich anschließend ins Bewußtsein heben und diskutieren.

(2) Eigenes Gestalten und Verbreiten von Medienbeiträgen: Hier soll die eigene Mediengestaltung der Kinder und Jugendlichen im Mittelpunkt stehen. Entsprechende Projekte bzw. Unterrichtseinheiten können auf Produktionen folgender Art gerichtet sein: Dokumentationen, z.B. Fotodokumentationen, publizistische Produkte, z.B. Zeitungen, fiktionale und experimentelle Darstellungen, z.B. Videofilme, sowie instrumentelle Programme, z.B. Computersimulationen. Ein Beispiel sind Hör- oder Videomagazine. Sie erlauben den Kindern und Jugendlichen Erfahrungen beim journalistischen Schreiben sowie die Herstellung von Öffentlichkeit für eigene Themen, z.B. zu Bildungschancen in einer ländlichen Region. Die Bürgermedien bieten dabei eine wichtige Möglichkeit der Verbreitung.

(3) Verstehen und Bewerten von Mediengestaltungen: Hier sollten Projekte bzw. Unterrichtseinheiten durchgeführt werden, welche die Kinder und Jugendlichen anregen, verschiedene mediale Gestaltungsmittel zu vergleichen und hinsichtlich ihrer besonderen Möglichkeiten und Grenzen zu beurteilen. Solche Gestaltungsmittel können sein: verschiedene Zeichensysteme oder Darstellungsformen, z.B. Bild und Text, oder unterschiedliche Programmkategorien, z.B. Nachricht und Werbung, oder verschiedene Gestaltungstechniken, z.B. Kameraperspektiven und Einstellungsgrößen. Darüber hinaus ist es sinnvoll unterschiedliche Medienarten vergleichend zu diskutieren, z.B. Radio und Fernsehen. Dieser Aufgabenbereich ist auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil das Verstehen der Zeichensprache der Medien und eine entsprechende Ausdrucksfähigkeit neben die klassischen Kulturtechniken des Lesens, Schreibens und Rechnens getreten sind.

Beispielsweise ist es denkbar, sich mit den Jugendlichen auf ein bestimmtes Thema zu verständigen, z.B. Freundschaft und Partnerschaft oder Arbeit und Freizeit in ländlichen Räumen, und sie anzuregen, in Gruppen mediale Umsetzungen zu leisten, z.B. als Comic, Hörspiel, Videoclip oder als Briefroman, vielleicht auch in Form eines moderierten Diskussionsforums im Netz. Die verschiedenen medialen Varianten können dann hinsichtlich ihrer technischen Rahmenbedingungen, Darstellungsformen und Gestaltungstechniken sowie ihrer Verbreitungsmöglichkeiten verglichen und bewertet werden7.

(4) Erkennen und Aufarbeiten von Medieneinflüssen: Für die Aufarbeitung medialer Einflüsse sind Projekte bzw. Unterrichtseinheiten geeignet, die für Kinder und Jugendliche zunächst die Einsicht ermöglichen, daß von Medien Wirkungen ausgehen. Diese können im Bereich der Gefühle liegen, z.B. Spaß, Spannung und Angst, oder im Bereich der Vorstellungen, z.B. über Familie, Arbeit und Politik, oder im Bereich der Verhaltensorientierungen, z.B. zum Konflikt- oder Freizeitverhalten. Auf der Basis dieser Einsicht kann gegebenenfalls eine Aufarbeitung hemmender Gefühle, irreführender Vorstellungen und problematischer Verhaltensorientierungen erfolgen.

Ein entsprechendes Projekt kann seinen Ausgang z.B. bei den Vorstellungen nehmen, die Kinder zum Alltag eines Polizisten haben. Diese Vorstellungen sind häufig durch Krimis oder Polizeiserien aus den großstädtischen Bereichen geprägt. Die Kinder sollten dann erkunden, wie der Tagesablauf in einer Polizeidienststelle aussieht, die für eine ländliche Region zuständig ist. Die medienvermittelten Vorstellungen und die alltägliche Arbeit einer ländlichen Polizeidienststelle können so gegenübergestellt werden. Dadurch läßt sich zugleich ein wichtiger Beitrag zur Unterscheidung von Fiktion und Realität leisten.

(5) Durchschauen und Beurteilen von Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung: In diesem Aufgabenbereich geht es um das Durchschauen personaler, ökonomischer, rechtlicher und politischer Bedingungen von Medienproduktion und Medienverbreitung in unserer Gesellschaft. Einflußmöglichkeiten sollten – soweit vorhanden – erkannt und genutzt werden.

Ein Zugang zu entsprechenden Fragen kann z.B. dadurch erreicht werden, daß Jugendliche angeregt werden, sich einmal in die Situation einer Nachrichtenredaktion zu versetzen, und aus einer Fülle von Meldungen für einen bestimmten Tag die Meldungen herauszusuchen, die als Topmeldungen präsentiert werden sollen. Dies geschieht am besten mit Bezug auf einen länger zurückliegenden Tag, damit die von den Journalisten seinerzeit gewählten Topmeldungen nicht mehr in Erinnerung sind.

Beispielsweise waren am 24./25. August 1997 folgende Meldungen aktuell:
Oderflut: Eine gerechte Verteilung der Spenden erweist sich als kaum möglich.
57 Wirtschaftswissenschaftler sprechen sich für einen pünktlichen Eurostart aus.
Der alkoholkranke Harald Juhnke wird rund um die Uhr bewacht.
Behinderte Frauen haben in Oberwesel eine Organisation gegründet, um ihre Interessen vertreten zu können.
Rund 40 Millionen Euroscheck-Karten in Deutschland sollen neue Geheimnummern bekommen.
Der Welt-Jugendtag ist mit einer Papst-Messe zuende gegangen.
Die Polizei hat zwei Neonazi-Treffen aufgelöst.
Landespolitiker der SPD drängen zunehmend auf eine Einigung bei der Steuerreform.
Gegen Clinton wird im Mai 1998 ein Sex-Prozeß eröffnet.
Das Hoch „Joe“ löst sich auf. Nach der Hitzewelle wird das Tief „Gerda“ Regen bringen.
Der ADAC will gegen die Kfz-Steuer klagen. Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sprechen eine Ozon-Warnung aus.
Im Iran wird zum erstenmal eine Frau Stellvertreterin des Präsidenten.
Die Steuerfahndung ermittelt gegen den Filmhändler Kirch.
Schumacher siegt beim großen Preis von Belgien.
In Berlin treiben Hitze und Bauarbeiten Ratten ins Freie.
In Bonn herrscht Verwirrung über eine mögliche Kabinettsumbildung.

Für das weitere Vorgehen können „Redaktionsgruppen“ für unterschiedliche Medien gebildet bzw. simuliert werden, z.B. für eine Abonnements-Tageszeitung und eine Straßenverkaufszei­tung, für einen öffentlich-rechtlichen und einen privaten Hörfunksender, für eine öffentlich-rechtliche und eine private Fernsehanstalt sowie für eine Nachrichtenpräsentation im Netz. Für begründete Entscheidungen zu den Topmeldungen und zu ihrer Präsentation soll­ten die Jugendlichen zunächst überlegen bzw. erarbeiten, welche technischen und ökonomi­schen Bedingungen für die Nachrichtenpräsentation in den unterschiedlichen Medien bestehen. Wer­den die technischen und ökonomischen Bedingungen bei der Auswahl der Nachrichten und ihrer Präsentation bedacht, zeigen sich bei den Entscheidungen der einzelnen „Redaktionsgruppen“ sehr schnell Unterschiede. Diese können sich auf die Auswahl selbst, z.B. auf den Sensationsgehalt der gewählten Topmeldungen, auf die Anordnung, z.B. auf die Reihenfolge und die Plazierung, auf die Gestaltung, z.B. auf Bilder und Überschriften, sowie auf den Umfang der Nachrichtenpräsentation beziehen.

Die Unterschiede können dann zu einer vertiefenden Reflexion über ökonomische, technische und gegebenenfalls weitere institutionelle Bedingungen der Nachrichtenproduktion und Verbreitung führen. Die Reflexion sollte in Überlegungen zur Bedeutung entsprechender Bedingungen für die politische Meinungsbildung und für eigene Handlungskonsequenzen ein­münden.

2. Ein medienpädagogischer Rahmen für den Erwerb von Medienkompetenz
Wünschenswert ist es, daß medienpädagogische Projekte nicht bloß einmal und nicht in iso­lierter Form durchgeführt werden, sondern in einen medienpädagogischen Rahmen gestellt werden. Dabei bietet es sich u.U. auch an, daß Jugend- und Erwachsenenbildung mit der Schule zusammenarbeiten. Für die Entwicklung eines medienpädagogischen Rahmens können folgende Grundsätze gelten:

Medienpädagogische Aktivitäten sollten

  • das gesamte Medienspektrum einbeziehen und verschiedene Ansätze zu Printmedien, Hörmedien, Fernsehen und zum Computer miteinander verbinden,
  • als kontinuierlicher Prozeß über mehrere Altersgruppen angelegt sein, die Aufgabenbereiche der Medienerziehung und ihre Teilaufgaben in aufbauender Weise berücksichtigen,
  • die altersspezifische Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen beachten,
  • zu exemplarischen Einsichten führen, die auch auf andere Medien übertragen werden können,
  • den Erwerb kategorialer Einsichten ermöglichen, die auch für die zukünftige Entwicklung der Medienlandschaft grundlegend sind,
  • in handlungsrelevanter Weise unter Berücksichtigung von Bedürfnissen und Lebenssituation sowie von Erfahrungs- und Entwicklungsstand gestaltet werden.

Ein allgemeiner Koordinierungsrahmen für die medienpädagogische Arbeit, der obigen Grund­sät­zen folgt, ist in der Darstellung 1 abgebildet. Den Aufgabenbereichen, die in der Kopfzeile benannt sind, werden dabei jeweils Projektvorschläge zu verschiedenen Teilaufgaben zugeord­net (vgl. Tulodziecki u.a. 1995). Dabei erfolgt eine schwerpunktmäßige Zuordnung. In der Regel werden durch ein Projekt mehrere Aufgabenbereiche angesprochen. Beispielsweise geht es bei der eigenen Herstellung eines Hörmagazins zwar vorrangig um die Gestaltung eines eigenen Medienbeitrags, zugleich können sich jedoch Verbindungen zum „Verstehen und Bewerten von Mediengestaltungen“ oder zum „Erkennen und Aufarbeiten von Medieneinflüs­sen ergeben“ (vgl. auch Abschnitt 3).

Die Zuordnung einzelner medienpädagogischer Projekte bezieht sich jeweils auf zwei Jahr­gänge. Die Zuordnungen sind jedoch nicht zwingend. Sie sind als Versuch aufzufassen, einen sukzessiven Aufbau von Medienkompetenz zu ermöglichen. Insgesamt versteht sich der Koor­dinierungsrahmen als Bei­spiel und als Anregung für mögliche Umsetzungen der Medien­pädagogik.

3. Zur Bedeutung der Zusammenarbeit von Jugend- und Erwachsenenbildung mit Bürgermedien
Es stellt sich die Frage, inwieweit die Zusammenarbeit von Jugend- und Erwachsenenbildung mit Bürgermedien förderlich für die Wahrnehmung der medienpädagogischen Aufgabenberei­che ist.

Zunächst ist offensichtlich, daß Bürgermedien eine wichtige Möglichkeit darstellen, Medien­beiträge, die in der Jugend- oder Erwachsenenbildung entwickelt wurden, einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Dies gilt sowohl für Tonproduktionen, z.B. ein Hörfunk-Feature oder ein Hörspiel, als auch für eigene Videobeiträge, z.B. ein Videomagazin, einen Videofilm oder einen Videoclip. Dabei können von dem Bewußtsein, daß der eigene Beitrag für ein größeres Publikum gedacht ist, bei den Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen erheb­liche Motivationen für die Gestaltung ausgehen. Die Bereitschaft, die Anstrengungen für eine besonders gute Gestaltung zu steigern, kann deutlich verstärkt werden. So wird sich eine Zusammenarbeit mit einem Bürgermedium in der Regel sehr positiv auf den zentralen medien­pädagogischen Aufgabenbereich des „Gestaltens und Verbreitens eigener Medienbeiträge“ auswirken.

Des weiteren legt die Verbreitung über ein Bürgermedium die Frage nach den gewünschten oder auch unerwünschten Wirkungen beim Publikum nahe: Wer wird den eigenen Beitrag anhören oder ansehen? Wie werden die Empfänger den Beitrag aufnehmen? Welche Einschät­zungen sind zu erwarten? Mit solchen Fragen wird eine Reflexion über mögliche Wirkungen und Einflüsse von Medien angestoßen, die im Sinne der oben angeführten vierten Aufgabe für die Medienpädagogik bedeutsam ist.

Außerdem führt die Absicht, einen eigenen Medienbeitrag über ein Bürger­medium zu verbrei­ten, zu der Notwendigkeit, sich mit den Bedingungen für eine solche Verbreitung auseinander­zusetzen: Welche technischen Standards müssen eingehalten werden? Welche gestalterischen Anforderungen sind zu bedenken? Wer ist für Inhalt und Form verantwortlich? Welche rechtli­chen Bedingungen müssen bedacht werden? Mit Überlegungen dieser Art wird ein wichtiger und – mindestens – erster Schritt in Richtung des medien­päda­go­gischen Aufgabenbereichs des „Durchschauens und Beurteilens von Bedingun­gen der Medienproduktion und Medienverbrei­tung“ getan.

Darüber hinaus kann die Möglichkeit der Verbreitung eines eigenen Medienbeitrags über ein Bürgermedium eine besonders intensive Vorüberlegung zu den einzusetzenden Gestaltungs­formen und Gestaltungstechniken von Hörfunk und Film anstoßen: Welche Gestaltungsmittel stehen überhaupt zur Verfügung? Welche Kameratechniken oder Tontechniken, welche Mon­tageformen und Möglichkeiten der Inszenierung sollen genutzt werden? Welche Bedeutung haben sie bei einer Ausstrahlung durch ein Bürgermedium? Die so angeregten Überlegungen entsprechen dem dritten der oben angeführten Aufgabenbereiche der Medienpädagogik.

Schließlich kann die Tatsache, selbst einen Beitrag über ein Bürgermedium zu verbreiten, mit einem verstärkten Interesse an den Beiträgen anderer einhergehen: Wie haben andere Gruppen ihre gestalterischen und technischen Aufgaben gelöst? Welche Vorzüge und Probleme sind mit den Angeboten in Bürgermedien verbunden? Werden solche Überlegungen angestellt, ist auch das „Auswählen und Nutzen von Medienangeboten“ als Aufgabenbereich der Medienpädago­gik tangiert.

Darstellung 1: Allgemeiner Koordinierungsrahmen für medienpädagogische Projekte8

Alter

Auswählen
und Nutzen
von Medien-
angeboten

Eigenes Gestalten und Verbreiten von
Medienbeiträgen

Verstehen
und Bewerten
von Medien-
gestaltungen

Erkennen und
Aufarbeiten
von Medien-
einflüssen

Durchschauen
und Beurteilen
von Bedingungen

7/ 8

Mediennutzung zur Unterhaltung:

Freizeitgestaltung

Gestalten
eigener Fotos:

Bilderrätsel

Unterscheiden verschiedener Darstellungs-
for­men:

Märchen­projekt

Aufarbeiten von medien­beeinflußten Gefühlen:

Gruselprojekt

9/ 10

Medien­nut­zung zur Information und zum Lernen:


Singvögel

Unterscheiden
verschiedener Ab­sichten und Kate­gorien:

Dorfprojekt

Aufarbeiten von medienbeeinfluss­ten Vorstellungen:


Polizeiprojekt

Analyse und Kritik von Bil­dergeschichten:

Comics

11/ 12

Medien­nutzung
zum Spielen:

Computerspiele

Gestaltung eines
eigenen Hörbei­trags:

Hörmagazin

Unterscheiden ver­schiedener Gestal­tungstechniken:

Werbeprojekt

Analyse und Kritik von Fernseh­unterhaltung:


Vorabend­serien

13/ 14

Nutzung zum Da­ten- und Erfahrungs­austausch:

Frühlingsboten/
Hello Spring

Gestalten einer ei­genen Zeitung mit Hilfe des Compu­ters:

Jugendzeitung

Aufarbeiten von medienbeeinfluß­ten Verhaltens- und Wert-
orientie­rungen:

Konfliktverhalten

Analyse und Kri­tik von Musik­angeboten:

Videoclips

15/ 16

Nutzung zur Problemlösung und Entscheidungsfin­dung:

Computer­simulation

Gestalten eines ei­genen Films:

Videoprojekt

Erkennen von Ein­flüssen auf das All­tags­geschehen:

Computer­gestützte Fragebogenaktion

Analyse und Kri­tik von Compu­ter- oder Netz­anwendungen:

Telearbeit

17/ 18

Nutzung für Pla­nung und Koope­ration:


Netzgestützte Vorbereitung ei­ner Klassenfahrt

Gestaltung einer eigenen Simula­tion:

Zukunfts-
entwicklungen

Unterscheiden ver­schiedener Gestal­tungsarten:

Mediale
Variationen

Analyse und Kri­tik von politi­schen Informationen:

Nachrichten und Magazine

Bei den bisherigen Überlegungen wurde noch vorausgesetzt, daß die jeweilige Jugend- oder Erwachsenengruppe aus eigener Kraft bzw. mit eigenen Möglichkeiten Hör- oder Videobei­träge in technisch und gestalterisch hinreichender Form produzieren kann. Dies ist jedoch häu­fig nicht der Fall. Hier bietet die Zusammenarbeit mit einem Bürgermedium die Möglichkeit, gestalterisches Know-How und technische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. So wird u.U. für bestimmte Gruppen durch die Zusammenarbeit mit Bürgermedien die Gestaltung eige­ner Medienbeiträge erst ermöglicht. Zugleich bedeutet die Zusammenarbeit in solchen Fällen eine besonders gute Chance für eine projektbezogene Fortbildung der Mitarbeiter aus der Jugend- und Erwachsenenbildung.

Die Überlegungen verdeutlichen, daß in der Zusammenarbeit von Jugend- und Erwachsenen­bildung mit Bürgermedien vielfältige Chancen liegen, die medienpädagogische Arbeit anzure­gen und zu unterstützen, u.U. überhaupt erst zu ermöglichen. Für die Bürgermedien kann eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit der Jugend- und Erwachsenenbildung – flankiert durch eine projektbezogene Fortbildung der Jugend- und Erwachsenenbildner – eine sinnvolle Gestaltung des Gesamtprogramms bedeuten und einen wichtigen Faktor für ein ansprechendes Programm sowie eine Verankerung im lokalen oder regionalen Umfeld darstellen. In Zusam­menarbeit mit weiteren lokalen oder regionalen Medieneinrichtungen können Jugend- und Erwachsenenbildung sowie Bürgermedien auf diese Weise einen bedeutsamen Beitrag zur Entwicklung einer kommunalen bzw. regionalen Medienkultur leisten.

Patrick Baab:
Kann denn der computergestützte Unterricht in der Altersgruppe der 17- und 18-Jährigen verortet werden? Die Beschäftigung mit dem Gameboy, die computergestützte Aktivität beginnt doch spätestens mit 10, 12 Jahren?

Gerhard Tulodziecki:
Wir haben bei der Entwicklung des Koordinierungsrahmens darauf geachtet, verschiedene Formen der Mediengestaltung in den Blick zu nehmen. Deshalb kann der Vorschlag, einen bestimmten Medienbeitrag selbst zu gestalten, auch immer die Zusammenfassung vorheriger Nutzungs- oder Gestaltungsaktivitäten bedeuten.

Bei den 17 bis 18-Jährigen ist in der Tat mehr daran gedacht, beispielsweise eine eigene Simulation, also eine Hochform der Computernutzung, zu entwickeln oder ggf. Hypertexte, also strukturierte Texte, zu schreiben und ins Netz zu stellen. Das ist nicht so mißzuverstehen, daß man das erst ab 17 kann, natürlich gibt es vorher bereits viele Zugänge. Aber in dieser Altersstufe können sie gebündelt, ins Bewußtsein gehoben, systematisiert und auf weitere, sehr elaborierte Fragen hin, ausgeweitet werden.

Patrick Baab:
Greifen Sie bei Ihren Ansätzen zur Computerpädagogik dieses starke Interesse am „Kettensägenmassaker“ auf?

Gerhard Tulodziecki:
Grundsätzlich gehen wir ja nicht von der Computerpädagogik aus, sondern allgemein von der Medienpädagogik. Und da kann eine wichtige Auseinandersetzung, die im Bereich Fernsehen geleistet wird, auch für andere Medienformen, z.B. Computerspiele, bedeutsam sein.

Ich möchte deutlich machen, daß man mit diesem Thema bei den Kindern natürlich sehr behutsam umgehen muß, denn sie sollen ja nicht unnötig auf diese Sachen neugierig gemacht werden. Insofern sollte man dieses Beispiel nur aufnehmen, wenn Kinder ohnehin entsprechenden Medienangeboten ausgesetzt sind. Aber Ihre Frage ist ja auch die, was diese Auseinandersetzung im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit neuen Technologien, mit Computern bedeutet. Und da ist es in der Tat so, daß eine Auseinandersetzung mit Filmen auch helfen würde bei einer Auseinandersetzung mit Computerspielen. Wenn man sich mit solchen Themen im Bereich Film auseinandergesetzt hat, dann kann man entsprechende Überlegungen bei der Auseinandersetzung mit Computerspielen aufnehmen.

Publikum:
Wie sind die Projekte, die Sie dort vorstellen, entstanden?

Gerhard Tulodziecki:
Grundsätzlich ging es um ein Vorhaben, bei dem wir den Auftrag hatten, für verschiedene Jahrgangsstufen einen Vorschlag zu machen, welche Projekte empfohlen werden könnten. Dies haben wir zunächst für die Schule geleistet, und insofern war der vorgestellte Koordinierungsrahmen ein Rahmen für die schulische Medienpädagogik. Wir haben darüber hinaus einen Modellversuch durchgeführt, bei dem wir mit Schulen, von Grundschulen bis zu Gymnasien, gearbeitet haben und wo dieser Rahmen als Anregung, nicht als Vorschrift, gedacht war. Ganz wie Herr Thoben gesagt hat, geht es auch bei solch einem Rahmen darum, den Rahmen als Anregung zu verstehen. Aber in diesen Rahmen können sich Schulen oder auch Gruppen in der Jugend- und Erwachsenen­bildung hineinbewegen. Insofern soll der Koordinierungsrahmen Anregungs­charakter haben und wir haben ihn mit den Schulen auch so umgesetzt, daß sie für sich schulspezifische medienpädagogische Konzepte entwickeln konnten.

Ich denke, die Anforderungen auf die Jugendarbeit zu übertragen, wäre nicht ganz angemessen. Sie arbeiten ja zum Teil unter etwas anderen Bedingungen, aber ich habe den Koordinierungsrahmen trotzdem hier eingebracht. Einerseits finde ich auch die Zusammenarbeit von Schule und Jugendarbeit ganz wichtig. Andererseits möchte ich anregen, Medienarbeit als etwas Aufbauendes zu verstehen. So würden sich ja auch durch die Zusammenarbeit mit den Offenen Kanälen sehr gute Chancen eröffnen.

Leo Hansen, (Publikum):
Ich denke, wir sind soweit, daß wir in der Medienpädagogik Kinder- und Jugendliche nicht mehr als defizitäre Wesen betrachten. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht mit dem Verhältnis von Lehrern und Schülern, denn es kommt ja häufig vor, daß Schüler in der Lage sind, besser mit den neuen Medien umzugehen als die Lehrer dies können?

Gerhard Tulodziecki:
Also bezogen auf die Schulen, mit denen wir gearbeitet haben, da gibt es zunächst einmal die Situation, daß wir die Konzepte mit Gruppen von Lehrerinnen und Lehrern erarbeitet haben. Wir sind davon ausgegangen, daß ein Lehrer, das würde ja für die Jugend- und Erwachsenenbildung genauso gelten, ein Jugend- oder Erwachsenenbildner, nicht alles können muß. Das heißt, jeder bringt spezifische Kompetenzen ein. Das bedeutet, in dem Projekt waren in der Regel auch Leute, die sich in dem Bereich der neuen Medien auskannten. Da gab es von vornherein nicht das Problem, wir als Gruppe können damit gar nicht umgehen, weil wir nicht die Erfahrung haben. Mindestens ein Lehrer mit Erfahrungen im Umgang mit neuen Medien war jeweils dabei, das entschärft das Problem aus der Lehrersicht.

Insgesamt finde ich allerdings, daß die Lehrerinnen und Lehrer, die am konstruktivsten mit diesem Problem umgegangen sind, die waren, die gesagt haben, ich muß ja nicht alles können. Ich kann ja auch von meinen Schülerinnen und Schülern lernen oder in der Jugendarbeit kann ich von meinen Jugendlichen lernen. Darin sehe ich eine gute Entwicklungschance auch für die Lehrerinnen und Lehrer. Und wenn Jugendliche sich selbst einbringen können und auch zeigen können, was vielleicht eine Lehrerin oder ein Lehrer noch gar nicht kann, dann ist das auch pädagogisch eine gute Sache. An der Hochschule ist das so ähnlich. Was die neuen Medien angeht, bin ich relativ alt, deshalb sehe ich zu, daß ich gute Mitarbeiter habe, die mich unterstützen, von denen ich lernen kann, die können in dem Bereich viel mehr als ich. Es kann sich für die Team­entwicklung nur positiv auswirken, wenn jeder seine Kompetenzen einbringen kann.

Patrick Baab: Vielen Dank, Gerhard Tulodziecki.


1 Keilhacker, M. u. M. (1955): Kind und Film. Stuttgart: Klett
2 Peters, J.M. (1963): Grundlagen der Filmerziehung. München: Juventa
3 Kerstiens, L. (1971): Medienkunde in der Schule.Lernziele und Vorschläge für den Unterricht. 2. Aufl., Bad Heilbrunn: Klinkhardt
4 Holzer, H. (1974): Kinder und Fernsehen. Materialien zu einem öffentlich-rechtlichen Dres­surakt. München: Hanser
5 Baacke, D. (1992): Handlungsorientierte Medienpädagogik. In: Schill, W./Tulodziecki, G./ Wagner, W.-R. (Hrsg.): Medienpädagogisches Handeln in der Schule. Opladen: Leske + Budrich, S. 33 – 58
6 Tulodziecki, G. (1997): Medien in Erziehung und Bildung. Grundlagen und Beispiele einer handlungs- und entwicklungsorientierten Medienpädagogik. 3. Aufl., Bad Heilbrunn: Klinkhardt
7 Preiser, D./ Seibold, W. (1989): Erfahrungen mit Massenmedien. Katalog schulischer Medien­produktionen. Stuttgart: Landesinstitut für Erziehung und Unterricht
8 Tulodziecki, G., u.a. (1995): Handlungsorientierte Medienpädagogik in Unterrichtsbeispielen. Projekte und Unterrichtseinheiten für Grundschulenund weiterführende Schulen. Bad Heilbrunn
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Der Rahmen für aktive Medienarbeit im ländlichen Raum

Andreas Guballa, LEITER DES OFFENEN KANALS (OK) WESTKÜSTE, Heide

„Das kleinste Kapitel eigener Erfahrungen ist mehr wert als Millionen fremder Erfahrungen.“

Dieser Gedanke Gotthold Ephraim Lessings trifft auch auf die aktive Medienarbeit (nicht nur) auf dem Lande zu. Medienkompetenz – die Fähig- und Fertigkeit, „selbstbestimmt, kreativ und sozial verantwortlich mit Medien umzugehen“9– ist für die gesamte Informationsgesellschaft grundlegend – egal ob auf dem Lande oder in der Stadt. Medienkompetenz sichert die demokratisch legitimierte Option, sich am öffentlichen Diskurs zu beteiligen; sie gibt die Chance, die berufliche und private Lebenslage perspektivenreich zu gestalten.

Daß aktive Medienarbeit in diesem Zusammenhang eine außerordentlich geeignete und vielleicht die effektivste Form der Vermittlung von Medienkompetenz ist haben wir gerade in dem Vortrag von Prof. Tulodziecki gehört und muß in dieser Runde nicht weiter erörtert werden.

Der Erwerb von Medienkompetenz steht jedoch nicht allen in gleichem Maße offen, er wird u.a. durch

  • das individuelle Bildungsniveau,
  • durch soziale, geographische und geschlechtsspezifische Faktoren
  • infrastrukturelle Gegebenheiten

beeinflußt. Viele stehen vor „sozialen Kommunikationsbarrieren“10, was den selbstbestimmten und kritischen Umgang mit Massenkommunikation anbelangt.

Besonders die Bevölkerung im ländlichen Raum hinkt den Entwicklungen unserer Informationsgesellschaft hinterher. Soziale Kommunikationsbarrieren in einem Teilbereich unseres Mediensystems einerseits und fehlende medienpädagogische Handlungskonzepte zu deren Überwindung andererseits sind (nicht nur) hier Ursachen für eine immer noch mangelnde Medienkompetenz.

Durch Radioprojekte auf dem Lande, die mit der Verankerung des Bürgerfunks im Landesrundfunkgesetz von Flächenländern wie Schleswig-Holstein und Niedersachsen erst seit kurzem möglich sind, bieten Offene Kanäle und nicht-kommerzielle Lokalradios die technischen Voraussetzungen und das Know-how zum Erlangen dieser Kompetenzen.

Während in den Großstädten eifrig verkabelt wird, vermehren sich in den Dörfern die Parabolantennen. McLuhans Vision vom „globalen Dorf“11 wird immer mehr zur Realität: Auch der abgelegenste Winkel kann jetzt rund um die Uhr an das elektronische Hier und Jetzt angeschlossen werden12. Für weniger als 1.000 DM ist man dabei!

Was bedeutet diese Entwicklung nun für die aktive Medienarbeit auf dem Lande? Wie unterscheidet sich Medienarbeit in der Stadt von der im ländlichen Raum? Ich will versuchen, die Rahmenbedingungen mit folgenden Stichpunkten zu beleuchten

  • das moderne Dorf
  • räumliches Umfeld / Infrastruktur
  • soziales Umfeld
  • Lebensrhythmus
  • Themen
  • Lernsituation

und darstellen, welche Situation Medienarbeit vor Ort vorfindet, welche Folgen dies für die Medienarbeit hat und wie Medienarbeit darauf reagiert.

1. Das moderne Dorf
Die aktuellen medientechnologischen Innovationen sind Teil eines Modernisierungsprozesses und eines gesellschaftlichen Wandels, der den ländlichen Raum in den vergangenen 30 bis 40 Jahren nachhaltig veränderte13.

1992 beschreiben Baacke und Lauffer die Situation so: „Die Modernisierung hat ihre Logik: In der Regel beginnt sie mit technologischen und wirtschaftlichen Innovationen und zieht den sozialen und kulturellen Wandel nach sich. Und stets gehen diese Entwicklungen von den industriellen Zentren, den Großstädten und den Zentralen der Politik, der Verwaltung und der Medien aus. Dort entstehen die Leitbilder und Konzepte, an die sich auch die Menschen im ländlichen Raum anpassen sollen. All diese Entwicklungen liefen und laufen darauf hinaus, die regionalen Lebensräume einander anzugleichen, Bildungs- und Ausbildungssysteme und soziale Infrastrukturen zu erweitern“14.

„Für die Menschen auf dem Lande sind jedoch auch regionale Unterschiede wichtig. Die durch die Landesplanung vollzogene Gliederung in Klein-, Unter- und Mittelzentren hat erhebliche Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse. Sie brachte in bestimmten Bereichen eine Verbesserung der regionalen Versorgung (z.B. bei Krankenhäusern), zog aber für die Dörfer den Verlust der tradierten sozialen und kommunikativen Infrastruktur nach sich. Die Gliederung ländlicher Regionen in Räume mit verschiedenartigen Funktionen ließ Dörfer mehr und mehr zu Schlaforten degenerieren und zwang viele Schüler und Berufstätige zum Pendlerdasein. Versuche, Dörfer neu zu beleben, blieben vielerorts in architektonischen und baulich-technischen Maßnahmen stecken, jedenfalls belebten sie nur selten die dörfliche Kommunikation. Dafür wurden herausgeputzte Dörfer (erweitert um regionale Konsummärkte) zunehmend für jene attraktiv, die zwar in der Stadt arbeiten, aber im Grünen wohnen wollten. Bezahlt wird dieser Spagat mit Mobilität. Ohne Mobilität läuft auf dem Lande so gut wie nichts mehr. Dabei müssen um der Aus- und Weiterbildung oder um der Berufstätigkeit willen oft Entfernungen von 40 und mehr Kilometern überbrückt werden“15. Soweit Baacke und Lauffer.

Hieraus wird klar, daß „Provinz“ kein Gebilde ist, das unabhängig von der Entwicklung in den Zentren existiert. Traditionelle Sinnstrukturen in ländlichen Räumen werden dabei allerdings nicht einfach durch moderne Orientierungen abgelöst, sondern lediglich überformt16. Dieses spezifische „Amalgan“17 von Tradition und Moderne führt zu einer typischen Inkonsistenz der ländlichen Wert- und Sinnstrukturen innerhalb einer dominanten Moderne. Das hat Auswirkungen vor allem auf die Kommunikationsgemeinschaft des Dorfes. „Überschaubarkeit, Integration und Identifikation“18 verlieren sich zunehmend, Aspekte wie Geborgenheit im sozialen Geflecht einer Gemeinde werden in den Hintergrund gedrängt, während die traditionell ländliche soziale Kontrolle weitgehend bleibt. Generell läßt sich in den volkskundichen Befunden zur dörflichen Kommunikationsstruktur und Dorföffentlichkeit eine Tendenz in Richtung einer „Inkonsistenz der sozialen Kommunikation an der Bruchlinie von Tradition und Moderne“ feststellen. Diese Inkonsistenz bis hin zur Gespaltenheit der sozialen Kommunikation, aber auch der sozialen Orientierung im ländlichen Bereich, scheint ein Schlüsselproblem der Struktur ländlicher Sozialwelten zu sein19.

Welche Folgen hat dies für die aktive Medienarbeit?
Medienpädagogische Projekte auf dem Lande müssen davon ausgehen, über einen längeren Zeitraum im Spannungsverhältnis zwischen Neugierde und Aufgeschlossenheit auf der einen Seite sowie kritischer Distanz und Reserviertheit gegenüber allem Neuem auf der anderen Seite zu agieren. Während Menschen in der Stadt eher gelernt haben, unbefangen mit Medien umzugehen und das Medienhandeln der Stadtjugend in weiten Teilen von dem reichhaltigen kommerziellen Medienangebot geprägt ist, ist das Dorf auch auf diesem Gebiet strukturschwach. Untersuchungen der Uni Bielefeld zeigen deutliche Unterschiede des Rezeptionsverhaltens: das der Dorfjugendlichen ist familienorientiert und relativ undifferenziert, während es in der Stadt eher einen öffentlichen, nervösen, strukturierten Charakter hat20.

So reagiert Medienarbeit
Medienpädagogen im ländlichen Bereich müssen es schaffen, Neugierde auf aktive Mediennutzung zu wecken. Die Bemühungen darum dürfen aber nicht bei der anvisierten Zielgruppe steckenbleiben, sondern Meinungsführer, Institutionen, Vereine, Verwaltung etc. mit einbeziehen. Hier müssen Vorteil und positiver Nutzen für den Einzelnen, aber auch für das Gemeinwesen deutlich gemacht werden. Nur wenn das gesamte Umfeld Medienarbeit als gut erachtet, werden die Menschen der Region bereit sein, die Angebote kennenzulernen. Durch kompetentes Handeln und regionale Aspekte kann somit eine rasche Integration in das Bildungs- und Freizeitangebot der Region erreicht werden.

2. Räumliches Umfeld / Infrastruktur
Eine große Rolle für das Freizeit- und Medienverhalten von Menschen im ländlichen Raum spielt der Grad ihrer Beweglichkeit. Dies gilt besonders auf dem Dorf, dessen Infrastruktur im öffentlichen Raum unterentwickelt ist. In der aktuellen Situation stellt für Erwachsene wie für Jugendliche auf dem Land die Verfügung über ein motorisiertes Verkehrsmittel ein nahezu unverzichtbares Grundbedürfnis dar. Stationen des Erwachsenwerdens auf dem Lande lassen sich gleichsam in die Formel kleiden: „Mit 14 ein Mofa, mit 16 ein Moped, mit 18 ein Auto oder Motorrad“. Individuelle Zeitbudgets weisen entsprechend hohe Fahranteile auf, sowohl für die Wege zur Schule/Arbeit als auch bezüglich der Freizeitaktivitäten.

Welche Folgen hat dies für die aktive Medienarbeit?
Medienarbeit im ländlichen Raum muß sich somit auf begrenzte zeitliche Budgets einrichten, in dessen Rahmen die Nutzer Angebote wahrnehmen können. Nicht immer können Medienpädagogen von einer kontinuierlichen Mit- und Weiterarbeit ausgehen, wie sie eher in der Stadt vorherrscht. Dort kann man schneller und unkomplizierter zwischen Arbeits- oder Ausbildungsstätte, Nahrungsaufnahme und Medienstätte wechseln. Witterungsbedingte Einflüsse in Verbindung mit den Entfernungen haben in der Provinz schneller negative Auswirkungen auf die Kontinuität der Arbeit als in der Stadt. Da aktive Medienarbeit sicherlich nicht die einzige Freizeitbeschäftigung der Bevölkerung sein wird, muß man im ländlichen Bereich mit anderen Angeboten kultureller oder geselliger Art konkurrieren, für die erneut Fahrzeiten eingeplant werden müssen.

So reagiert Medienarbeit
  • Aktive Medienangebote müssen somit auf das Zeitbudget der Landbewohner abgestimmt werden und verstärkt Möglichkeiten vor Ort bieten (Ferienpaß-Radio), wenn Jüngere erreicht werden sollen.
  • Da nur in Ausnahmefällen mit einer anhaltenden Kontinuität bei der Wahrnehmung der Angebote gerechnet werden kann, müssen konkrete Produkte zügig erarbeitet und präsentiert werden. Dies fördert das Engagement und schafft Anreize weiterzumachen.
  • Gerade Audioangebote haben hier die Chance, durch den vergleichsweise geringen Aufwand schnell zu einem hör- und vorzeigbaren Ergebnis zu führen. Einfach zu bedienende, kostengünstige Bearbeitungsmöglichkeiten für den Heim-PC unterstreichen noch einmal den Einsatz der Hörfunkarbeit im ländlichen Raum, da die Nutzer hier eigenständig zu Hause weiterarbeiten können.

3. Soziales Umfeld
„Während große Städte das Eintauchen in den Dschungel des öffentlichen Lebens und in die Vielfalt des Fremden ebenso gestatten, wie sie den Rückzug in das Private und Anonyme ermöglichen, gibt es eine Trennung von öffentlicher und privater Sphäre in den ländlichen Regionen nicht mit derselben deutlichen Ausprägung. Im Dorf mit seiner überschaubaren Sozialstruktur, gab es immer schon die Überlagerung des Privaten durch das Öffentliche und damit eine relativ starke soziale Kontrolle.“21

Gerade Jugendliche in ländlichen Regionen leben im „Spannungsfeld zweier Welten: einerseits in der modernen, über Bildung, Ausbildung, Medien und Konsum vermittelten urbanen Welt und andererseits in der stark traditionell geprägten ländlichen Alltagswelt mit den ihr eigenen Kommunikationsstrukturen und kulturellen Orientierungsmustern“22.

Schon die ersten Regungen der deutschen Jugendbewegung waren durch das Bestreben der Jugendlichen geprägt, sich „autonome Räume“ im doppelten Sinne des Wortes anzueignen. Dieses Streben nach „Freiraum“ entwickelte sich in bewußtem Gegensatz zu den sozialen und kulturellen Zwängen der Erwachsenenwelt – auch auf dem Lande. In Abhebung etwa von Schule und Betrieb, also von Lebensbereichen mit eindeutigen Herrschaftsstrukturen, ist die Arbeit in Medienprojekten dagegen durch die selbstorganisierte, selbstverantwortete und selbstgestaltete Tätigkeit der teilnehmenden Jugend gekennzeichnet.

  • Aktive Medienarbeit kann entlastende und kompensatorische Funktionen für die eigene Lebensbewältigung übernehmen. Einzelne Produktionen verschaffen die Möglichkeit, Distanz zum dörflichen Leben zu gewinnen, lassen Alternativen zum gewohnten Handeln erkennen und können helfen, traditionelle Wahrnehmungsweisen und Vorstellungen in Frage zu stellen. So kann z.B. lebensweltorientierte Medienarbeit dazu beitragen, sich auf mehr als symbolischem Wege die Umwelt neu anzueignen23. Unterstützt wird dies dadurch, daß auf dem Lande Produktionsstätten einfach leichter zugänglich sind.
  • Eigenproduktionen erlauben darüber hinaus den Blick auf Selbstverständliches und bieten die Möglichkeit, eigene, bekannte Erfahrungen zu verarbeiten und darzustellen24– der neue Blick bspw. durch die Kamera bzw. die Isolation eines Geräusches mit dem Mikrofon wird damit zum Erlebnis.
  • Gleichzeitig belebt diese Art der Aneignung von Heimat die lokale Kommunikation in der Familie, unter Nachbarn und im Dorf17 – bspw. durch die Einbeziehung eines zentralen Platzes und durch öffentliche Präsentation.

Formen einer lebensweltlichen und regionbezogenen Medienarbeit sollten dabei aus bestehenden sozialen und kulturellen Zusammenhängen heraus entwickelt werden26.

4. Lebensrhythmus
Neben dem eben beschriebenen erhöhten Mobilitätsbedarf prägen jahres- und tageszeitliche Produktionszwänge noch immer den Lebensrhythmus der Landbevölkerung. Grob kann man hier von subjektiven und objektiven Gründen sprechen. Zu den objektiven Gegebenheiten gehören bspw. plötzliche Notwendigkeiten in der Landwirtschaft und „Vorgaben“ aus der Natur ( Dunkelheit etc.). Diese verhindern eine kontinuierliche Arbeit an begonnenen Medienprodukten. Der jahreszeitliche Wechsel wirkt sich in der Provinz stärker aus als in der Stadt, wo sich Freizeitangebote lediglich von draußen noch drinnen verlagern. Freizeitangebote wie Kinoveranstaltungen, Landjugendfeten u.a. finden auf dem Lande i.d.R. nur im Sommer statt.

Darüber hinaus haben die regionalen Raumordnungspläne in den vergangenen Jahren den ländlichen Regionen in zunehmendem Maße die Funktion des Naherholungs- und Tourismusgebietes zugewiesen mit einem deutlich spürbaren Saisonwechsel. Auch dies hat zur Folge, daß Freizeitaktivitäten, die in der Hauptsache für Urlauber angeboten werden, aber auch von der dörflichen Bevölkerung genutzt werden, im Herbst und Winter eingestellt werden. Der Lernende hat also ein größeres Freizeitbudget als im Sommer. Auf der anderen Seite fallen die Touristen als Zuschauer bzw. Zuhörer sowie als Öffentlichkeit und Interviewthema in der Zeit zwischen Oktober und März größtenteils weg.

Aber auch subjektive Gründe müssen berücksichtigt werden. Die engere Verbundenheit mit der Natur macht sich auf dem Lande auch durch einen deutlichen Rückzug der Menschen im Winter bemerkbar. Sie machen es sich zu Hause gemütlich und sind nur durch interessante Angebote aus den vier Wänden zu locken. Physiologisch macht sich die kalte Jahreszeit durch langsamere Lern- und Arbeitsprozesse bemerkbar.

  • Medienarbeit vor Ort muß auf diese Gegebenheiten reagieren, bspw. mit zeitlich differenzierten Angeboten wie kurzen Baustein-Einheiten, die voneinander unabhängig immer wieder angeboten werden, die die jahreszeitliche Lethargie überwinden und sich an dem Lebensrhythmus der Landbevölkerung orientieren.
  • Projekte im Zeitraum zwischen Herbst und Ostern bieten sich für solche Projekte in besonderer Weise an, wenn sommerliche Freizeitaktivitäten nicht mehr möglich sind und normalerweise ein größeres Freizeitbudget vorhanden ist.
  • Der Bilderarmut der dunklen Jahreszeit muß mit angemessenen Alternativen und Beispielen entgegengewirkt werden – auch hier bietet sich wieder die Hörfunkarbeit, die ohne „Licht“ auskommt, gegenüber dem Medium Video und Foto an.

5. Themen
Die Themen liegen, wie überall, auf der Straße. Man muß sie nur entdecken. Der Modernisierungsprozeß und die Veränderung der ländlichen Sozialstruktur hat verschiedene kulturelle Stile hervorgebracht, die neben- und miteinander existieren. „So gibt es traditionelle dörfliche Alltagskultur in Vereinen, Dorfkneipen und bei lokalen Festen und Feiern. Daneben macht sich kultureller Import aus den Metropolen breit…“27.

Weiter beschreiben Baacke und Lauffer: „In den vergangenen Jahren erstarkten Kräfte, die diesem Prozeß kultureller Modernisierung entgegenwirken. Man suchte nach eigenständigen ländlichen Kulturformen, wollte weder erstarrte Traditionen neu beleben noch städtische Kultur kopieren. Ausgangspunkt ist die kreative Auseinandersetzung mit der ländlichen Lebenswelt, ist der Versuch, sich Heimat in einem kulturellen Such- und Produktionsprozeß neu anzueignen. In diesem Zusammenhang sind unter anderem zu erwähnen: Dorftheaterprojekte, historische Spurensicherungen, regionale Musik- und Kulturfestivals…“28.

  • Aktive Medienarbeit kann diese Entwicklung verstärken, indem sie „nahe“ Themen und „ferne“ Medien miteinander kombiniert. Sie kann in diesem Zusammenhang als eigenaktive und kreative Auseinandersetzung mit der sozialen und natürlichen Umwelt verstanden werden, als Bewältigung sich verändernder Lebensbedingungen und als Suche nach Orientierung.
  • Die Mediennutzer begeben sich dabei mit Aufnahmegeräten oder Kamera in Lebensbereiche, die ihnen sonst verborgen bleiben, und artikulieren eigene Interessen und Bedürfnisse.
  • Aktive Medienarbeit wird damit zu einer Investition in die Zukunft, da sie Prozesse der Wiederaneignung von Heimat sowie ein lokales und regionales Selbstbewußtsein fördert.
  • Der neu gewonnene Blick kann dann frisch und in einem abgeschlossenen Produkt der Umwelt und damit der Dorföffentlichkeit präsentiert werden.

Trotz dieser Entwicklung bleibt erkennbar, daß Bilder und Töne von anderen Erfahrungen geprägt sind. Die oben bereits erwähnten Differenzen der Medienrezeption zwischen Stadt und Land haben Auswirkungen auf den Umgang mit eben diesen Medien. So kommt bspw. die Ketchupflasche für „blutige“ Videoproduktionen mit Jugendlichen im ländlichen Bereich später oder gar nicht zum Einsatz.

6. Lernsituation
Medienangebote kommerzieller oder der öffentlichen Jugendarbeit in Großstadt, Kleinstadt und Dorf sind höchst unterschiedlich. Das Dorf ist auch hier strukturschwach, örtliche Jugendarbeiter sind überlastet und müssen das gesamte Spektrum pädagogischer Angebote in einem einzigen Jugendtreff bestreiten. Aktive Medienarbeit hat in diesem Zusammenhang meist keinen Platz im Angebotskanon. Hinzu kommt, daß nur wenige Jugendarbeiter vor Ort ausreichende medienpädagogische Vorbildung mitbringen, um sie in Projekte aktiver Medienarbeit einzusetzen.

Durchgeführte Projekte in Schleswig-Holstein, die in dieser Dokumentation vorgestellt werden, machen immer wieder deutlich, daß Medienarbeit bestenfalls als Sozialarbeit etabliert ist, und nicht als Mittel zur Förderung von Medienkompetenz.

Wie schon gehört gibt es beträchtliche Differenzen beim Rezeptionsverhalten zwischen Dorf und Stadt. Das Medienhandeln der Stadtbevölkerung ist in weiten Teilen von dem reichhaltigen kommerziellen Medienangebot bestimmt. Hier erlangen die Mediennutzer schneller eine entsprechende Medien-/ Anwendungskompetenz.

  • Um aktive Medienarbeit auf dem Lande sinnvoll durchführen zu können, ist es daher unabdingbar, zunächst die vorhandene Infrastruktur präzise zu erkunden und bei Nichtvorhandensein notfalls selbst eine entsprechende Infrastruktur zu schaffen. Dabei wird man in vielen Fällen die Erfahrung machen, daß die Kompetenzbasis zunächst von außen gestellt werden muß, bis Sozialarbeiter vor Ort entsprechend geschult sind, um diese Arbeit fortzusetzen.
  • Gerade auf dem Lande kann nicht davon ausgegangen werden, daß in Räumen öffentlicher Bildung und Jugendarbeit Medienplätze vorhanden sind, daher muß auch die Technik „eingeflogen“ werden; dies setzt das Vorhandensein mobiler Geräte im Kreis oder der nächstgelegenen Stadt voraus. Aufbauend auf dem Ist-Zustand der künftigen Mediennutzer sowie der Multiplikatoren kann dann eine adäquate Ausbildung begonnen werden.

Während in der Stadt umfangreichere Angebote zur Aneignung von Medienkompetenz zu finden sind, sind Jugendliche auf dem Lande auf wenige, meistens von außen angebotene Möglichkeiten angewiesen. Aus den beschriebenen Zeit- und Mobilitätsgründen sind sie kaum in der Lage entsprechende Orte außerhalb der Region aufzusuchen. Aus diesem Grunde muß auf dem Lande verstärkt die Schule zum Kooperationspartner der aktiven Medienarbeit werden. Während außerhalb der Schule praktische Erfahrungen gesammelt werden können, muß Schule vorbereitend und begleitend die drei Komponenten der Medienkompetenz:

  • Medienästhetik
  • Medienstruktur
  • Medienwirkung

vermitteln.

  • Durch diese Verzahnung zwischen Schule und Freizeit können gerade im ländlichen Raum durch kurze, aber intensive Kursarbeit Jugendlichen neue Erfahrungsformen erschlossen und Medienkompetenz vermittelt werden.

Aus der Sicht des außerschulischen Bereichs kann aktive Medienarbeit losgelöst vom institutionellen Druck der Schule Defizite und Entwicklungspotentiale von Jugendlichen zum Mittelpunkt ihrer Bemühungen machen. Sie kann durch die handlungsorientierte Vorgehensweise Jugendliche anders ansprechen. Da die Lernformen im wesentlichen frei von Fremdbestimmung, institutionalisierten Ritualen, negativen Sanktionen etc. sind, kann sie sich stärker an den vorhandenen Lernmotivationen der Jugendlichen orientieren und diese entfalten29.

7. Schlußfolgerung
Basierend auf den vorangegangenen Überlegungen zur Situation für aktive Medienarbeit auf dem Lande, den daraus resultierenden Folgen und Reaktionen für uns, die wir aktive Medienarbeit anbieten bzw. anbieten wollen, ergeben sich folgende Konsequenzen und Forderungen:

  • Hörfunkarbeit scheint gerade auf dem Lande der geeignetere Ansatz für aktive Medien zu sein, da sie – auch auf dem Lande – auf vorhandene Technik (Kassettenrekorder/Mikrofon) zurückgreifen kann und unabhängiger als andere Medien von den spezifischen Gegebenheiten auf dem Lande einsetzbar ist. Audio wird damit zur Chance für einen ersten Schritt in Richtung Medienkompetenz.
  • Projektarbeit in kurzen, überschaubaren und in regelmäßigen Abständen wiederholbaren Bausteinen ist für Medienarbeit auf dem Lande die geeignetere Alternative.
  • Für Medienarbeit im ländlichen Raum sollte ein (Kreis-)Medienmobil sowie mobile Schnittplätze bei den Bildstellen vorhanden sein bzw. eingerichtet werden, um schnellen Zugriff auf die Technik zu haben.
  • Multimedia muß dezentral nutzbar sein und einfache Oberflächen bieten, die einen Umgang ohne ständige Betreuung ermöglichen. Bürgernetze und Kulturserver sind erste Schritte auf diesem Weg.
  • Multiplikatoren müssen verstärkt in Sachen Medienkompetenz und Medienarbeit ausgebildet werden, um nicht länger auf Angebote von außen angewiesen zu sein.
  • Ergänzend zu Angeboten in der Freizeit muß Schule die Erlangung von Medienkompetenz sinnvoll ergänzen, insbesondere auf der Grundlage der drei Standbeine Medienästhetik, Medienwirkung, Medienstruktur.

Patrick Baab:
Gibt es Fragen?

Publikum:
Gibt es genug technische Ausrüstung, genug mobile Schnittplätze? Wie ist bei Ihnen im Augenblick die Situation?

Andreas Guballa:
Also für den Kreis Dithmarschen gesprochen: dort gibt es eine Bildstelle mit stationären Video-Schnittplätzen und den OK Westküste. Beide Einrichtungen sind in einem Gebäude untergebracht und bilden das Medienzentrum.

Wir haben mobile Hörfunktechnik, mit der wir auch durch die Lande ziehen, durch die Region ziehen und in Dörfern im Sendegebiet Angebote schaffen. Es gibt Aktionen wie „OK vor Ort“, wo wir im Sommer dann zum Beispiel nach Friedrichsstadt fahren und mit Bürgerinnen und Bürgern vor Ort gemeinsame Radioprojekte für einen Tag erarbeiten. Das hat natürlich eine Vorlaufzeit, letztlich präsentieren wir an einem Tag für sechs Stunden ein Radiomagazin aus der entsprechenden Stadt, aus dem entsprechenden Dorf live, auf dem Dorfplatz und übertragen das gleichzeitig, wenn es möglich ist, auch live.

Publikum:
In Ihrer Übersicht aus der Tagungsmappe stellen Sie dar, daß moderne Medien eher aus dem Arbeitsfeld bekannt sind. Was meinen Sie damit?

Andreas Guballa:
Ich würde sagen, daß die Leute, die z.B. in der Stadt arbeiten, dort eher Zugang haben zu anderen Medien als die, die im Dorf regional verankert sind. Sie verbringen dort nach der Arbeit Zeit, um vielleicht noch Angebote zu nutzen; eher als im Dorf.

Patrick Baab:
Vielen Dank, Andreas Guballa.


9 Hamm, Ingrid (1996): Medienkompetenz. Was ist das? In: Stipp-Hagmann, Karin: Fernseh und Radiowelt für Kinder und Jugendliche. Villingen-Schwennningen. S.69ff.
10 Bonfadelli, Heinz (1987): Die Wissenskluftforschung. In: Schenk, Michael: Medienwirkungsforschung. Tübingen. S.305ff.
11 vgl. Mc Luhan, Marshall/ Fiore, Quentin: Das Medium ist die Message. Ffm./Berlin/Wien, 1984
12 Baacke, Dieter/ Lauffer, Jürgen (Hr.) Medien- und Bildungsarbeit auf dem Lande, Bielefeld 1992, S. 9
13 Baacke, Dieter/ Lauffer, Jürgen (Hr.) a.a.O., S. 9
14 Baacke, Dieter/ Lauffer, Jürgen (Hr a.a.,O., S. 10 f
15 Baacke, Dieter/ Lauffer, Jürgen (Hr.): a.a.,O., S. 10 f
16 vgl. Böhmisch, Lothar/Funk, Heide: Jugend im Abseits? Zur Lebenslage Jugendlicher im ländlichen Raum, München 1989, S. 112
17 Illien, A.: Prestige in dörflicher Lebenswelt. Tübingen 1977
18 Hackstätter, H./Vathauer, H.: Gemeinschaft in der Dorfgemeinschaft. In: Medium, 15. Jg. 1985
19 Böhmisch, Lothar/ Funk, Heide: a.a.O., S. 113
20 vgl. Frank, Günter: Im Rausch(en) der Medien, in: Deutsche Jugend 7/8 (1988), S. 305 ff.
21
Baacke, Dieter/ Laufer, Jürgen (Hr.): a.a.O., S. 23
22 Baacke, Dieter/ Lauffer, Jürgen (Hr.): a.a.O., S. 14
23 vgl. Baacke, Dieter/ Lauffer, Jürgen (Hr.): a.a.O., S. 26
24 vgl. Baacke, Dieter/ Lauffer, Jürgen (Hr.): a.a.O., S. 26
25 vgl. Baacke, Dieter/ Lauffer, Jürgen (Hr.): a.a.O., S. 27
26 vgl. Baacke, Dieter/ Lauffer, Jürgen (Hr.): a.a.O., S. 26
27Baacke, Dieter/ Lauffer, Jürgen (Hr.): a.a.O., S. 11
28 Baacke, Dieter/ Lauffer, Jürgen (Hr.): a.a.O., S. 11
29 Hirschle, Thomas/ Knochenhauer, Bernd: Aktive Medienarbeit als Mittel der Verzahnung von Schule und Freizeit, Potsdam 1997, S. 29
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Projektpräsentationen

Multimedia: Projektgruppe Internet

Carsten Bauer, LANDESJUGENDRING SCHLESWIG-HOLSTEIN  e.V., Rendsburg

Die Projektgruppe wurde im Juni 1997 gegründet. Vorausgegangen war die Initiative von einigen Landjugendmitgliedern aus Schleswig-Holstein, die Arbeit der Landjugend auch im Internet darzustellen. Bereits seit März 1995 war der Landjugendverband auf diese Weise unter verschiedenen privaten Homepage-Adressen im Internet zu finden. Deren Adressen waren jedoch umständlich und schlecht einprägsam. Zudem ermöglichten die technischen Voraussetzungen nicht die eigenständige Nutzung durch Untergruppierungen des Landesverbandes.

So entstand im Rahmen der Treffen der Projektgruppe die Idee, mit einer eigenen domain eine gemeinsame Plattform für die Landjugend im Internet zu schaffen: Sie sollte eine einfache und einprägsame Adresse aufweisen, die eigenständige Pflege der Seiten für jede Landjugend-Ebene ermöglichen und durch gemeinsame Nutzung die Kosten für die Teilnehmer senken. Ein Konzept zum sog. Landjugend-Server (www.landjugend.de) wurde in zahlreichen Treffen erarbeitet und mit dem Bundesverband und anderen Landesverbänden diskutiert. Schließlich wurde der Entschluß zur Umsetzung gefaßt und der Bundesverband mit der Umsetzung betraut. Im Januar 1997 ging dann der Server „online“ und startete mit den Homepages des Bundesverbandes, des Landesverbandes Schleswig-Holstein und einer Reihe seiner Ortsgruppen und Kreisverbände. Mittlerweile ist der Online-Auftritt vieler weiterer Ortsgruppen, Kreisverbände und Landesverbände erfolgt.

Die wichtigsten Merkmale des Servers sind:

  • Einfache einprägsame Adressenstruktur:www.landjugend.de/ Landesverband/ Kreisverband/ OrtsgruppeAllen Verbandsebenen der Landjugend wird die Möglichkeit geboten, sich im WWW zu präsentieren.
  • Der Zugang und die Pflege der Seiten erfolgt über eigene Server-Zugänge für Landesverbände/Kreis- und Ortsgruppen. Layout und Inhalte liegen somit in Verantwortung der jeweiligen „Webmaster“.
  • Die Kosten des Servers und der Domain verteilen sich auf alle 19 Landesverbände in Deutschland. Dadurch ist diese Kostenbelastung durch den Webauftritt sehr gering.

Die derzeitigen Schwerpunkte der PG Internet sind:

  • Homepagepflege /-erstellung
  • Informationsabende für Landjugendgruppen über das Internet
  • Hilfestellung bei Fragen und Problemen
  • Seminare zur Homepageerstellung
  • monatliche Treffen der PG Internet
  • Austausch mit anderen Landesverbänden
  • eMail-Vernetzung der Ebenen

Nach diesen Ausführungen stellt sich zwangsläufig die Frage, warum die Landjugend sich überhaupt mit dem Internet beschäftigt. Hier sind neben dem privaten Interesse der Mitglieder zu nennen:

  • Öffentlichkeitsarbeit für die Landjugend
  • Mitgliederwerbung
  • Kommunikation mit Mitgliedern und anderen Verbänden/ Organisationen/…
  • Bessere Koordinierungsmöglichkeiten und Informationsaustausch innerhalb des Verbandes
  • Informationsbeschaffung
  • Jugendliche über neue Medien informieren

Durch die Nutzung des Internet sehen wir aber auch Chancen für den ländlichen Raum:

  • Es ist ein in der Anwendung orts- und zeitunabhängiges Medium. Dadurch könnten bestehende Nachteile des ländlichen Raumes ausgeglichen werden.
  • Arbeitsplätze könnten durch neue Arbeitsformen (Telearbeit) und Ansiedlung von Unternehmen geschaffen werden. Dies stärkt die Wirtschaftskraft im ländlichen Raum.
  • Im kulturellen, gesellschaftlichen Bereich könnte das Web den Informationsaustausch zwischen den Regionen verbessern.

Das bisherige Fazit des Landjugendverbandes nach fast drei Jahren Internet-Nutzung lautet: Das Internet bietet neue, schnelle u. kostengünstige Möglichkeiten der Information und Kommunikation nach innen (Mitglieder) und nach außen (Verbände, Vereine, Presse, …).

Es ist in der Landjugend aber kein ERSATZ für bestehende Informations- und Kommunikationswege (v.a. den persönlichen Kontakt), sondern eine sinnvolle ERGÄNZUNG !

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Hörfunk: Floh im Ohr

Michael Tittmann, OK LÜBECK, Meike Eggers, OK WESTKÜSTE

Floh im Ohr ist ein rollendes Radio-Camp, Floh im Ohr ist mobile Jugendmedienarbeit auf dem Lande.

Das Projektteam entwickelte auf der Basis des Konzeptes des Videoprojektes Fischauge – mit Methoden der Jugendarbeit politische Bildung und Medienkompetenz im ländlichen Raum kommunizieren – eine Aktion im Bereich der Hörfunkarbeit. Gleiche Ziele müssen wegen des grundsätzlich anderen Mediums auch mit ergänzenden Methoden angegangen werden. Das Projekt Floh im Ohr war 1998 ein Projekt der Offenen Kanäle (OK) Hörfunk in Heide und in Lübeck.

In den Dörfern entsteht also ein Audiocamp, gleichzeitig Erlebnisraum und Lernort. Natürliche, ohnehin vorhandene und extra installierte Geräusch­quellen umgeben das Camp und warten darauf, entdeckt zu werden. Da ergibt es sich von ganz allein, daß der Hörfunkworkshop diese Geräusche mit ein­bezieht in die Arbeit, in die Beiträge, in die Sendungen. Die Kinder und die Jugendlichen, die aus dem Dorf zu Floh im Ohr kommen, werden auf diese Weise für vier Tage Teil eines Camps, das aus dem Dorf Hörfunk macht.

Ein Audioprojekt kann, zumindest im Einzugsbereich eines terrestrisch verbreiteten Offenen Kanals Hörfunk, etwas, was ein Videoprojekt nicht kann, nämlich, live vom Dorfplatz senden. Eine Sendung ist nicht nur Abschluß eines Projektes und begreifbares Ziel von Arbeiten, sondern auch reflektierbare Zwischenstation und Quelle von Motivation. Senden macht einfach Spaß! Floh im Ohr war im Sommer 1998 in einem Dorf und einen Ferienzeltlager nahe Lübeck aktiv.

Vorbereitung
Die Quelle des Hörfunks ist das Geräusch. In der pädagogischen Arbeit mit Audio gilt es deshalb, Geräuschquellen entdeckbar zu machen, Geräusche selbst zu produzieren, Geräusche an Orten zu entdecken, an denen keiner ein Geräusch vermutet. Ein Tonabnehmer in einem Benzinkanister, an einer Metallspirale, an einem Stück Eisen – so verstehen Kinder und Jugendliche den Zusammenhang zwischen Geräuschquelle und Audioprodukt. Tontische und die Klang- Küche wurden entworfen und standen in den Camps zentral bereit.

Wie kommt man vom Geräusch zur Sendung? Die Geräuschproduktion, die Geräuschaufnahme, schärft das Gehör, macht sicher im Umgang mit Technik. Der nächste Schritt: Hörfunk denken, Antworten provozieren, Aussagen herbeiführen. Wie komme ich an ein erläuterndes Geräusch? Oder stelle ich den Ablauf einer Produktion auf den Kopf, nehme einfach das auf, was um mich herum passiert und bearbeite es hinterher? Experimentelle Geräuschmusik, Hörspiele, Reportagen und Umfragen, thematisch und technisch von den Jugendlichen von 0 auf 100 geplant und produziert. Alle Genres werden schließlich in der Abschlußsendung per ISDN-Leitung über den Sender geschickt und zugleich live auf der OK-Bühne im Camp den Dorfbewohnern präsentiert. Zur Vorbereitung gehört aber auch dies: Ablaufpläne, Werbung, Team-Schulungen, Organisation von Verbrauchsmaterial, Zelten und Verpflegung.

Floh im Ohr in Süsel
Auf einem Wendehammer vor dem Jugendzentrum und neben der Schule entsteht das Audiocamp. Jugendliche kommen vorbei, wundern sich, sind ungläubig („Radio selbst machen? Ihr wollt mich wohl ver…….“). Sommerhitze lockt anfänglich eher zum Wasserskisee in der Nähe. Letztlich finden am 2. Tag über 30 Jugendliche in das Camp und produzieren öffentlich, auf dem Wende­hammer, auf der OK-Bühne täglich eine Sendung.

Floh im Ohr in Scharbeutz
Mitten auf einem Jugendgruppenzeltplatz ist eine große Freifläche, dort steht die OK-Bühne, die Zelte drum herum. Floh im Ohr ist ein alternatives Freizeitprogramm für die Campteilnehmer – der Bezug zum Dorf entsteht für viele erst durch ihre Teilnahme am Projekt. Die Begeisterung für Hörfunk ist groß, schon am 2. Tag gelingt die erste Sendung, am vierten Tag die zweite, die gleichzeitig ein großes Abschlußfest ist.

Ergebnis
Das wichtigste Ergebnis: Auch ein Audiocamp ist attraktiv und wird mit seinem breiten Angebot begeistert genutzt. Floh im Ohr bedeutet, Hörfunk spielerisch zu erfassen. Politische Bildung läßt sich, ebenso wie Medienkompetenz, mit den Geräten und den Inhalten von Audioarbeit vermitteln. Aber öffentlich zu sein, zu werden, ist und bleibt wichtig, ein Mediencamp funktioniert nur als Doppelpaß zwischen Campteilnehmern und Dorfbewohnern, der Öffentlichkeit. Und letztlich bietet ein Audiocamp viel Neues für das Team und viel Ungewohntes für die Jugendlichen. Mediale Prozesse und akustische Kreativität können direkt vor Ort bearbeitet werden, faszinierend, flexibel und nicht zuletzt finanziell ermutigend günstig…

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Video: Fischauge

Henning Fietze, Medienpädagoge und Filmemacher,

über ein Projekt des Bildungswerkes ANDERES LERNEN e.V., der UNABHÄNGIGEN LANDESANSTALT FÜR DAS RUNDFUNKWESEN (ULR) und ihrer OFFEN KANÄLE sowie der LANDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG

Fischauge ist ein rollendes Videocamp – Medienarbeit auf dem Lande. Bereits seit 1996 bietet Fischauge jeweils in den Sommerferien die Möglichkeit zur kreativen und reflektierten Auseinandersetzung mit dem Medium Video und ist ein Angebot für Kinder und Jugendliche im ländlichen Raum, die sonst nur wenig Gelegenheit haben, kompetent begleitet im Bereich Video und Film zu arbeiten.

Ausgestattet mit zwei semi-profesionellen Schnittplätzen, Kameras, einer mobilen Bühne, Requisiten, einer Super8-Filmausrüstung, sowie Licht- und Tonutensilien macht das Medienmobil in verschiedenen Dörfern einer Region für jeweils 5 Tage Station und schlägt ein „Video-Camp“ auf. Kostenlos und ohne Anmeldung bietet das Fischauge-Camp allen Ideen und Aktivitäten Raum, ist ständig geöffnet und wird 4 Wochen von einem 6-köpfigen Team betreut.

Auf dem Dorfplatz können Kinder und Jugendliche erste Erfahrungen mit der Welt der bewegten Bilder sammeln – sie produzieren Filme. Wichtig dabei: Die Ideen und Bilder werden nicht nach altbekannten TV-Normen beurteilt. Jedem Jugendlichen wird die Kompetenz eingeräumt, Bilder zu gestalten, seine Form der Beobachtung oder Inszenierung zu entwickeln. Oft entstehen so ungewöhnliche Bilder und Filme, die aus den Mustern der Fernseheinheitskost herausfallen.

In jedem Dorf arbeiten etwa 30 Teilnehmer in unterschiedlichen Film-Teams an ihrer Idee. Unterstützt durch die Fischauge-Mitarbeiter recherchieren sie, drehen, sichten und schneiden ihr Werk. Präsentation ist dann nachts auf einer Großbildleinwand. OpenAir genießen das Dorfpublikum die Filme und die Jugendlichen den reichlichen Applaus. Das Fischauge-Camp ist ständig geöffnet, kostenlos und bietet allen Ideen und Aktionen Raum. Workshop und Feriencamp zugleich, mit Basketball, Gitarre, gemeinsamem Essen und Filmabend. Das Team schläft auf dem Gelände und bleibt auch an den Wochenenden im Basis-Camp in der Region.

Politische Bildung und Medienkompetenz-Vermittlung können über diesen Ansatz ländlicher Medienarbeit vereint werden. Ländliche Themen aus den Alltagswelten der Jugendlichen liegen „vor der Haustür“ bereit, durch die Kamera werden neue Welten innerhalb des bekannten (und oft als „öde“ empfundenen) Dorfes entdeckt. Bürgermeister und Ladenbesitzer stehen plötzlich gerne Rede und Antwort, Dorfgeschichte wird attraktiv. Und zugleich bietet ein Camp auf dem Dorfplatz eine entspannte und flexible Zone innerhalb des Wohnortes. Spielfilme können auch nachts und in „geheimen“ Waldhütten entstehen, Trickfilme und Videoclips werden unter den Augen der Nachbarn und Freunde (Motivation und Beurteilungsinstanz zugleich) geschaffen.

1998 produzierten im Kreis Plön über 100 Jugendliche und Kinder 25 Filme und gestalteten zum Abschluß gemeinsam eine Live-Sendung im Offenen Kanal Kiel.

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Print: Schülerzeitung „Der Insulaner“

Leif Kramp, Schmilau

Der Insulaner: Was verbirgt sich hinter diesem doch recht exotischen Namen? Er wurde Anfang der 50er Jahre gewählt, um einen passenden Titel für die Schülerzeitung an der Lauenburgischen Gelehrtenschule in Ratzeburg zu haben. Hierbei könnte man schon stutzen: Ratzeburg liegt doch im Kreis Herzogtum Lauenburg im süd-östlichen Schleswig-Holstein? Keine Insel weit und breit… Dabei leitet sich der Titel recht einfach her: Der Stadtkern von Ratzeburg liegt auf einer „Insel“, umrahmt von vier Seen.

Die „Insulaner“ machen also diese Schülerzeitung, die älteste ihrer Art in Deutschland. 1932 gegründet, durchlebte sie die Schreckensherrschaft des Dritten Reiches und den Aufbau, Fortentwicklung und Einheit der Bundesrepublik Deutschlands. Ein solcher „Batzen“ Tradition, so könnte man meinen, lastet schwer auf den Schultern der Herausgeber. Ein Hauch von Staub liegt in der Luft. Keinesfalls! Jede der unzähligen Redaktionen der vergangenen 66. Jahre wollte dem „Insu“, wie er liebevoll von seinen Lesern genannt wird, ihren ganz persönlichen Stempel aufdrücken. Und das ist noch heute so.

Seit nunmehr 5½ Jahren bin ich persönlich beim Insulaner tätig, seit 2½ Jahren als Chefredakteur. Nach einem zeitweiligen Auflagenrückgang Anfang der 90er Jahre bis auf 400 Exemplare (ca. 1200 Schüler gibt es an der Lauenburgischen Gelehrtenschule) gelang es der jetzigen Redaktion, die Auflage auf aktuell 900 Insulaner steigen zu lassen, welche jede ihren Käufer und mehrere Leser findet.

Im Juni 1998 waren wir zu Gast beim Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL in Hamburg. Anlaß war die Preisverleihung im Zuge des Wettbewerbs „Die Schülerzeitungen des Jahres 1997/98“. Der Insulaner wurde mit dem 3. Preis in der Kategorie Themenstruktur ausgezeichnet.

Das Wirkungsfeld des Insulaner geht seit kurzem aber auch über die Print-Ausgaben hinaus. Seit einigen Wochen kann man unter der Internet-Adresse www.insulaner.de auf mehrere hundert Seiten Information und Animation zugreifen. Neben aktuellen Kinofilm-, Video-, CD- und Buch-Besprechungen gibt es ein Archiv, die interaktive Rubrik „Insu-Onlinezeitung“ und Pressestimmen über die Schülerzeitung aus Ratzeburg. Eine enge Zusammenarbeit mit den großen Filmverleihen, Plattenfirmen und Literaturverlagen ermöglicht uns, ein komplexes Informationsangebot wöchentlich aktuell und online anzubieten. Für Literatur-Interessierte gibt es noch ein ganz besonderes Highlight: Mit freundlicher Unterstützung von Buchreport veröffentlicht INSU-ONLINE die SPIEGEL-Bestsellerlisten – und das schon freitags. Außerdem warten wir noch mit der OST-Bestsellerliste auf (mit freundlicher Unterstützung von Libresso und Das Magazin).

Doch was bedeutet dies alles für den ländlichen Raum und seine hier speziell jugendlichen Bewohner?

Eine Schülerzeitung bietet gerade für Jugendliche schon im jungen Alter eine Möglichkeit, sich zu engagieren, wie es sie in keinem Sportverein etc. gibt. Man lernt, die Welt zu diskutieren, Probleme zu erkennen, zu argumentieren, zu schreiben und das alles ohne Grenzen. Natürlich muß es bestimmte Regeln geben, was nicht veröffentlicht werden darf (rassistische Texte beispielsweise).

Schon im Großen erkennt man, daß lokale Medien immer wichtiger werden. So im Fall Münchner Merkur vs. Süddeutsche Zeitung. Der Merkur beendete den Kampf mit der SZ um den Rang einer bundesweiten, weltpolitischen Tageszeitung und stellte vollkommen auf lokale Berichterstattung um. Die Auflagenzahlen schossen in Folge darauf in die Höhe.

So ist eine Schülerzeitung das ideale Medium, um Macher wie Leser gleichermaßen zu interessieren. Außerdem wird sie dort gemacht, wo sich Jugendliche sowieso aufhalten müssen: In der Schule. Man kann es so oder so sehen: Als eine nette Abwechslung vom Schulgeschehen oder als arbeitsintensives Ziel, das man zu verwirklichen und auszubauen sich auf die Fahnen geschrieben hat. Wohl ebenso daher zeichnet sich speziell auch der Insulaner durch seine Vielfältigkeit an Themen aus. Ob online oder gedruckt: Jeder kommt zu Wort und wird gehört und bekommt eine Antwort. Diese kann zustimmend oder widersprechend ausfallen – all das belebt die öffentliche Diskussion nicht nur in der Schule.

Dabei fehlt es dem Insulaner wie schon seit jeher an „Nachwuchs“. In den letzten sechs Jahrzehnten lassen sich beinahe regelmäßig in den Ausgaben der Ratzeburger Schülerzeitung Aufrufe zu mehr Aktivität und Engagement finden. Auch wir haben jetzt das Problem, daß wir hunderte von Lesern haben, aber es sich anscheinend niemand gerade von den jüngeren Schülern zutraut, selbst mitzuarbeiten und zwar ein arbeitsaufwendiges, aber lohnendes Ziel zu erreichen. Daher versuchen wir nun vermehrt, durch Aufrufe auch direkt in den Schulklassen neue Redakteure zu werben, damit der Insulaner nicht in knapp zwei Jahren einschläft.

Bis dahin kann aber noch viel geschehen. Am 30. November kommt erst einmal der druckfrische Insulaner Nr. 64 (dabei muß man anmerken, daß die verschiedenen Redaktionen in der Vergangenheit mehrmals neu angefangen haben zu zählen). Mit 88 Seiten ist es der umfangreichste Insu überhaupt. Teurer ist er nicht geworden. Ein Insulaner kostet immer noch 1 Mark, obwohl wir für ihn in der Herstellung etwa 6 Mark bezahlen müssen. Das wir in der Vergangenheit nicht in finanzielle Nöte gekommen sind, haben wir unseren Anzeigenkunden zu verdanken. Im neuen Insulaner sind es wieder an die 60 Unternehmen, die bei uns Anzeigen geschaltet haben – und das zu vergleichsweise sehr günstigen Preisen (z.B. 1/1 Seite DIN A4: 150,-).

Unseren Redaktionsraum stellt die Schule. Das führte vor 2½ Jahren dazu, daß wir aus unserem alten Raum im Hauptgebäude ausziehen mußten aufgrund einer „Sextanerschwemme“, die im folgenden Jahr hereinbrechen sollte und bis heute noch angewachsen ist (8 fünfte Klassen im letzten Schuljahr).

Abschließend kann man sagen, daß die Arbeit für eine Schülerzeitung unerläßlich ist, wenn man später in den Journalismus gehen möchte. Man lernt den gesamten Produktionsweg einer Zeitung, zwar im Kleinen, doch kann man selbst unbegrenzt kreativ sein und lernen, mit einem Informationsmedium umzugehen.

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Infrastruktur: Zielgruppe Sportverein

Siegfried Becker, OK BREMER UMLAND

Sportreport mit Sport vor Ort
oder Aufbau einer Redaktionsgruppe in einer ländlich strukturierten Region

1. Einleitung
„Sportreport“ ist eine monatliche Radiosendung, die über Sportereignisse im Landkreis Oldenburg sowie angrenzenden Gebieten wie der Stadt Delmenhorst berichtet. Diese Sendung von einer Redaktionsgruppe von z.Z. 6 Personen produziert. Zu Beginn des Projektes waren 10 Personen im Alter von 18 bis 45 Jahren an der Redaktionsgruppe beteiligt.

Ich möchte Ihnen im folgenden schildern, unter welchen Bedingungen diese Redaktionsgruppe in einer ländlich strukturierten Region entstanden ist und wie sie arbeitet. Mein Augenmerk werde ich auf die Rahmenbedingungen für die Entstehung sowie der weiteren Arbeit der Redaktionsgruppe legen.

Das Projekt führte ich von Oktober 96 bis November 97 im Rahmen meiner Arbeit als Medienassistent des Offenen Kanals Umland der Stadt Bremen durch. Der Offene Kanal Umland der Stadt Bremen ist eines der 14 Niedersächsischen Modellprojekte und betreut das niedersächsische Umland von Bremen. Das Sendegebiet umfaßt neben Bremen sieben Sozialräume – nämlich die sechs angrenzenden Landkreise Osterholz Scharmbeck, Rothenburg, Verden, Diepholz, Oldenburg/Land, sowie die Wesermarsch und die kreisfreie Stadt Delmenhorst. Bei der Durchführung des Projektes habe ich auf bestehende Strukturen der Region zurückgegriffen und das Projekt in Kooperation mit dem Kreissportbund Oldenburg – Land durchgeführt.

2. Vorüberlegungen und Zielsetzungen des Projektes
Neben der Vermittlung von Medienkompetenzen und einer Auseinandersetzung mit unterschiedlichen journalistischen Formen des Hörfunks war das weitere Ziel des langzeitpädagogischen Projektes die Förderung einer regionalen Berichterstattung in einem der ländlich strukturierten Sozialräume des Sendegebietes. Eine Berichterstattung, die sich also nicht nur auf einen lokalen Ort sondern eine Region bezieht.

Meine vorherigen Erfahrungen beim Aufbau von ländlichen Redaktionsgruppen hatten gezeigt, daß offene Redaktionen, die sich mit allgemeinen Themen beschäftigen, schnell auseinanderbrechen, wenn ich mich aus der Organisation und Koordination der Gruppe zurückgezogen habe. Deshalb sollte die Magazinsendung mono-thematisch angelegt sein, damit war die Hoffnung verbunden, daß das gemeinsame Interesse der Gruppenmitglieder an dem Thema einen Zusammenhalt schafft und die Gruppe nach dem Ende des Projektes weiter besteht.

Außerdem sollten die Teilnehmer/innen aus verschiedenen Orten der Region kommen, um die Lebensnähe der Berichterstattung zu erhalten und die lokalen Beziehungen bei der Recherche ausnutzen zu können.

Weiter sollte die Zielgruppe über Auto und Führerschein verfügen. Sie werden vielleicht fragen, warum? Ein zentrales Problem eines ländlich strukturierten Gebietes ist die Erreichbarkeit bzw. die Mobilität der beteiligten Personen. Ein ähnlich gelagertes langzeitpädagogisches Projekt mit Jugendlichen ist gescheitert, weil die Kontinuität der gemeinsamen Arbeit am Transport bzw. am hohen Zeitaufwand für das Erreichen der Redaktionssitzungen gescheitert ist. (Meine These: Wenn man im ländlichen Raum eine regionale Medienarbeit mit Jugendlichen machen will, ist gleichzeitig eine Elternarbeit notwendig, um solchen Problemen zu begegnen.)

Deshalb habe ich mich dafür entschieden, möglichst auf bestehende Strukturen – auf Vereine oder Organisationen in der Region – zurückzugreifen und dieses Projekt in Kooperation mit einem anderen Träger durchzuführen. Dazu habe ich u.a. Kulturgruppen und politische Jugendorganisationen angesprochen. Beim Pressereferent des Kreissportbundes Oldenburg/ Land, Gerd Backenköhler, bin ich mit dem Projekt auf Interesse gestoßen.

3. Zum Projektverlauf
Zum Aufbau einer Redaktionsgruppe planten und organisierten Gerd Backenköhler und ich gemeinsam als ersten Schritt ein Wochenendseminar, das sich an die Pressereferent(inn)en der lokalen Sportvereine wandte. Der Kreissportbund als Dachorganisation der lokalen Sportvereine in der Region macht für seine Mitglieder unterschiedliche Seminarangebote im Laufe eines Jahres. Parallel zur Seminarausschreibung hatte ich die Möglichkeit, auf der Mitgliederversammlung des Kreissportbundes über die Arbeit und die Möglichkeiten des Offenen Kanals Umland zu referieren. Weitere Werbung für das Seminar sowie die geplante Redaktionsgruppe liefen über Zeitungen sowie die direkte Ansprache durch Gerd Backenköhler.

An dem Seminar, das im Februar 97 in der Bildungsstätte Jugendhof Steinkimmen durchgeführt wurde, nahmen 12 Teilnehmer/innen aus der Region teil. Entsprechend der Zielsetzungen waren die Schwerpunkte des Seminars:

  • Bericht mit O-Ton,
  • Live – Moderation unter Echtzeitbedingungen,
  • Entwicklung und Produktion einer Magazinsendung,
  • Planung der weiteren Zusammenarbeit der Gruppe.

Das Seminar konzentrierte sich auf spezifische Fragen des Hörfunks, da die teilnehmenden Pressereferenten über journalistische Vorkenntnisse verfügten. Das Ergebnis des Seminars war eine einstündige Sendung mit vier Wortbeiträgen: zwei Berichte mit O-Ton und zwei Interviews sowie Veranstaltungshinweise. Die Sendung wurde am Sonntag in Echtzeit aufgezeichnet und am nächsten Tag im Offenen Kanal Umland ausgestrahlt. Aus diesem Seminar bildete sich eine Redaktionsgruppe, die bis heute Bestand hat.

Die Betreuung der Redaktionsgruppe erfolgte in den folgenden Monaten arbeitsteilig. Gerd Backenköhler übernahm die Organisation der Gruppe und sorgte für die innere Kommunikation, in dem er die Redaktionsmitglieder regelmäßig über die Planungen und Vorhaben schriftlich informierte. Damit wurde sichergestellt, daß alle weitgehend in die Arbeit eingebunden waren, auch wenn sie an Treffen nicht teilnehmen konnten. Die medienpädagogische Betreuung und Anleitung der Redaktionstreffen übernahm ich.

Zur Absicherung der Redaktionsgruppe wurden Vorstandsmitglieder des Kreissportbundes sehr früh als Interviewgäste in Sendungen eingezogen. Dadurch konnte sich der Vorstand über die Arbeit der Redaktionsgruppe informieren. Weiter wurden unterschiedliche Mitgliedsvereine in die Sendungen einbezogen, in dem Vertreter/innen in Sendungen oder zu Redaktionssitzungen eingeladen wurden. Bei den öffentlichen Redaktionssitzungen gab es das wohl weitgehend bekannte Phänomen: statt Mitarbeit in der Redaktion baten die Vertreter/innen von Sportvereinen darum, daß das Redaktionsteam über dieses oder jenes Ereignis in ihrem Verein berichten sollten.

Auf Grund dieses Phänomens entwickelte sich ein Betreuungsangebot, d.h., ein Mitglied des Redaktionsteams unterstützte die Pressereferenten der anderen Vereine bei der Produktion von Beiträgen. Dieses Angebot wurde von mehreren Vereinen angenommen und es entstanden so mehrere Berichte oder Interviews, die von Externen und Redaktionsmitgliedern gemeinsam produziert wurden.

Bis zum Sommer wurden zwei weitere Magazine produziert. Für jede Produktion gab es in der Regel drei Treffen in der Gesamtgruppe: Planung und Themenauswahl, Beitragsproduktion in Kleingruppen und Abschlußbesprechung mit Echtzeit-Vorproduktion. Nach dem Sommer begann die Gruppe, monatlich zu produzieren. Im Oktober 97 produzierte die Gruppe ihre erste Live-Sendung.

Als Abschluß meines Engagements habe ich ein weiteres Seminar im Herbst gewählt, in dem an dem Sendekonzept gearbeitet wurde und die Redaktionsgruppe versuchte, eine Verständigung über die Zielgruppe bzw. die Zielsetzung der Sendung zu erlangen.

4. Auswirkungen und Grenzen der Kooperation
Die Redaktionsgruppe „Sportreport“ ist im Kreissportbund Oldenburg/Land anerkannt und auch abgesichert. Sie erfährt auch einige finanzielle Unterstützung wie Erstattung von Fahrt- bzw. Materialkosten, Zuschüsse zu Seminaren usw..

Aus der Redaktionsarbeit entwickelte sich ein regionales Projekt für Jugendliche, das der Kreissportbund eigenständig durchführt und vom Landessportbund Niedersachsen gefördert wird. Hierzu finden u.a. in unregelmäßigen Abständen Tages- oder Abendseminare statt, die es Jugendlichen ermöglichen, sich mit den Aktivitäten der Redaktion sowie des Offenen Kanals auseinanderzusetzen und auch eigene Sendungen zu produzieren.

Damit komme ich zu den Grenzen einer Zusammenarbeit mit anderen Trägern, dazu ein kleines Beispiel:

In den Tagesseminaren des Kreissportbundes, die sich auch an Multiplikatoren wenden, habe ich z.B. Kontakt zu Übungsleiter(inne)n bekommen. In den Gesprächen stellte sich heraus, daß die Multiplikatoren „ihren“ Jugendlichen nicht oder nur bedingt über das Seminar berichten werden. Der Grund dafür war einfach: Sie wollen natürlich, daß „ihre“ Jugendlichen, die auch alle stark in ihrer Freizeit beschäftigt sind, weiterhin Handball oder Fußball spielen und sich nicht dem Radio oder Fernsehen zuwenden und dort ihre „knappe“ Zeit verwenden. Einem Argument, dem man sich nicht verschließen kann, und das auch die Beschränktheit dieses Ansatzes zeigt.

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Praxis-Probe: Konzepte konkretisieren & Projekte umsetzen

Katja Kirste, Dezernentin für Programmaufsicht und Medienforschung der ULR im Dialog mit Patrick Baab, Tagungsleitung

Patrick Baab:
Es ist jetzt Zeit für eine kleine Zwischenbilanz. Katja Kirste, die Programmreferentin der ULR, hat mitstenographiert, und jetzt diskutieren wir darüber, was die Projekte gemeinsam haben.

Mich interessiert: Gibt es ein Erfolgsrezept, das sich über die Projekte, die wir hier gesehen haben, durchhält?

Katja Kirste:
Ich denke, die Projekte sind sehr unterschiedlich gewesen. Bei der Schülerzeitung würde ich fast nicht von einem Projekt sprechen, sondern schon fast von einer professionellen Zeitung, so wie sie sich dargestellt hat. Aber was anderes fällt mir ein, das ist das Engagement, das Machen der Jugendlichen selbst. Wir haben ja zwei Projekte gesehen, die sehr stark von der Selbstorganisation her waren, das war das Internet-Projekt und die Schülerzeitung. Ich denke, wenn Jugendliche, Kinder nun wahrscheinlich nicht, es schaffen, auch so weit zu reflektieren, wie die Dinge funktionieren, wie man sie einsetzen kann, könnte etwas sehr Sinnvolles zustande kommen.

Patrick Baab:
Gibt es da noch andere Elemente, außer dem Engagement, das natürlich Grundlage jedes Projektes und jeglicher Gruppenaktivität ist? Gibt es beispielsweise so etwas wie das Andocken an vorhandene Strukturen im strukturschwachen ländlichen Raum, an Schulen, an Vereine? Ist es das, was ein übereinstimmendes Erfolgsrezept garantiert?

Katja Kirste:
Ich glaube, es ist unbedingt notwendig, gerade im ländlichen Raum, wo nicht alle Technik, und Technik muß schon gebraucht werden, vorhanden ist, aber wo nicht die Strukturen erst geschaffen werden können, die es eigentlich noch gar nicht gibt. Insofern muß auf Projekte zurückgegriffen werden und das zum Schluß vorgestellte Projekt hat ja auch genau diesen Ansatz gehabt. Ich denke, es war auch erfolgreich in Bezug auf die Sportverbände, die angesprochen wurden.

Patrick Baab:
Bei Siegfried Becker habe ich gelernt, daß die Medienprojekte auf dem Lande um so erfolgreicher sind, je mehr sie eine Servicefunktion für die Zielgruppen haben.

Katja Kirste:
Eine Servicefunktion müssen sie nicht unbedingt haben. Gerade Kinder können bestimmte Dinge einfach nur ausprobieren. Was können sie, was ist überhaupt machbar? Also, welche Strukturen hat das Lebensumfeld letztlich für jeden? Das ist irgendwie auch eine Möglichkeit, Dinge zu entdecken.

Patrick Baab:
Wann sind vorhandene Strukturen hinderlich, beispielsweise in einem Verein?

Katja Kirste:
Vorhandene Strukturen sind natürlich dann hinderlich, wenn Interessen kollidieren. Das Beispiel hatten wir ja heute. Wenn Freizeit knapp bemessen ist, und Sportvereine nun mal dazu da sind, Sport zu treiben, bleibt für andere Aktivitäten kaum Zeit. Angebote und Möglichkeiten, die mit viel Aufwand verbunden sind, werden immer schwer angenommen.

Patrick Baab:
Gibt es bestimmte Medien, die für bestimmte Gruppen, für Seniorenarbeit, für Jugendarbeit, für Frauenarbeit, für Behindertenarbeit, wie auch immer, besonders geeignet sind?

Katja Kirste:
Wir hatten das Beispiel ja schon, daß Hörfunkarbeit besonders für Kinder geeignet ist. Ich denke, Videoarbeit nur bedingt, das Projekt Fischauge beginnt ja eben auch mit älteren Kindern und ist aufgrund der Komplexität des Mediums sicherlich auch für ältere Kinder und Jugendliche mehr geeignet.

Patrick Baab:
Wäre es nicht besonders wichtig, daß beispielsweise Senioren lernen, mit Computern umzugehen, weil unter den älteren Menschen nach meiner Erfahrung die Technikangst besonders groß ist?

Katja Kirste:
Wichtig wäre es schon, ob sie das wollen, ist die andere Frage. Ich denke, das ist ein Bereich, der bislang auch noch kaum durchdacht ist. Wie führt man Leute an Technik heran, die mit Technik nie in Kontakt gekommen sind und die letztlich auch mehr oder weniger von ihrer Biographie her Schwellenängste aufgebaut haben, sei es, weil sie alt sind, sei es, weil sie in Bereichen gearbeitet haben, wo kein Computer da war? Für die ist es natürlich schwer, auch den Wunsch zu entwickeln.

Patrick Baab:
Wie sollten sich Macher auf ihre Aufgabe denn vorbereiten? Gibt es da wesentliche Eckpunkte, Standards, die allgemein verbindlich sind? Oder geht es auch nach dem Motto, wir versuchen es einfach mal?

Katja Kirste:
Die Macher sollten auf jeden Fall selbst erstmal Kompetenzen entwickeln. Erst einmal pädagogische Kompetenz, sie sollten aber auch technische Kompetenz haben.

Patrick Baab:
Brauchen sie auch lokale Kompetenz?

Katja Kirste:
Das ist ein Punkt, der gerade im ländlichen Raum sehr wichtig ist.

Patrick Baab:
Wie sollte die Infrastruktur beschaffen sein, die technischen Voraussetzungen? Gibt es auch da übereinstimmende Punkte?

Katja Kirste:
Die technischen Voraussetzungen, wie sie beispielsweise die Offenen Kanäle bieten, sind teilweise schon sehr gut. Sie sind brauchbar, sie werden auch genutzt. Wichtig ist natürlich auch die konzeptionelle Vorbereitung auf derartige Projekte.

Patrick Baab:
Sollten sich denn die einzelnen Gruppen miteinander vernetzen? Die „Insulaner“ machen es ja vor, sie gehen auch ins Internet. Gibt es die Möglichkeit, eine Recherche auch mehrfach zu nutzen, für ein Videoprojekt, für ein Radioprojekt oder für eine Zeitung?

Katja Kirste:
Das wäre natürlich jetzt gerade bei den Beispielen ein guter Ansatz. Wir haben die Landjugend gehabt, die sich mit dem Internet auch relativ professionell beschäftigt, wir haben die „Insulaner“, die eine professionelle Zeitung machen und auch im Internet sind. Da gehen zwei Medien zusammen, also ein traditionelles und ein neues Medium. Kooperation ist im ländlichen Raum einfach notwendig, um bestimmte Dinge zu erreichen.

Patrick Baab:
Was kann der Offene Kanal hier beitragen?

Katja Kirste:
Der Offene Kanal ist auf jeden Fall eine Anlaufstation, die Technik zur Verfügung stellt, auch Personal zur Verfügung stellt, die Projekte mit anstoßen kann und die mobil ist und letztlich auch den ländlichen Raum erschließt, stationiert an vier Orten in Schleswig-Holstein. Ich denke aber, daß das in den ländlichen Bereich ausstrahlt.

Patrick Baab:
Vertiefen werden wir das heute nachmittag in den Arbeitsgruppen. Sie sollen Projekte entwickeln, die für bestimmte Zielgruppen besonders geeignet sind. Das betrifft nicht nur die Wahl des Mediums, sondern auch die Themen.

Mich interessiert, ob Sie es in den Arbeitsgruppen leisten können, medienpädagogische Ansätze und didaktische Methoden zu präsentieren? Ob Sie zielgruppengenau definieren können, was z.B. ein Seniorenprojekt auf dem Land von einem in der Stadt unterscheidet? Können Sie das Projekt genau beschreiben, die Methodik, die Didaktik, den Einsatz technischer Mittel, die Lernziele, die Projektdauer und -kosten und die Kriterien für eine abschließende Erfolgskontrolle? Das sind Fragen, die mich an den Ergebnissen der Arbeitsgruppen interessieren.

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Arbeitsgruppen

Arbeitsgruppe I:
Kinder brauchen Raum für Phantasie – Hörfunk Impuls I: Ein Medium und seine Möglichkeiten
Kerstin Wehrmann, OK LÜBECKSeit der Erfindung des Radios gab es noch keine Generation von Kindern und Jugendlichen, die so massiv von Radiogeräten umgeben war, wie die heutige. Massenmedien gehören heute zum Kinderalltag: Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Hörfunk, Fernsehen, Tonband, Schallplatte, CD, Video und Personal-Computer. Radios stehen in fast jedem Haushalt, in Büros, in Autos, in vielen Walkmännern und nicht zuletzt in vielen Kinder- und Jugendzimmern bereit, um auf Knopfdruck das jeweils gewünschte Programm zu spielen. Schon Dreijährige werden von ihren Eltern mit Kassettenrecordern bedacht, etwa 70% der Vierjährigen besitzen ein entsprechendes Gerät30.Auditive Medien im Alltag von Kindern
Hören Kinder tatsächlich Radio? Setzen sich Kinder im Zeitalter von Internet und Multimedia noch tatsächlich hin und hören sich einfach eine Geschichte im Radio an? Wie nutzen Kinder das Radio und Hörkassetten?
– 46 Prozent der 6-13jährigen hören täglich Radio.31
– 46 Prozent der 6-13jährigen hören täglich Hörkassetten.
– Im Durchschnitt hört ein Kind täglich 23 Minuten Radio
– und 19 Minuten pro Tag seine Kassetten.
– 2/3 aller Kinder bevorzugen im Radio Musiksendungen gegenüber Wortsendungen (Musik, Werbung, Wunschkonzerte, Magazinsendungen, Sport/ Hörerbeteiligung, Nachrichten, Sendungen für Mädchen bzw. Jungen).
– 67 Prozent der Kinder verwenden Tonträger nicht nur zum Musik hören; an erster Stelle stehen Märchen, Kinder- und Abenteuergeschichten.

  • Die Beliebtheit von Hörfunk und Hörkassetten zeigen, daß Kinder für das Hören empfänglich sind.
  • Mit zunehmendem Alter steigt die Hörfunk-Nutzungsdauer (6-7jährige = ø 13 Minuten; 12-13jährige = ø 36 Minuten).
  • Und je älter die Kinder werden, desto eher werden Tonträger ausschließlich zum Musik hören verwendet.

Hören als Erlebnis
Radio hören – Hörkassetten hören … Hören lediglich als Zuhören oder Geräusche richtig zu identifizieren zu beschreiben wäre zu einseitig, denn Hören ist eine spezifische Form der Wirklichkeitswahrnehmung32:

  • die akustische Wahrnehmung vermittelt uns ein anderes Raumgefühl als die visuelle: Der Raum, den wir hören, umgibt uns; der Raum, den wir sehen, ist uns gegenüber
  • wir hören Klangquellen häufig näher, als wir sie sehen.
  •  Höreindrücke beeinflussen die Sympathie- und Antipathiezuschreibungen, losgelöst von der Mitteilung selbst
  • unser Ohr ist immer offen, wir können es im Gegensatz zum Auge nie schließen
  • akustische Informationen können nicht abgerufen werden wie optische: die Augen kann ich schweifen lassen, die Ohren sind einfach offen
  • und wir hören schon, wenn wir noch gar nicht geboren sind.

Hören ist eine wichtige Erfahrung in einer Welt in der das Auge dominiert. Und gerade der Hörsinn ist bei jüngeren Kindern von ganz zentraler Bedeutung für ihre Welterfassung. Ihr Sehsinn ist noch nicht so ausgeprägt, von daher dominiert der Geruchs-, Tast- und Hörsinn. Dies sind Sinne, die eine ganzheitliche Erfahrung zulassen. Kinder hören nicht allein über das Ohr, sondern mit Haut und Knochen, also mit Haut und Haaren. Hören ist für Kinder ein emotionales Erlebnis, packend und total ergreifend33. Erst ab dem 10. Lebensjahr können Kinder eine Handlung in einer zeitlich-logischen Reihenfolge wiedergeben. Ihr Abstraktionsvermögen läßt zu diesem Zeitpunkt eine Interpretation und eine Deutung zu. Jüngere Kinder zwischen drei und sechs Jahren haben eine perspektivische Wahrnehmung, d.h. sie erzählen ausschließlich detailorientiert, also jene Teile einer Handlung, die für sie bedeutsam und wichtig sind34.

Zum Stellenwert der Hörkassetten und des Radiohörens bei Kindern
Kinder weisen Hörmedien, insbesondere den Hörkassetten, einen ganz eigenen Stellenwert zu35.

  • Hörmedien sind ständig verfügbar (ein selbst gewählter sozialer Rückzugist möglich).
  • Hörmedien lösen Kommunikationsansprüche ein (Unterhaltung, Tagtraum, Gefühle überbrücken/ kompensieren).
  • Hörmedien vermitteln Verläßlichkeit (Geborgenheit, Nebenbei-Medium).

Kinder hören häufig bewußt nicht die gesamte Kassette, sondern hören sich bestimmte Szenen und Passagen immer wieder an. Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Thema einer Hörkassette und dem inneren Thema eines Kindes.

Hörkassetten bieten also Entspannung, Zerstreuung sowie Abenteuer und Phantasie; die gefühlsmäßig erlebbaren Momente sind hierbei für Kinder besonders wichtig.

Radio ist eigentlich das typische Jugendmedium. Es ist schnell, aktuell, immer nah am Geschehen, es ist mobil und nahezu überall verfügbar. Man kann alleine hören oder in der Gruppe. Radio ist ein attraktives Medium36. Radio hören belegt im Vergleich zu anderen Freizeitaktivitäten bei Kindern einen Platz auf der unteren Rangskala37. Radio wird nebenbei gehört, insbesondere von älteren Kindern. „Immerhin noch drei Viertel aller Erstkläßler konzentrieren sich „manchmal“ ausschließlich auf das Radiohören, dagegen nicht einmal mehr die Hälfte der älteren Kinder“38.

Radio hören bedeutet Rückzug, steht aber auch für das Ausleben von Stimmungen und Emotionen. Musik wird vor allem zum Entspannen gehört. Von sich aus finden Kinder allerdings nicht die wenigen Sendungen im Radio, die für sie bestimmt sind. Kinder brauchen also Erwachsene bei der Programmauswahl.

Zur pädagogischen Arbeit mit Hörmedien
Aktive Medienarbeit ist eine Alternative zum täglichen Medienkonsum von Kindern. Um Medieninhalten kritisch begegnen zu können, benötigen Kinder Kompetenz im Umgang mit Medien. Diese Kompetenz kann durch aktive Medienarbeit vermittelt werden. Durch das Produzieren eigener Hörbeiträge können Kinder erfahren, wie Kommunikation funktioniert, die durch Medien, also in unserem Fall Radio, vermittelt wird.

Praxisbeispiel
Schulprojekttage an einer Grundschule in Stockelsdorf in Zusammenarbeit mit dem Offenen Kanal Lübeck.
„Die 8 Projektis“.
Acht Schülerinnen und Schüler im Alter von 8 bis 12 Jahren beteiligten sich drei Tage an diesem Projekt. Vier professionelle Reportagegeräte standen der Gruppe hierfür zur Verfügung. Zwei Tage wurde vor Ort in der Grundschule gearbeitet, ein Tag stand für den Besuch des Offenen Kanals in Lübeck incl. Studiobesuch zur Verfügung. Am ersten Vormittag machten sich die Schülerinnen und Schüler vor allem mit dem Reportagegerät vertraut. Das begann sofort in der Vorstellungsrunde (ins Mikrofon sprechen), setzte sich über Gespräche über das Radio hören (Was wird gehört?, Wann wird gehört?, Was ist das besondere am Radio hören?) und schließlich über Geräuschespiele (Die Stimme als Spielelement: Wer war’s?, Mach’s nach – Körpergeräusche, Lied summen + raten; Gegenstände als Spielelement: Rat‘ mal, wo ich war, Geräusche sammeln, Geräusche-Story – Geschichte erfinden, erzählen, passende Geräusche einstreuen) fort.

Am zweiten Vormittag kamen die Themen „Umfrage“ und „Interview“ an die Reihe. In Zweiergruppen wurde sich jeweils eine Frage ausgedacht und dann ging’s los zu den anderen Projekten. Die gesammelten „O-Töne“ wurden hinterher in der Gruppe angehört, bewertet und ausgewählt. Schließlich dachten sich zwei Gruppen je eine Hörgeschichte aus und sammelten hierfür die passenden Geräusche.

Am dritten Tag ging es in die Studios des Offenen Kanals Lübeck. Nach einer Einführung in die Studiotechnik wurde exemplarisch gezeigt, wie O-Töne an einer Tonbandmaschine geschnitten werden. Zum Schluß wurden die letzten Aufnahmen für die Sendung gemacht. Die Sendung „Die 8 Projektis“ wurde am 24. Mai 1995 von 14.05-15 Uhr im Offenen Kanal Lübeck auf der Frequenz 98,8 MHz ausgestrahlt.

  • Die Kinder konnten in der Gruppe lernen.
  • Der Umgang mit dem Medium Radio hat zur Stärkung des Selbstbewußtseins beigetragen.
  • Durch die kreative Auseinandersetzung haben sich Kinder hier auf spielerische Weise Medienkompetenz angeeignet.
  • Das Medium Radio wurde durchschaut (Analyse), eigenes Verhalten gegenüber dem Medium wurde überdacht (Reflexion) und das Medium wurde aktiv genutzt (Aktion).

30 Rogge, Jan-Uwe/Rogge, Regine: Die besten Hörkassetten für mein Kind. Reinbek bei Hamburg, 1995, 124
31 Vgl. hierzu Klingler, Walter: Die auditiven Medien im Alltag von Kindern. In: Schill, Wolfgang/Baacke, Dieter (Hrsg.): Kinder und Radio. Frankfurt/Main, 1996, 21 ff.
32 Vgl. hierzu Wermke, Jutta: O-Töne hören. Vom Klang der Welt im Klassenzimmer. In: Informationen zur Deutschdidaktik. Zeitschrift für den Deutschunterricht in Wissenschaft und Schule. Thema Radio hören – Radio machen. 19. Jahrgang, Heft 4/1995, 17 –
29
33 Vgl. hierzu Rogge, Jan-Uwe: Hören als Erlebnis. In: medien praktisch, Heft 3/1995,
34 Rogge, Jan-Uwe: Hören als Erlebnis. In: medien praktisch, Heft 3/1995, 32
35 Rogge, Jan-Uwe: Hören als Erlebnis. In: medien praktisch, Heft 3/1995, 32 f.
36 Schorb, Bernd: Jugend und Hörfunk. In: Palme, Hans-Jürgen/Schell, Fred (Hrsg.): Voll auf die Ohren, München 1992, 13 ff.
37 Vgl. hierzu Paus-Haase, Ingrid/ Hoffmann, Susanne: Radio: Für Grundschulkinder kein Medium „von gestern“. In: Schill, Wolfgang/Baacke, Dieter (Hrsg.): Kinder und Radio. Frankfurt/Main, 1996, 58
38 Paus-Haase, Ingrid/ Hoffmann, Susanne: Radio: Für Grundschulkinder kein Medium „von gestern“. In: Schill, Wolfgang/Baacke, Dieter (Hrsg.): Kinder und Radio.

Impuls II: LAUSCHLAPPEN – ein Hörprojekt auch für den ländlichen Raum
Leo Hansen, OK HAMBURG

Medienkonsum, Medienwirkung, Multimedia, Internet. Diese und weitere Schlagworte bestimmen die aktuelle Diskussion im Spannungsfeld Kinder und Medien. Seltsamerweise erfolgt in diesem Zusammenhang häufig eine Gleichsetzung „Medien gleich visuelle Medien (TV, Video, Computer)“.Von der „großen“ Medienpädagogik nahezu unbeobachtet hat sich ein Medienmarkt entwickelt, der fast ausschließlich auf die kleinsten Konsumenten, Kinder von 3- 10 Jahren, zugeschnitten ist. In diesem Marktbereich werden Millionen mit dem Taschengeld und dem Budget der Eltern umgesetzt (1994 waren das 110 Millionen DM).

Vor diesem kommerziellen Hintergrund eignet sich die Audiokassette hervorragend für eine kreative Medienarbeit im Elementarbereich, weil Hard- und Software bekannt sind, die Bedienbarkeit einfach ist und Einrichtungen (meistens) mit Kassettenrecordern und (manchmal) Mikrofonen ausgestattet sind (oder zumindest die Anschaffung solcher Geräte im finanziell Machbaren liegt). Zudem bietet der spielerische Umgang mit dem Medium die Möglichkeiten, einen Einstieg in die „Welt des Klanges und des Hörens“ zu finden sowie kindrelevante Themen aufzugreifen und medial zu bearbeiten.

So entstand die Idee des Lauschlappens, ein Hörprojekt mit Kindern im ländlichen Raum, in dessen Mittelpunkt die Produktion einer gemeinsamen Kassette (CD) steht., die sich aus einzelnen, von Kindern in verschiedenen, übers Land verteilten Einrichtungen erstellten Beiträgen zusammensetzt. Mit den Jugendschutzbeauftragten der Kreise Dithmarschen und Nordfriesland, sowie dem Norddeutschen Rundfunk konnte der Trägerverein Schnittpunkt e.V. , Sitz in Heide, Dithmarschen, „akustische Bündnispartner“ finden. Diese einmalige Trägervielfalt und die inhaltliche Unterstützung durch das Land Schleswig-Holstein führte dazu, daß die Stiftung Jugendmarke den Lauschlappen in den Jahren 1994/95 mit insgesamt 35000 DM förderte. Das Gesamtvolumen des Projektes belief sich auf ca. 54000 DM. und war zunächst auf die schleswig-holsteinische Westküste beschränkt. Bereits zum Herbst 1994 konnte die erste Lauschlappen-Serie an fünf Einrichtungen abgeschlossen werden konnte. Die 1. Kassette erschien im November 94. Im Oktober 1995 wurde die zweite Serie abgeschlossen; Lauschlappen II erschien im Dezember 95. Im Herbst 1996 erschien Lauschlappen 3/4. Aufgrund der ausgesprochen positiven Resonanz wurde das Einzugsgebiet von Lauschlappen ausgedehnt, weiterhin mit finanzieller Unterstützung des Sozialministeriums in Schleswig-Holstein. Inzwischen sind an diesem Projekt zusätzlich die Kreise Segeberg, Oldesloe und Schleswig-Flensburg beteiligt. Weihnachten 1998 kann dann Lauschlappen 6, eine Doppel-CD, verschenkt werden.

Als besonders positiv hat sich die Mitarbeit der zuständigen Jugendschutzbeauftragten (die z.T. seit Jahren medienpädagogisch arbeiten, erwiesen. Deren Infarstrukturkenntnisse gerade der ländlichen Räume sorgt für einen direkten und kurzen Weg zur Zielgruppe und macht eine Einbeziehung der Einrichtungen in kleinen Dörfern erst möglich. Lange Ausschreibungsverfahren und Vorstellungsgespräche sind so überflüssig.

Zielvorstellungen
Der Lauschlappen soll neben Spaß

  • Kindern Alternativen zum konsumptiven Medienverhalten bieten,
  • das durch unsere visuell ausgerichtete Gesellschaft vernachlässigte Sinnesorgan „Ohr“ in den Mittelpunkt pädagogischen Handelns rücken,
  • Multiplikatoren mit Möglichkeiten der aktiven Medienarbeit vertraut machen,
  • über die Produktorientierung einen Zugang ins Elternhaus schaffen,
  • Eltern über die Begeisterung ihrer Kinder für aktive Medienpädagogik gewinnen,
  • eine altersgerechte Hörkassette mit pädagogisch intendierten Beträgen erstellen,
  • Baustein einer „Hörschule“ sein.

Konkret ist Lauschlappen eine Kassetten- bzw. inzwischen CD-Produktion. Im Projektzeitraum von einem Jahr werden von Kindern für Kinder ein bis zwei Mitmachhörkassetten (CDs) erstellt. Die einzelnen Beiträge für diese Tonträger werden in 10 ein-wöchigen Projekten in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen produziert. Die Bandbreite der Beiträge ist groß: eigene Geschichten, Gedichte, Lieder, Witze, Reportagen, Rätsel, Soundscapes oder Hörspiele. Die Leitung der Projekte haben stets zwei qualifizierte Medienpädagogen.

Das Gesamtwerk (produziert im NDR Studio Heide) wird dann in einer Auflage von 250 Exemplaren in der Region zum Selbstkostenpreis vertrieben. Wesentlicher Bestandteil des Projektes ist die Einbeziehung der beteiligten PädagogInnen. Zwei Multiplikatorenfortbildungen, konzipiert als Werkstattkurse mit Praxisbezug, werden angeboten. Schwerpunkte der inhaltlichen Ausgestaltung sind die „akustische Selbsterfahrung“, der Umgang mit der Technik und umsetzbare Spiele und Übungen. Beide Fortbildungen stehen für Interessenten aus dem ganzen Land (Schleswig-Holstein) offen.

Medienpädagogische Überlegungen
Der bewußte Umgang mit Medien spielt in der Jugend- und Bildungsarbeit eine große Rolle. Dies leitet sich daraus ab, daß besonders in Freizeit und Familie die Medien zum Alltag gehören und somit ein wesentlicher Sozialisationsfaktor geworden sind. Allerdings werden sie im audio- und visuellen Bereich oftmals nur konsumiert. Praktische Betätigung, die dem Mitteilungsbedürfnis von Kindern und Jugendlichen Rechnung trägt, ist die Ausnahme. Die Tricks und Geheimnisse der Medienmacher, die Blicke hinter die Kulissen, die Manipulation in Worten und Tönen, fast all dies bleibt den Kindern verborgen, solange sie die Praxis nicht kennenlernen und zwar in Form von initiierenden Medienprojekten. Initiation im Sinne von Anschub, Impuls, Aha!

Durch eigene Versuche lassen sich Schwierigkeiten, Komplexität sowie technische Möglichkeiten und Voraussetzungen, die bei der Fertigstellung z.B. von Tonsequenzen, Berichten und Reportagen auftreten, besser einschätzen und durchschauen. Dieser aktiven Medienarbeit liegt ein Handlungsbegriff zugrunde, für den Wahrnehmen, Gestalten und Produzieren konstituierend sind. Ausgewiesenes Ziel ist der Erwerb von Medienkompetenz. Die positive Kraft der Medien(-arbeit) besteht in der Chance der Verdichtung. Wirklichkeitsbereiche werden zugänglich gemacht und ihre kognitive wie affektive Verarbeitung gefördert, so wie ein Foto oder ein kurzer O-Ton-Ausschnitt einen Augenblick festhält, herauslöst aus dem Wahrnehmungsstrom und so Nachdenken erst ermöglicht – stets eingebunden in eine Interaktionssituation, für die das Medium Auslöse- und Objektivierungsfunktion hat.

Es sollen Alternativen zu standartisierten Hörmustern entwickelt werden. Die rezeptiv geprägten Nutzergewohnheiten sollen in Frage gestellt werden und authentische Erfahrungen der Kinder in den Gestaltungsprozeß einfließen. Über die einzelnen Projektwochen hinaus soll den Beteiligten vermittelt werden, welche Bedeutung es für Kinder hat, andere Hörerlebnisse zu erfahren und welche Möglichkeiten der kreative Umgang mit Recorder und Kassette bietet. Besonders „spannend“ ist dies bei der Behandlung von Inhalten. Unser medienpädagogisches Anliegen ist, den Wahrnehmungssinn „Hören“ stärker in den Mittelpunkt pädagogischen Handelns zu rücken, diesem einen Stellenwert in der alltäglichen Erziehungsarbeit zu verleihen.

Das fertige Produkt soll medienpädagogisch wirken, indem die Zuhörer „Lust bekommen“, eigene Beiträge zu produzieren, die dann ggfs. auf einer Folgekassette veröffentlicht werden. Besonders an der Lauschlappen -Idee ist auch die Form der Medienarbeit. Überregionale Vernetzung (immerhin liegen zwischen Norderstedt und Süderlügum 240 Kilometer) unterschiedlicher pädagogischer Einrichtungen sowie der jeweiligen Jugendschutzbeauftragten der beteiligten Kreise mit dem gemeinsamen Ziel, ein Produkt zu erstellen, daß dann seinerseits die Kommunikation (medial vermittelt) weiterträgt. Konzipiert und organisiert durch den Trägerverein Schnittpunkt werden Rahmenbedingungen geschaffen, die es vielen Kindertagesstätten und Schulen ermöglichen, am Projekt zu partizipieren und so perspektivisch ein Stück Medienarbeit weiterzubetreiben, ohne daß es in jeder Einrichtung eine(n) Medienspezialist(in) geben muß.

Arbeitsgruppe 2: Jugendliche artikulieren, provozieren & kreieren: – Video und Multimedia

Impuls: Jugendmedienarbeit auf dem Lande

Henning Fietze, Medienpädagoge, Kiel

Was kann Medienarbeit auf dem Land leisten und welche Grundvoraussetzungen sind dabei zu beachten? Es geht um ein Anforderungsmodell an Medienarbeit auf dem Land. Vier mögliche Faktoren sollen hier besprochen werden:

Der erste lautet „Kommunikation“. Kommunikation findet auf zwei unterschiedlichen Ebenen statt. Zum einen geht es darum, sowohl innerhalb des ländlichen Raums, innerhalb der Teilnehmerschaft Kommunikation zu ermöglichen, als auch nach außen hin zu wirken. Dabei geht es nicht nur um visuelle Kommunikation, – Jugendliche produzieren Medienprodukte, Videofilme, die dann gesendet oder gezeigt werden und die im gewohnten Fernsehen nicht zu finden sind. Visuelle Kommunikation, die quasi automatisch stattfindet.

Wichtiger in diesem Zusammenhang ist die reale Kommunikation, das Einbeziehen der Öffentlichkeit. Der Austausch mit der Bevölkerung im Dorf spielt eine gewichtigere Rolle, als es bislang, insbesondere in kleineren Projekten, der Fall ist. Ganz oft steht am Ende als Abschluß die Vorführung der Filme im Keller des Gemeindehauses. Eine Einbindung des Geschehens, der Abläufe und Prozesse innerhalb des Workshops selbst erfolgt nur selten.

Ländliche Medienarbeit muß sich nach diesem Modell immer unbedingt im öffentlichen Raum bewegen, muß sich nicht nur im Winterhalbjahr im Keller abspielen, sondern muß im Produktionsprozeß nach außen gehen, erhält daher auch seine Ideen, seine Themen und gewinnt ständig neue Jugendliche. Draus­sen, das ist unser Lebensumfeld, und das heißt, daß wir auch transparent sein wollen in dem, was wir da verarbeiten. Das könnte natürlich ein heerer Grundsatz von Medienproduktion überhaupt sein. – Und auch Pressearbeit zählt selbstverständlich zum Bereich der Kommunikation.

Politische Bildung ist das nächste Stichwort, bezogen auf mehrere Ebenen: Die Jugendlichen setzen sich automatisch durch die Beschäftigung mit dem angebotenen Medium, ist es Video, ist es Internet, sind es Multimedia-Anwendungen, mit Themen auseinander, an die sie sich sonst nicht heranwagen würden oder die ihnen uninteressant erscheinen. Das sind Chancen, Jugendliche an andere Themen heranzufahren, das kann im Optimalfall eine kleine Initialzündung zur Auseinandersetzung mit einem wichtigen Thema sein. Medienarbeit wäre dann eher ein Zuarbeiter.

Dies wiederum hat natürlich einen wichtigen Effekt. Auch die politischen Vertreter im Dorf, der Bürgermeister, an den Stammtischen, die bemerken, da machen Jugendliche etwas, das geht auch um uns. Wenn Jugendliche mit der Kamera in die Dorf-Sparkasse „einfallen“ und die Kassiererin befragen, wenn im Raiffeisen-Landhandel nicht nur nach der Sack-Nähmaschine, sondern auch nach dem Verband gefragt wird, dann ist das schon ein wichtiger Prozeß, dann wird hier ein Thema aufgegriffen, dessen Bedeutung uns klar ist, das aber ohne dieses Medienprojekt kaum jemals von den Jugendlichen angepackt worden wäre.

Raiffeisen und Dorfbank, das klingt ein bißchen nach Klischee, aber wichtig ist an dieser Stelle der Mut zu der Erkenntnis: „Das Klischee lebt.“ Da geht es nicht um Städter, die von oben herab in ein Dorf einfallen, sondern um tägliche Abläufe oder beispielsweise um Herrschaftsstrukturen. – Da passiert es tatsächlich, daß Produktionsabläufe im Videoprojekt unterbrochen werden, weil Jugendliche zur Heuernte müssen oder immer nachmittags auf dem Minigolfplatz jobben. Wir haben das jetzt im Sommer erlebt, daß Jugendliche spät abends geschnitten haben, weil das Korn reif war und sie tagsüber auf’s Feld zum Mähdreschen mußten. Das spiegelt sich natürlich auch in der Themenwahl wider.

An dieser Stelle elementar ist die Entscheidung, die Themen den Jugendlichen nicht vorzugeben. Natürlich fällt diese Entscheidung vor Projektbeginn, natürlich ist auch eine Genre- oder Themenvorgabe unter bestimmten Umständen sinnvoll. Und natürlich ist dieser Punkt auf dem Lande nicht wichtiger, aber auch nicht unwichtiger als bei städtischer Medienarbeit, sei es in der Schule, im Jugendtreff oder anderswo.

Wichtig ist, daß Medienarbeit im ländlichen Raum auch tatsächlich dort erfolgt und daß alle Stadien einer Filmproduktion auch im Dorf selbst möglich sind. Es erscheint nur schwer begründbar, wenn zum Schnitt in die Großstadt gefahren wird. Und wenn der anleitende Pädagoge aus der Stadt wöchentlich Donnerstag Abend mit einem Haufen Technik erscheint, befinden wir uns mitten in einer Notlösung.

Ländliche Medienarbeit hat die Chance der kurzen Wege, der direkten Kommunikation: Ein Interview mit einem Bürgermeister-Kandidaten ist ohne großen Organisationsaufwand möglich. Und auf keinen Fall muß ein Betreuer irgendeinen bürokratischen Weg ebnen. – An diesem Beispiel wird auch deutlich, daß hier die Möglichkeit und Notwendigkeit besteht, über das Filmgestalterische hinaus zu reflektieren. Es geht nicht einfach um die zwei Minuten und wie ich eine Kurzreportage nach allen Regeln der Fernsehkunst zusammensetze, sondern es wird an dem Thema gearbeitet. Beim Bürgermeister wird das Wohnzimmer zum Studio, Scheinwerfer, Kamera und Mikrophon angeschleppt und aufgebaut. Und natürlich beeindruckt das ganz oberflächlich. Das Produkt wird für die Bevölkerung auch durch die „öffentlichen“ Dreharbeiten transparent.

Fazit: Neue Themen, neue Menschen, Lokales und regionale Zusammenhänge, vielleicht auch eine Ortsgeschichte können durch den Reiz des Videos entdeckt werden. Und das ist politische Bildung.

Der dritte Punkt: Die Vermittlung von Medienkompetenz. Auch auf dem Land sollen einerseits Sendeformen und Aufbau des Fernsehens hinterfragt werden; wie läuft sowas technisch ab, wie kann man da Inhalte verfremden, verstellen, zu einem größeren Publikum transportieren, wie funktioniert Fernsehen an sich. Aber andererseits – nicht selbstverständlich – schafft Medienarbeit Aufmerksamkeit: Wenn wir schon vor Ort sind, wenn wir schon auffallen, wenn wir uns im Dorf mit schwerer Technik bewegen, mit Leuten, die nicht jeden Tag da sind, wenn also schon der besondere Event stattfindet, ob das nun wöchentlich abends ist oder kompakt in einer Aktionswoche, dann sollten wir das auch nutzen, diese Aufmerksamkeitschance, „da draußen“ mehr als nur Fernsehen zu machen. Medienarbeit kann hier den Bonus nutzen, um neue Herangehensweisen zu etablieren.

Das heißt, es sollte auch außerhalb der normalen Fernsehschemata etwas angeboten werden. Das können Workshops am Rande der normalen Arbeit sein, Experimente mit Schwarz-Weiß-Kameras, Videoinstallationen, oder die Renaissance des Super8-Filmes. Spätestens beim experimentellen Clip haben wir den Übergang zum Musikclip auf VIVA oder MTV.

Vermittlung von Medienkompetenz bietet also experimentelle und journalistische Möglichkeiten, arbeitet mit Wahrnehmung und mit Darstellung. Wahrnehmung ist ein Bereich in der Videoarbeit, in der Arbeit mit Medien generell, der nur selten mutig bearbeitet wird. Meist schwingt das Thema bei der Film­analyse mit. Doch im Umfeld eines Workshops bietet es sich an, Bausteine zu entwerfen, die ausgekoppelt aus der Arbeit am Film selbst zum Tragen kommen.

Wenn also Medienarbeit auf dem Dorf oder im ländlichen Bereich arbeitet, sollte sie, gerade wenn es um Wochen und Monate, also ein ständiges Angebot, geht, nicht sofort mit der Technik ankommen, nicht sofort die Videokamera zur Verfügung stellen, sondern gucken, was kann man noch an anderen Medien einsetzen, wie können wir mit der Wahrnehmung, der Bildwahrnehmung und mit dem Ausdruck dieser Wahrnehmung arbeiten.

Der letzte Faktor steht „über allem“: Natürlich bedient sich Medienarbeit im ländlichen Raum der Methoden der Jugendarbeit. Einerseits sollte sich ländliche Medienarbeit als Jugendarbeit verstehen und nicht als reine Medienbildungsarbeit, die hoch aufgesetzt daher kommt und sagt, heute gibt es Medien, heute machen wir eine Videoproduktion, heute lernen wir mal, wie das Internet funktioniert, sondern ländliche Medienarbeit sollte sich der Jugend-Infras­truktur vor Ort bedienen, ohne jedoch dabei als Sozialdienstleister mißverstanden zu werden. Und Medienarbeit sollte den ganzen Jugendlichen ansprechen, also auch nicht wiederum nur als Bildungsarbeit hineingetragen werden, sondern die Möglichkeiten nutzen, auch außerhalb dieses Mediums zu arbeiten. Das gilt vor allem für geschlossene Projekte, gilt vor allem, wenn Sachen von außen für einen bestimmten Zeitraum in ein Dorf kommen. Dann sollte man darauf achten, daß man sich nicht in Seminarform zu den Jugendlichen setzt und sagt, wir haben wenig Zeit und ziehen das Ganze jetzt durch. Da gibt es viele Möglichkeiten, den Ort, wo das Ganze passiert, wo dieses Medium angesiedelt ist, zum Dorfzentrum zu machen und nicht einfach nur so zum Medienzentrum innerhalb eines Dorfes.

Das war es in aller Kürze zu diesem Konzept: Ländliche Medienarbeit ist vielfache und wechsel­wirksame Kommunikation, bedient sich der Jugendarbeit und arbeitet zugleich auf den Ebenen politischer Bildung und Medienkompetenz-Vermittlung.

Diese Arbeitsgruppe beschäftigt sich sowohl mit Internet/ Multimedia als auch mit Video. Auf intellektueller Ebene ist das Thema „Multimedia“ unter Medienarbeitern intensiv bearbeitet worden, auf praktischer Ebene auch. Diese Arbeit ging sehr stark aber immer auch in eine feste Richtung, die mich sagen läßt, Internet/ Multimedia sind zu verstehen als Chance und gleichzeitig als Nebenschauplatz.

Warum Chance? Natürlich, es ist viel von der Medienpädagogik bearbeitet worden, es ist das Medium, was im Moment angesagt ist, was billig ist, das schnell vermittelbar ist, weil die Grundstruktur präsent ist und nicht irgendwie große technische Einleitungen gegeben werden müssen. Und natürlich geht es um die Außenwirkung dieses Mediums, es geht darum, sich nach außen hin darstellen zu können. Nur selten wird das so konkret genutzt werden können wie bei dem Beispiel „Landjugend“. Wenn Jugendliche im Jugendtreff Multimedia-Anwendungen erstellen, dann geht es in den seltensten Fällen darum, den Sportverein zu präsentieren, sondern dann geht es oft erst einmal darum, eine persönliche Homepage zu erstellen, mit Hobbies und persönlichen Charts; später entsteht vielleicht ein Link zur Freiwilligen Feuerwehr. Es geht dabei aber auch um Sprache. Es gibt natürlich Darstellungsweisen, es gibt neue Darstellungsarten: wie kann ich kommunizieren, wie kann ich Texte im Internet formulieren. Das ist ganz anders als im Tagebuch und beim Schulaufsatz.

Warum bleibt „Internet/ Multimedia“ noch immer Nebenschauplatz?. Ich finde es sehr problematisch, daß es bislang sehr wenige Nutzermechanismen gibt. Es gibt im Rundfunkbereich die Offenen Kanäle, den Bürgerfunk. Etwas ähnliches gibt es im Bereich des Internets kaum. Es gibt beispielsweise eine Initiative, die ein Bürgernetz fordert, das den kostenlosen Zugang zu Multimedia-Technik anstrebt und so dieses Medium basisdemokratisch zur Verfügung stellen will. Beispiel 2: „kulturserver.de“ in Hannover, der ein wirklich simples Baukastensystem zur Internetnutzung entwickelt hat.

Bei den Offenen Kanälen gibt es Kameras und Schnitttechnik, die vor allem schnell erlernbar ist, die so angelegt ist, daß ich in einer Viertelstunde lernen kann, wie ich ein Bild an das nächste schneide. Das ist nicht das alleinige Ziel, aber diese Mechanismen sind für das Internet noch stark unterentwickelt! Hier fehlen nicht nur Computer­programme, hier fehlen Strukturen, die dies wirklich vorantreiben und nicht wieder in der Technik versacken, Einrichtungen und Konzepte, die Multimedia und Internet reflektiert erschließbar machen und nicht bei der dritten Sitzung auf der Homepage des Weißen Hauses landen.

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Arbeitsgruppe 3: Senioren vermitteln Lebenserfahrung – autonome

Impuls: Merkmale ländlicher Erwachsenenbildung

Dr. Claus-Hinrich Thamling, LANDESVEREIN FÜR LÄNDLICHE ERWACHSENENBILDUNG e.V., Rendsburg

Ich bin hier als Vorsitzender des Landesvereins für ländliche Erwachsenenbildung. Es geht bei meinem Referat vorwiegend um Bildungsfragen und nicht so sehr um Medienarbeit. Ich habe mich heute morgen aber immer gewundert, daß ständig von Medienarbeit gesprochen wurde, ich aber immer gedacht habe, daß in vielem es doch identisch mit Bildung, Fortbildung, Weiterbildung ist. Den Teil Umgang mit neuen Medien, Fingerfertigkeiten, den spar ich einmal ganz aus.

Für mich ist bei Bildungsarbeit wichtig, was der Einzelne davon mitnimmt, abgesehen von der Fingerfertigkeit. Zunächst sollte ich kurz sagen, was der Landesverein für ländliche Erwachsenenbildung in Schleswig-Holstein macht. Zusammen mit dem örtlichen Landfrauenverein, das ist die ganz große Masse, mit dem Landjugendverein, mit Vereinen landwirtschaftlicher Fachschulabsolventen, zusammen mit Volkshochschulen machen wir auf Ortsebene Tagesveranstaltungen. In unserem Jahresbericht 1996 sind insgesamt 634 Veranstaltungen in 252 Ortschaften mit rund 42.000 Teilnehmern aufgeführt. Das liegt einfach daran, daß die Ortsvereine der Landjugend, der Landfrauen, der Ehemaligenvereine das organisieren, wir als Hilfestellung eine Themen- und Referentenliste geben. Diese Themen- und Referentenliste wird immer fortgeschrieben und ist entstanden einerseits durch Vorschläge von den Veranstaltern, andererseits Referenten selbst. Das ist immer etwas kritisch, weil da häufig auch kommerzielle oder weltanschauliche Dinge eine Rolle spielen. Politische Parteien sind da ein Paradebeispiel, die kommen da gar nicht rein. Kommerzielle Veranstaltungen kann man nicht immer sofort riechen, das ist nicht immer gleich erkennbar.

Als z.B. die Thematik alternative Energien, also Windenergie usw., aufkam, da hatten wir keinen entsprechenden Referenten und alle fragten danach und da habe ich mich da rangemacht und jemanden gesucht. Für unser Arbeitsprogramm ist diese Themen- und Referentenliste der rote Faden, und die Organisation liegt nicht bei mir, die liegt beim örtlichen Verein und wir machen nachher im Kern die finanzielle Abwicklung.

Welche Themen stehen an? Ich will wahllos aus unserem Jahresbericht ein paar Themen vorstellen: „Wertewandel in der Erziehung“ ist ein Thema, das im Ort Schobüll vor den Türen Husums in einer Dorfgaststätte im September stattgefunden hat. „Die Weihnachtszeit und ihre Bedeutung – es war ja ein Stall“, das muß ja im Dezember gewesen sein, in Medelbogen kurz vor der dänischen Grenze. „Aus der Praxis eines Scheidungsanwalts“ in Jübeck, am Ortsrand von Schleswig. Oder hier „Große Liebe zu kleinen Schwertern – das Meißner Porzellan“ in Flintbek vor den Toren Kiels. Das sind Tagesveranstaltungen, die stattgefunden haben.

Mit dem Handwerklichen – Medien – habe ich in diesem Zusammenhang nichts zu tun. Ich habe mit der inhaltlichen Weiterbildung zu tun, das ist hier meine Aufgabe.

In welchem Rahmen findet so eine Veranstaltung statt? Ich stell mir das so vor, was bei Ihnen im Radio der Unterhaltungsteil ist, sind bei uns Kaffee und Kuchen, Lieder, Theater. Was bei Ihnen der Informations- oder Reportagetextteil ist, sind bei uns die Vorträge und Diskussionen. Dazu raffen sich die Personen auf, das Haus zu verlassen, also die Musik, die dudelt nicht nebenbei, um nachmittags oder abends, in der Regel innerhalb der Woche, nicht am Wochenende, sich fortzubilden. Die Themen werden vorher über die Tagespresse angekündigt und zusätzlich im Kreise der Vereinsmitglieder von Tür zu Tür, da gibt es einige Betreuerinnen, die sich darum kümmern. Für ein Vierteljahr oder ein halbes Jahr stehen die Termine, sind die Themen festgelegt, vielleicht nicht immer ganz konkret. Manchmal gibt es auch irgendwas Weihnachtliches oder die Bastelstunde. Die Leute raffen sich dann auf, um Bekannte zu treffen, Freunde zu treffen, überwiegend sind es Frauen, die Altersgruppe bis 30 ist so gut wie nicht vertreten, abgesehen von den Landjugendveranstaltungen, abgesehen vielleicht auch von dem Verein Ehemaliger. Da sind es fast ausschließlich Männer, aber das sind zahlenmäßig an der Gesamtzahl nicht so viele. Die Masse, ca. 75-80%, sind Frauen, die nachher in der Altersgruppe ab 50 das Bild dominieren.

Es ist also eine Mischung zwischen Fortbildung, Weiterbildung und Unterhaltung. Dieses Faktenwissen, das, was die Personen zum Schluß ihrer Ausbildung bekommen haben, das hat eine ganz kurze Halbwertzeit. Die Frauen, dieser Personenkreis, sind vielleicht geprägt durch Bauern, aber es sind meistens Leute aus dem ländlichen Raum. Speziell bei den Landfrauen kann ich sagen, daß ca. 50, vielleicht sogar 60 %, nicht Bäuerinnen sind, Frauen also, die im ländlichen Raum wohnen. Herr Bauer hat es vorhin sehr deutlich gemacht, im Bereich der Landjugend sind auch bestimmt 50 – 60 % nicht Bauernsöhne oder Bauerntöchter, sondern allgemein aus dem ländlichen Raum. Bei dem Ehemaligenverein landwirtschaftlicher Fachschulabsolventen sind es natürlich 90 % Bauern, und auch 90 % Männer. Es ist vielschichtig.

Bei den Volkshochschulen finden Veranstaltungen meistens nicht in der Dorfgaststätte statt, sondern da sind es zentrale Orte wie Albersdorf oder Rendsburg oder Friedrichstadt, und da nimmt genausogut die Ehefrau eines Rechtsanwalts, eines Arztes, eines Pastors wie aus einem Laden teil.

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Arbeitsgruppe 4: Frauen berichten & gestalten ihre Themen – autonome Medienwahl

Impuls I: Die Arbeit des Landfrauenverbandes

Gudrun Papenburg, LANDESFRAUENVERBAND SCHLESWIG-HOLSTEIN, Kiel

„Medien“ sind Bestandteil der Bildungsarbeit des Landfrauenverbandes Schleswig-Holstein e.V.. Das Thema „Medien“ wird beispielsweise in Form von Internet- und PC-Kursen, in Seminaren zur Öffentlichkeitsarbeit, zur Vereinsführung oder im Rahmen von Vorträgen behandelt. Es ist erforderlich, ständig vorhandene Medien für die Arbeit im Verband bzw. in den 185 Ortsvereinen zu nutzen bzw. neue Medien zu schaffen oder zu erschließen. Im regionalen Bereich des Fernsehens oder des Hörfunks arbeiten Landfrauen mit regionalen Medien zusammen. Das Verhältnis zwischen Landfrauen und TV- oder Radiosendern ist jedoch insofern problematisch, als dort ein überwiegend traditionelles Image „der Landfrau“ zu existieren scheint, das regelmäßig abgefragt wird. Die Vielfalt der Landfrauenarbeit, die sich nicht ausschließlich im Backen oder in Handarbeiten widerspiegelt, sondern ebenso in der Auseinandersetzung mit Themen wie „Agenda 2000“, „Gentechnik in der Lebensmittelproduktion“ oder „Kommunalpolitik“, wird dagegen oft verkürzt und eindimensional dargestellt. Gerade deshalb ist die aktive Medienarbeit um so wichtiger.

Impuls II: Frauenredaktion „Donna Wella“ in Husum

Meike Eggers, OK WESTKÜSTE

Bereits im vergangenen Jahr hat Kerstin Wehrmann, Medienassistentin im Offenen Kanal Lübeck, in Zusammenarbeit mit den Gleichstellungsbeauftragten der Kreise Dithmarschen und Nordfriesland sowie der Städte Heide und Husum den Anstoß für zwei Frauenredaktionen gegeben. Im Seminarprogramm des Offenen Kanals Westküste war das erste Treffen ausgeschrieben. Letztendlich auch der guten Zusammenarbeit mit der örtlichen Presse ist es zu verdanken, daß am ersten Treffen viele Frauen beteiligt waren. Aufgrund der unterschiedlichen Wohnorte war es angebracht, in zwei Redaktionen zu arbeiten. So bilden einmal die Frauenredaktion „Donna Wella“ in Husum und zum anderen die Frauenredaktion „3 D – Die Dithmarscher Deerns“ in Heide die Schwerpunkte.

Zum internationalen Frauentag am 08.03.98 hat die Frauenredaktion „Donna Wella“ aus Husum eine Sondersendung zum Thema „Textil-Arbeiterinnen in armen Ländern“ über den Äther des Offenen Kanals Westküste geschickt. Die Frauenredaktion besteht aus 6 Frauen, die mittlerweile die Stammbesetzung der Redaktion „Donna Wella“ darstellen. Sie senden alle 2 Monate eine Magazinsendung, die im Wechsel mit der mittlerweile entstandenen „Donna Wella“ Musiksendung zu hören ist. Gespielt werden darin Musikstücke von Frauen.

Während die Frauen der Redaktion „Donna Wella“ sich schnell freischwammen, kam die Frauenredaktion in Heide von Anfang an nur mühsam in Gang. Im April dieses Jahres habe ich in Zusammenarbeit mit der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Heide einen neuen Versuch gestartet, die Redaktion zu beleben. Beim ersten Treffen waren die Frauen zahlreich erschienen. Die Frauen im Alter zwischen 18 – 63 Jahren haben sich über verschiedene Themen ausgetauscht und bereits das Thema für die erste Sendung bestimmt. „Frauen in Dithmarschen“ war Thema der ersten Sendung.

Während die Husumer Frauenredaktion mittlerweile ohne Unterstützung von Mitarbeiterinnen des Offenen Kanals Westküste auskommt, existieren bei den Frauen der Heider Frauenredaktion vor allem noch Ängste im alleinigen Umgang mit der Studiotechnik. Da die Frauen fast ausschließlich berufstätig sind, wird auch immer wieder die wenige Freizeit, die den Frauen zur Verfügung steht, zum Problem. Eine weitere Schwierigkeit ist die Entfernung. Das Einzugsgebiet um Heide ist sehr weitläufig. Einige Frauen fahren über 40 km, um an den Treffen der Frauenredaktionen teilzunehmen.

Diskussion in der Arbeitsgruppe:
Im ländlichen Raum spielt aufgrund der Dezentralität, der erschwerten Mobilität – gerade für Frauen -und der oft unzureichenden Infrastruktur die Nutzung von Medien eine besondere Rolle. Neben (Fach-) Zeitschriften, Tageszeitung, Büchern und Veranstaltungen ist die Arbeit mit Computer und Internet in manchen Familien bzw. landwirtschaftlichen Betrieben gang und gäbe. Doch Frauen nutzen nach Meinung der Diskussionsteilnehmerinnen vorhandene Medien zur Verbreitung ihrer eigenen Interessen noch zu wenig.

Als Hauptaussagen der Diskussion wurden folgende Punkte festgehalten:

  • Noch im Vorwege der Arbeit mit Medien bestehen bei manchen Frauen Hemmschwellen im Bezug auf die Technik. Diese können über die Bearbeitung von Inhalten und die Be-Nutzung technischer Mittel abgebaut werden. Medien werden von Frauen als Möglichkeit, Meinungen zu äußern und Themen an die Öffentlichkeit zu transportieren, herangezogen, selten als Selbstzweck. Aus diesem Grund interessieren sich Frauen oft für die Aspekte, die sie für ihre Anliegen benötigen, und sie wollen gar nicht alle -zig Knöpfe des Mischpultes kennenlernen.
  • Bedingt durch die oft unzureichende Infrastruktur und teilweise weite Entfernungen zu den Medienstandorten sollte die Einführung in eine aktive Medienarbeit im ländlichen Raum direkt vor Ort, bei den Frauen, ansetzen. Ideal wäre ein Projekt wie „Fischauge“ speziell für Frauen, das für eine bestimmte Zeit verfügbar ist und zum „Ausprobieren“ einlädt. Denkbar ist auch die Aufstellung einer mobilen Bühne im Ort, die beispielsweise zur Präsentation im Rahmen von Veranstaltungen dient. Die Umsetzung erfolgt jedoch durch die Frauen selbst.
  • Hierbei sollte eine Fachkraft eingesetzt werden, die gleichzeitig motiviert und in die Technik einführt. Prinzipien des Erwachsenenlernens müssen berücksichtigt werden.
  • Vereine und Verbände als bewährte und handlungsfähige Strukturen im ländlichen Raum könnten stärker für den Aufbau aktiver Medienarbeit genutzt werden. Medienarbeit könnte in diesem Fall aus den eigenen Reihen, beispielsweise durch die Landfrauenvereinsvorsitzende, angeregt werden.
  • Auch eine Zusammenarbeit mit den Gleichstellungsstellen, wie am Beispiel des OK Westküste zu erkennen, erscheint sinnvoll.
  • Frauen nutzen Medien wie das Internet oder Videotechnik eher zum Lösen konkreter Probleme oder zur Bearbeitung bestimmter Anliegen, wogegen Männer sich mit Medien auch spielerisch, weniger zweckorientiert, auseinandersetzen. Frauen, gerade in institutionalisierter Form wie in AGs oder Vereinen, ziehen Medien zur Verbreitung von Stellungnahmen, zur Meinungsäußerung zu bestimmten (kommunalpolitischen, gesellschaftlichen oder allgemeinen) Themen oder für die Information über die (Vereins-) Arbeit heran. Durch die Nutzung vielfältiger und auch moderner Medien können auch neue Mitglieder gewonnen werden.

Berichte aus den Arbeitsgrupp

Arbeitsgruppe 1: Kinder brauchen Raum für Phantasie – Hörfunk

Joachim Stracke, RADIO AKTIV, Hameln

Irgendwo bietet sich als Medium zum Einstieg in die Arbeit mit Kindern Hörfunk an, einfach mal zu sehen, was bedeutet eigentlich Hörfunk für Kinder. Massenmedien gehören dabei zum Arbeitsalltag und immerhin 70 % der Vierjährigen besitzen ein eigenes Kassettengerät. Ich denke, das ist eine sehr tragkräftige Aussage, genauso wie, daß die Hälfte der 6- bis 13-jährigen täglich Radio hören, und das 23 Minuten, Cassetten täglich 19 Minuten. Kinder sind also für das Hören empfänglich und daraus ergibt sich auch die Notwendigkeit, daß man natürlich mit Kindern an diesen Medien arbeiten muß. Und damit ist wohl auch gleich eine der Diskussionsfragen beantwortet. Denn Kinder brauchen Kompetenz im Umgang mit den Medien, und Kindermedien sind auch ein Markt. Es wurde ein Rahmen genannt von immerhin 110 Mio. Mark im Jahre 1994, und ich denke schon, daß das eine ganze Menge an Verpflichtung ist, um dabei Kinder nicht alleine zu lassen.

Warum aber ist der Hörfunk ideal für Kinder? Da wurde in dem Referat gesagt, die akustische Wahrnehmung vermittelt ein anderes Raumgefühl als die visuelle, der Raum, den wir hören, umgibt uns, und der Raum, den wir sehen, ist uns gegenüber. Jemand anders hat das so ausgedrückt: Das Auge führt den Menschen in die Welt, und das Ohr die Welt in den Menschen hinein.

Ein Praxisbeispiel eines Offenen Kanals zeigte, wie man Radioarbeit mit Kindern umsetzen könnte. Am Anfang stand dabei das Vertrautmachen mit den Radiogerätschaften, gefolgt von der Frage, was wird denn überhaupt gehört und natürlich wann wird gehört.

Über Geräuschespiele wurde sensibilisiert und mit Ratespielen: „welches Geräusch ist das, und wo war ich?“ die Neugier geweckt. Wichtig dabei im Umgang mit Kindern, so die Erfahrung der Praktiker, nicht nur mit Worten zu agieren, sondern Geräusche aufzunehmen, bewußt hören lernen und darüber erzählen.

Daraus, so das Beispiel weiter, wurden dann Geschichten erfunden und entwickelt, um dann zu dem zu kommen, was man landläufig als Radioarbeit versteht. Umfragen und Interviews machen, die O-Töne sich zusammen anhören und daraus eine Geschichte entwickeln. Erst dann kam die Studiotechnikeinführung, also wie wird geschnitten, bis hin zum Fahren einer Sendung.

Das heißt also, die Kinder konnten in der Gruppe lernen, der Umgang mit dem Medium Radio hat zur Stärkung des Selbstbewußtseins beigetragen, durch die kreative Auseinandersetzung haben sich Kinder hier auf spielerische Weise Medienkompetenz angeeignet und das Medium Radio wurde durchschaut. Analyse, eigenes Verhalten gegenüber dem Medium wurde überdacht, Reflexion durch das Medium wurde aktiv genutzt, Aktion!

Soweit zur Notwendigkeit und zur Methode. Gibt es aber einen Unterschied dieser Aspekte bezogen auf den ländlichen und städtischen Raum? Diese Frage wurde in der Diskussion deutlich verneint. Unterschiede wurden eher in der organisatorischen Herangehensweise gesehen. So wurde festgestellt, auf dem Lande müsse man vielmehr zu den Kindern hingehen.

Das heißt, die Wege sind sehr weit, an Kinder überhaupt ranzukommen, mit Kooperationspartnern muß man arbeiten, um überhaupt eine Ansprache zu erleichtern. Es gibt also weniger Angebote überhaupt auf dem Lande, für Kinder an dieses Medium heranzukommen, als in den Großstädten. Die strukturellen Bedingungen für Medienarbeit auf dem Lande sind eigentlich kaum vorhanden. Da bieten sich natürlich Vereine an, daß man mit Vereinen wesentlich mehr kooperiert, um da letztendlich auch eine Arbeit aufbauen zu können.

Warum ist der Hörfunk ideal für den ländlichen Raum? Da kommt man natürlich genau auf diese strukturellen Unterschiede hin, daß nämlich die technischen Voraussetzungen wesentlich geringer sind, als beispielsweise bei Video. Ein Kassettenrekorder ist schon in jedem Kindergarten vorhanden, und von daher ist diese technische Grundvoraussetzung wesentlich einfacher zu erfüllen.

Eine unbestätigte These wurde aufgestellt: Auf dem Land ist man weniger medienkritisch, da man mit weniger Medien konfrontiert wird. Das wurde aber nicht bestätigt, sondern es wurde gesagt, es ist eigentlich so vielleicht nur eine Behauptung, aber als mehr kann es erst einmal nicht bestätigen. Es ist empirisch überhaupt nicht belegt.

Dann war die große Frage: Produkt- oder prozeßorientiert? Wie wichtig ist eigentlich ein Produkt, wenn man mit Kindern Radio macht? Wichtig ist auf jeden Fall der Prozeß für die Kinder und die Medienauseinandersetzung. Aber auch das Produkt wurde nicht als ganz unwichtig betrachtet, denn bei vielen Projekten ist es grundsätzlich auch wichtig, eine Konserve zu produzieren, um die Hörgewohnheiten der Kinder zu berücksichtigen, d.h., es wurde auch noch einmal in dem Impulsreferat ausgeführt, daß Kinder sehr gerne einfach die Kassetten, die sie haben, immer und immer wieder hören, auch Details davon hören, um einfach das nochmal nachvollziehen zu können. Wenn man also eine Produktion macht mit Kindern, sollte sie möglichst nicht nur einmal gesendet werden, dann ist sie weg, sondern daß man sollte sie schon aufzeichnen und den Kindern zur Verfügung stellen, auch als wiederhörbares Produkt.

Und dieses Produkt ist auch für die Elternarbeit notwendig. Eltern können auf dem Lande vielleicht viel mehr einbezogen werden und sich auch vielleicht noch viel mehr die Zeit nehmen, als Eltern in der Stadt.

Zum Schluß nochmal ein Einwand oder ein Hinweis: Inwieweit dürfen sich Erwachsene in die Arbeit von Kindern einmischen oder inwieweit sollten sie es tun? Auch das wurde etwas unterschiedlich betrachtet. Auf der einen Seite wurde gesagt, daß bestimmte Aufgaben für Kinder einfach noch gar nicht nachvollziehbar sind, wie z.B. eine Dramaturgie einzurichten. Das wurde an einem Beispiel klargemacht, wo es auch eine CD-Produktion hinterher gab, daß man dort z.B. mit dem NDR zusammengearbeitet hat, die Schritte mit den Kindern aufgezeichnet hat, aber dann eben an bestimmten Punkten selber geschnitten hat, und Dramaturgie, also die Geschichte, in dramaturgische Formen gebracht hat, was eben auch von Erwachsenen gemacht wurde. Da entstand eine kleine Auseinandersetzung, ob man das tun sollte oder ob man die Produkte der Kinder in dem Stadium so lassen sollte, wie sie die Kinder produzieren.

Patrick Baab:
Gibt es denn didaktische Besonderheiten, die Medienarbeit auf dem Lande von Medienarbeit in der Stadt unterscheiden?

Joachim Stracke:
Es gibt im Grunde genommen inhaltlich keine Unterschiede in dem, wie man mit Kindern arbeiten muß. Lediglich in den strukturellen Voraussetzungen, daß ich auf dem Lande sicherlich ganz anders an die Leute herangehen muß, um sie überhaupt zu erreichen. Aber weniger eigentlich in den Inhalten.

Lorenz Preuß (Publikum):
Wir haben in der Arbeitsgruppe festgestellt, daß es kaum Erfahrungen über die Medienarbeit mit Kindern auf dem Lande gibt. Deshalb kann es sein, daß wir nicht alles erfassen konnten, daß es Unterschiede oder Faktoren gibt, die wir erst in weiteren Versuchen erkennen können.

Arbeitsgruppe 2: Jugendliche artikulieren, provozieren & kreieren – Video und Multimedia

Siegfried Becker, OK BREMER UMLAND

Die Arbeitsgruppe 2 war sehr groß, so daß die unterschiedlichen Positionen in der Diskussion nicht zu einem gemeinsamen Arbeitsergebnis geführt werden konnten. Deshalb werde ich mich bei meinem Bericht auf die Darstellung des Diskussionsprozesses beschränken.

Ein großer Komplex innerhalb der Diskussion war die Frage, was ist eigentlich Medienpädagogik, was will sie und was soll sie. Ist sie eine Form der Jugendsozialarbeit? Ist sie dazu da, Jugendliche zu motivieren, aktiv werden zu lassen? Haben die Angebote einer aktiven Medienarbeit die Aufgabe, Jugendliche zu motivieren, sich in einer Gruppe zu betätigen, weil Medien auf Jugendliche einen Reiz ausüben, wie z.B. „Internet ist in“ oder „Wenn ich mit der Videokamera komme, dann erreiche ich Aufmerksamkeit“? Dieser Definition des Aufgabenbereiches von Medienpädagogik stand eine Position gegenüber, die die Medienpädagogik der Jugendarbeit zuordnet. Das war auch im Prinzip die Position des Eingangsreferates, die eine vermittelnde Position zwischen den extremen Diskussionspositionen einnahm. Die andere extreme Position war die Aussage, Medienarbeit sei dazu da, künstlerische, journalistische Formen zu vermitteln und sich in Form von Bildungsarbeit mit den Medien, dem Medium, auseinanderzusetzen. Diese beschreibt grob das Spektrum der Diskussion bzw. die Arbeitsfelder der Diskutanten, in dem sich Ansätze von Medienpädagogik heute bewegen, wenn es darum geht, Angebote für Jugendliche zu entwickeln.

Was soll Medienarbeit eigentlich vermitteln? Im Prinzip grundlegende gesellschaftliche Kompetenzen. In einer Gesellschaft, die sich den Menschen immer stärker über Medien vermittelt, bildet das Verständnis von Medien, die Auseinandersetzung mit der Wirkung und den Arbeitsweisen von Medien eine zentrale Grundlage für Menschen, um ihre Welt erfassen und begreifen zu können. Darüber herrschte in der Diskussion weitgehende Einigkeit, auch wenn der Weg zum Ziel sich unterschiedlich darstellte.

Ich komme zum zweiten Komplex der Diskussion. Welche Projekte, welche Profile von Projekten sind für den ländlichen Raum sinnvoll? Die Diskussion begann mit der Frage, kurzzeitpädagogischer Ansatz oder langzeitpädagogischer Ansatz. Welche Projekte sollte man fördern? Welcher Ansatz richtig ist, konnte die Diskussion nicht klären.

In welche Richtungen bewegte sich die Diskussion? Kurzzeitpädagogische Projekte haben mit Sicherheit eine größere öffentliche Wirkung. Wenn man mit einem großen Troß von Technik, Angeboten usw. in ein Dorf kommt, dann erreicht man mit Sicherheit eine große Aufmerksamkeit und erzielt einen ziemlichen Push nach vorne, was die Diskussion über Medien und ihre Einsatzmöglichkeiten in dem Ort betrifft. Eine kleine Gruppe von zwei, drei Menschen, die sich z.B. wöchentlich am Mittwochabend trifft, wird nicht die gleiche große öffentliche Wirkung erreichen. Das heißt, kurzzeitpädagogische Projekte haben mit Sicherheit auf dem Lande eine größere öffentliche Wirkung.

Langzeitpädagogische Projekte sind auf dem Land relativ teuer in der Verwirklichung. Wenn man z.B. davon ausgeht, daß vielleicht 1,5% der Bevölkerung in einem Dorf ein Internet-Café nutzen, kann es eine relativ teure Investition sein. Ohne die Sinnhaftigkeit von langzeitpädagogischen Projekten auf dem Land in Frage zu stellen, ergibt sich bei solchen Projekten oft das Problem, einen Geldgeber zu finden.

Im Zusammenhang mit Projekten auf dem Lande stellte sich für einige Teilnehmer/innen der Arbeitsgruppe die zentrale Frage, wie erreiche ich überhaupt mit meinem Anliegen eine Akzeptanz. Oder ganz praktisch gefragt, wie erreiche ich, daß mein Projekt von der Bevölkerung eines Dorfes angenommen wird? Dazu gab es unterschiedliche Erfahrungen: von Anschreiben über Presseinformationen bis hin zu direkter Ansprache von Jugendlichen z.B. in schulischen Zusammenhängen. Jugendliche anzuschreiben, wurde in der Diskussion eher negativ eingeschätzt. Nach den Erfahrungen eines Großteils der Diskussions­teilnehmer wurde die direkte Ansprache von Jugendlichen in ihren Lebenszusammenhängen sehr positiv bewertet und als eine gute Möglichkeit eingestuft, Jugendliche für das Anliegen zu motivieren.

Der dritte Fragenkomplex der Diskussion stand unter der Überschrift Medienarbeit und Internet. Diese Frage wurde durch das Eingangsreferat in die Diskussion eingebracht und nahm einen großen Raum in der Diskussion der Arbeitsgruppe ein. Ausgangspunkt war die Frage: Ist das Internet ein Medium für das Land? Für die Mehrheit der Beteiligten stellt das Internet eine Chance für den ländlichen Raum dar, weil es einen globalen Zugriff auf Informationen ermöglicht. Nach dem Motto: Internet – die Welt als Dorf. In der weiteren Diskussion wurde deutlich, daß es über die pädagogischen Ziele einer Medienarbeit, die sich mit dem Internet beschäftigt, noch keine klaren Vorstellung gibt: Kann die Medienpädagogik mit der gesellschaftlichen Entwicklung Schritt halten? Oder haben die Jugendlichen ihren Weg ins Internet bereits gefunden, bevor die Wissenschaft die pädagogischen Ziele für eine Medienarbeit mit dem Internet entwickelt hat.

In dieser Diskussion spiegelten sich zwei Ansätze der Medienpädagogik wider. Auf der einen Seite eine Medienpädagogik, die den Umgang mit dem Medium, die Handhabung der Technik des Mediums vermittelt. Dazu wurde die Idee diskutiert, wenn man ein Internet-Café auf dem Lande – wie vorhin bereits erwähnt – errichten möchte, einen Jugendlichen des Dorfes zu bitten, zur Aufbesserung seines Taschengeldes die Betreuung der Besucher/innen des Cafés zu übernehmen. Dem könnte ich auch zustimmen, weil ich sehr viel von meinem Sohn lernen kann: er ist sicher im Internet besser Zuhause als ich. Der zweite Ansatz der Medienpädagogik spiegelte sich in der Frage wider, wie vermittelt man im Umgang mit dem Internet eigentlich Medienkompetenz? Die Auseinandersetzung mit Sprache und Bildern sowie deren Kombination sollten als Lern­inhalte bei einer Medienarbeit mit dem Internet in den Vordergrund treten, diese Position wurde auch im Eingangsreferat vertreten.

Patrick Baab:
Ihr habt ja die Erfahrung gemacht, daß die Gruppe recht groß war und daß es dann schwierig ist, eine strukturierte Diskussion hinzukriegen. Was müssen wir vor Ort machen, wenn wir es mit einer relativ großen Gruppe von Jugendlichen zu tun haben?

Siegfried Becker:
Aufteilen! Arbeitsgruppen bilden.

Patrick Baab:
Wenn das Kinder selbst lernen, schneller als Medienpädagogen an die Kinder rankommen, sollte man es dann nicht ganz lassen?

Siegfried Becker:
Ich stelle mich der Aufgabe.

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Bericht Arbeitsgruppe 3: Senioren vermitteln Lebenserfahrung – autonome Medienwahl

Michael Luppatsch, Leiter des OK LÜBECK

Zunächst möchte ich einmal ein paar Dinge wiedergeben, die unser Impulsreferent, Dr. Claus-Hinrich Thamling, eingebracht hat. Als erstes: Sein Einstieg war, daß er sich etwas fehl am Platze fühle, da er mehr mit Bildungs- als mit Medienfragen beschäftigt sei. Das hat sich nachher ein bißchen relativiert. Es haben sich einige Verbindungslinien gezeigt. Er hat erst einmal den Landesverein für ländliche Erwachsenenbildung, den er hier repräsentiert, vorgestellt. Das ist ein Verein, der Organisationen im ländlichen Raum unterstützt, die Bildungsangebote offerieren möchten. Der Verein hält Referenten- und Themenlisten vor, finanziert auch einige Veranstaltungen, unterstützt diese und wickelt auch die Finanzen ab. Die Veranstaltungen selbst werden dann oft von Landfrauen- oder Landjugendvereinen durchgeführt. Immerhin, im letzten Jahr gab es rund 630 Veranstaltungen in 250 Orten in Schleswig-Holstein mit insgesamt 42.000 Teilnehmern. Ich denke, eine ganz beachtliche Zahl.

Er nannte uns Beispiele von Vortragsveranstaltungen, deren Themen auch ganz gut Themen einer Magazinsendung im Offenen Kanal und überhaupt in den Medien sein könnten, egal, ob im Hörfunk oder Fernsehen. Und auch wirklich: Einer oder mehrere dieser Vortragsabende wurden vom Offenen Kanal Kiel gefilmt, mitgeschnitten und auch ausgestrahlt. Insoweit ergab sich wieder eine Verbindung.

Meistens nehmen Frauen teil, 75 – 80 % dieser Veranstaltungen werden von Frauen besucht, meist über 50 Jahre alt, also deswegen paßt das auch in unseren Bereich und in diese Arbeitsgruppe. Eine Zielgruppe war jedenfalls klar angesprochen.

Der Begriff Zielgruppe ist eventuell ein falscher. Und ein städtischer Begriff wohlmöglich, da im ländlichen Raum die Vernetzung der Menschen mit- und untereinander, Doppel- und Mehrfach-Mitgliedschaften in verschiedenen Bereichen sehr stark ausgeprägt seien. Einige Punkte aus den Thesen von Herrn Dr. Thamling. Erst einmal überhaupt zu den Medien: Tageszeitungen gibt es meistens erst mittags, das Radio dagegen ist als Tagesbegleiter eines der Hauptinformationsmedien, da es gleichzeitig zu verschiedenen Arbeitsvorgängen laufen kann. Die Fortbildungs- und Lernansprüche an Bauern als Gestalter und Berater von ca. 80 % der Landschaft sind sehr groß. Die müssen sich nämlich immer wieder neuen Anforderungen, gerade in Natur und Umweltschutz, stellen.

Dann gab es einen ganz anderen Blick auf die Infrastruktur, als wir ihn heute morgen hatten. Vom landwirtschaftlichen Produzenten aus gesehen ist oft eine Infrastruktur gar nicht so notwendig, da das Arbeiten und Leben auf einem kleineren Raum, in einem engeren Kreis, stattfindet. Die Autobahn ist da nicht die Verbindung zur Stadt, sondern die Schneise in der Landschaft. Da gab es auch deutliche Interessenunterschiede und Gegensätze zu anderen Teilen der ländlichen Bevölkerung: Zu den beruflichen und ausbildungsbedingten und kulturell interessierten Pendlern, Pendlern zwischen städtischen und ländlichen Räumen, die einfach andere Interessen haben.

Ein wichtiger Punkt noch, und da kommt natürlich auch das besondere Interesse der Teilnehmerinnen zum Ausdruck: Frauen auf dem Lande sind oft Innovationsträger, aufgeschlossener, offener, lernbereiter als Männer, und mutig, neue Initiativen einzusetzen.

Wir haben „Zielgruppen“ durchgestrichen und zusammengetragen, was denn positiv und was negativ sei an diesen Besonderheiten, die jetzt auf dem Land und bei Senioren wirksam sind, wenn man daran denkt, wer kann aktiv in den Medien tätig werden. Auf der positiven Seite ist die schon genannte persönliche Ansprache, sobald man eine Person gewonnen hat, kommt man durch die verschiedene Vernetzung, die es gibt, auch zu viel mehr Leuten durch von-Mund-zu-Mund-Propaganda, die noch viel besser funktioniert als in der Stadt. Positiv ist auch diese Großzahl von Veranstaltungen, die es gibt, die man auch wahrnehmen kann als Themengeber, als Informationsgeber. Bei den Senioren auf dem Land haben wir gesehen, Zeit ist vorhanden, vor allen Dingen in der dunklen Zeit natürlich, das Zeitbudget ist nicht unbedingt das Problem, was es ja hier in den Städten oft ist, daß niemand Zeit hat, überhaupt aktiv zu werden. Und es ist auch ein starkes Interesse an Themen vorhanden, wie die Besucherzahlen dieser Veranstaltungen zeigen. Und ein wichtiger Punkt auf der positiven Seite: Medienarbeit kann auch Sozialkontakte vermitteln, und das ist ein wichtiger Punkt für die Leute, die daran teilnehmen.

Einschränkend ist zu nennen, daß einerseits nur wenige Bürgermedien überhaupt im ländlichen Raum präsent sind, daß es sehr schwierig ist, dort Bürgermedien zu finden, daß auch die Empfangsmöglichkeiten relativ schwierig sind, gerade auch, wenn man vom Fernsehen ausgeht. Kabelnetze sind halt nicht so dicht im ländlichen Bereich. Daß Medien immer mit Technik verbunden sind, die oft als schwierig angesehen wird, und daß andererseits gerade auch für die Offenen Kanäle und die Bürgermedien manchmal eine Technikfixierung besteht. Eine Fixierung, so daß es erstmal wichtiger ist, überhaupt zu lernen, was man da alles so machen können muß, wie man einen Film herstellt, wie man eine Radiosendung richtig macht.

Dann ging diese Diskussion weiter. Es entwickelte sich eine Kontroverse, vor allen Dingen zwischen den OK-Praktikern, die in dieser Arbeitsgruppe waren. Eine Kontroverse nämlich zwischen dem medienpädagogischen Ansatz, der den Offenen Kanal auch ein wenig als Station sieht, wo die Macher lernen, mit einem Medium umzugehen und zwischen einem journalistischen Ansatz, dem es nicht ausschließlich wichtig ist, daß alle wirklich lernen, wie es geht, wie man es machen kann, sondern der den Offenen Kanal einfach auch als lokale Medieninstitution sieht, die Themen sammeln kann, die Themen aufarbeiten muß. Wobei diese Themen dann eventuell auch anders umzusetzen sind, als sie heute teilweise in den Bürgermedien umgesetzt werden.

Wir haben uns dann mit einigen Ansatzpunkten und Projektbeispielen beschäftigt, die in diesem Bereich schon vorhanden sind, bzw. die geplant werden. Das eine ist natürlich, und davon berichtete vor allen Dingen ein Mitarbeiter aus dem Offenen Kanal Kiel, das Selbermachen, Redaktionsgruppen bilden, Redaktionen Über-Fünfzig-jährige, ÜFÜs, die dann selber wiederum als Redaktionsmitglieder auch hinausgehen zu Themen, auch aufs Land hinausgehen. Auch im OK Kiel gibt es einige Redaktionsmitglieder, die in Dörfern oder im ländlichen Raum leben.

Der zweite Ansatzpunkt sind natürlich die vielen Veranstaltungen und Vorträge, die jetzt im Bereich Hörfunk ganz einfach mitgeschnitten und ausgestrahlt werden könnten, aber auch im Bereich Fernsehen ist so ein Mitschnitt und ein Ausstrahlen der Veranstaltung oft möglich.

Eine weitere Möglichkeit, die dann auch zusammenhängt mit sozialen Kontakten: wenn sich sowieso zum Teil Erzählgruppen bilden, bzw. wenn man so etwas wie Erzählgruppen anstoßen kann, ist es zumindest mit der Hörfunktechnik ein einfaches, diese Erzählrunden auch wiederum in das Programm zu bringen und für einen viel größeren Kreis interessant sein zu lassen, nämlich, daß man die Leute erzählen läßt. Ich selbst habe daran erinnert, wie gerne auch am „Abend vorgelesen“ oder „Am Morgen vorgelesen“ eingeschaltet wird, und daß auch so gerne Leuten zugehört wird, die erzählen können. Der Wunsch nach sozialen Kontakten, davon war ja schon die Rede.

Ein anderer Punkt, den wir noch behandelt haben, war, ob Techniklernen auch für Ältere sinnvoll ist? Zum Beispiel, weil man dann wiederum mit den Enkeln reden kann, weil man auch vielleicht wieder gleiche Interessen findet, und daß man da auf eine andere Verständigungsebene kommt.

Zum Schluß habe ich das Wort gerade an diejenigen, die nicht aus der Offenen-Kanal-Praxis, aus der Bürgermedien-Praxis sind, noch einmal zurückgegeben und habe gefragt, was ist denn das Interessante, was sind denn die Wünsche an die Bürgermedien?

Interessant an den Senioren ist ja, daß sie was zu erzählen haben. Obwohl sie manchmal vielleicht mit Technik nicht unbedingt was zu tun haben wollen. Jugendliche, die sind neugierig, neugierig auf technische Geräte, die gehen gerne damit um, aber sie haben noch nicht so viel zu erzählen. Das Optimum wäre natürlich dann, diese beiden Gruppen zusammenzubringen, zu versuchen, dort einen Austausch auch ganz praktisch zu machen, daß man auch Jugendliche dafür gewinnt, als Reporter herumzureisen und Stimmen einzufangen. Das wichtige ist, daß man Themen mit möglichst geringem technischen Aufwand darstellen kann. Auch deswegen sind wir wieder dazu gekommen, daß der Hörfunk eine sehr gute Möglichkeit ist, gerade auch mit älteren Leuten im ländlichen Bereich Themen aufzuarbeiten.

Welche Probleme gibt es dann, welche Struktur benötigen wir dann, wenn wir das machen wollen? Ich will ein paar Forderungen nennen, wenn man so will, die allerdings nicht abgestimmt sind auf Kosten und ähnliches, dazu sind wir überhaupt nicht gekommen. Wir brauchen auf der einen Seite Rechercheure für Themen, wir brauchen Leute, die herumgehen. Vielleicht auch der Offene Kanal ganz unten als Mediendienstleister, als jemand, der Themen findet und dann ins Programm bringt, wenn man so will, als Rundfunk. Die mobile Technik ist wichtig, die Technik soll einfach sein, aber es muß auch versucht werden, Leute auf die Pirsch zu schicken, vielleicht Geschichten zu sammeln. Und es ist wichtig, dann vermutlich auch so etwas wie einen Techniker schicken zu können. Es ist nicht immer angenehm, alles noch von A bis Z zu lernen, um einmal mit einer Geschichte in einem Medium präsent zu sein, sondern es muß auch die Möglichkeit geben, daß das jemand anders machen kann. Vielleicht diese angesprochenen Jugendgruppen, vielleicht aber auch irgendwelche Beschäftigte in den Bürgermedien. Darauf sind wir nicht weiter eingegangen.

Wichtig wäre aber, die Zusammenarbeit mit den bereits existierenden Organisationen, Vereinen, Verbänden der Bildungsarbeit, die auf dem Land gemacht wird, zu systematisieren und viel besser auszunutzen, was dort schon passiert.

Patrick Baab:
Vielen Dank, gibt es Fragen an Michael Luppatsch? Sehr interessant fand ich seine Gedanken zur generationsübergreifenden Projektarbeit. Dies schien mir auch deshalb sinnvoll, weil die Sozialstrukturen auf dem Land relativ gefestigt sind. Gibt es eine spezielle Technik-Angst bei den Senioren? Ist da die Hemmschwelle besonders hoch?

Michael Luppatsch:
Wir haben selbst auch noch nicht so sehr viel Erfahrung damit. Da, wo es Gruppen gibt, wie in Kiel, fällt die Angst relativ bald weg. Leute, die sich damit beschäftigen, haben die Angst nicht sehr lange, weil sie merken, es ist nicht so schwierig. Aber sicherlich wird es eine Technik-Angst bei den vielen geben, die gar nicht erst zu uns kommen, die wir gar nicht erreichen. Da wird es oft ein Hinderungsgrund sein.

Patrick Baab:
Gibt es dabei einen dokumentarischen Ansatz? Senioren können ja auch gelebte Zeitgenossenschaft vermitteln, die man dann auf die Platte oder auf das Band bannen kann.

Michael Luppatsch:
Das ist ja gerade das Schöne, auch was den Hörfunk betrifft, und das, was auch die heutige Hörfunktechnik betrifft, die ermöglicht so etwas eigentlich sehr einfach. Zur Dokumentation unserer Arbeitsgruppen hatten wir auch so einen kleinen MD-Rekorder und ein Mikrofon auf dem Tisch stehen. Das hat dann die Arbeitsgruppe ganz schnell vergessen, daß das Ding da stand. Und so kann man natürlich auch Sachen mitschneiden. Da ist natürlich der Hörfunk vielleicht einen Schritt schneller oder einen Schritt leichter eingesetzt in diesem dokumentarischen Bereich als ein großes Fernsehteam.

Patrick Baab:
Das ist auch die Erfahrung, die wir in der Praxis machen, wenn das Fernsehen kommt, ist der Hörfunk schon längst wieder weg, weil der technische Aufwand viel geringer ist und es schneller geht.

Peter Willers (Publikum):
Wir haben in Kiel ja eine sehr intensive Erfahrung in Arbeit mit Senioren. Wir werden für Senioren adäquate Sendeformen finden und akzeptieren müssen. Es ist schlicht auch so, daß sie oft, wenn sie erst einmal einen Weg gefunden haben, ungern von dem noch abweichen. Und sich damit in einem Laden wie einem Bürgermedium rumzuschlagen, das erfordert dann eben auch ein bißchen Toleranz. Das muß man einfach nur wissen. Und darum muß man Sendeformen akzeptieren, bei denen man selbst sagen würde, ein bißchen flotter könnte es ruhig sein. Aber in der Praxis ist es dann eben adäquat, sowohl in Bezug auf die Produzenten als auch in Bezug auf die Rezipienten, daß Senioren anders fernsehen.

Publikum:
Machen die älteren Menschen Programm für ältere Menschen?

Peter Willers (Publikum):
Ja.

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Arbeitsgruppe 4: Frauen berichten & gestalten ihre Themen – autonome Medienwahl

Renate Hopfe, FLENSBORG AVIS, Schleswig

Ich bin ein bißchen erstaunt über die Parallelen, die die Senioren- und die Frauengruppe haben. Nach den Erfahrungen, die in den Offenen Kanälen gemacht wurden, ist es offensichtlich so, daß Frauen Angst vor der Technik und vor dem Selbstmachen haben. Deshalb ist die Gruppe auf die Idee gekommen, nicht einen Mediendienstleister – wie von den Senioren vorgeschlagen – zu schaffen, sondern eine Art Medienbeauftragte. Sie sollte an einer Institution wie dem Landfrauenverband angesiedelt sein, weil er mit 42.000 Mitgliedern in 185 Ortsvereinen im ländlichen Raum verankert ist und über eine gute Organisa­tions­struktur verfügt.

Weiter ist die Gruppe der Meinung, daß ein Medienhandbuch für Frauen erstellt werden sollte, in dem alle Angebote im Medienbereich zusammengestellt sind, so daß Frauen sich orientieren können, was es wo gibt, wer was anbietet und wie sie daran teilnehmen können.

Als zweites Problem hat die Gruppe die Verkehrsferne im ländlichen Raum erkannt. Sie ist zu dem Ergebnis gekommen, daß zu deren Überwindung die Offenen Kanäle vor Ort gehen müssen, um die Frauen zu erreichen. Dort sollten die OKs sich über die konkreten Probleme informieren, die die Frauen bewegen, und die vorhandenen Strukturen von Vereinen und Verbänden nutzen, um sie zu erreichen. Die Wahl der Mediums, über das die Frauen sich äußern möchten, sollte ihnen selbst überlassen werden. Das kann von Handzetteln über Plakate, Veranstaltungen bis hin zu Sendungen im Offenen Kanal reichen.

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Resümee

Hans-Jürgen Tast, stellvertretender Vorsitzender des NKL/ OK-Ausschusses der NIEDERSÄCHSISCHEN LANDESANSTALT FÜR PRIVATEN RUNDFUNK (NLM)

Ich habe heute viel gehört, es gibt ländliche Räume, es gibt noch ländlichere Regionen, und das Dorf ist auch nicht mehr das, was es einmal war. Zum Beispiel der Vortrag von Herrmann-Josef Thoben, Referent im Ministerium für ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung und Tourismus. Ich wiederhole den langen Begriff nicht, weil ich jetzt zeigen und demonstrieren will, daß ich es kann, sondern weil diese Begriffsänderung vom Landwirtschaftsministerium zum Ministerium für ländliche Regionen, oder von dem Förderprogramm „Dorferneuerung“ zu dem neuen der „Dorf- und ländlichen Regionalentwicklung“ sicher auch inhaltliche Veränderungen nach sich ziehen oder in Gang setzen soll. Herr Thoben wünschte sich die Medien hauptsächlich als Kommunikationshilfe, als Partner für diese Entwicklung. Bei den Bürgermedien kann dies natürlich nur eine recht untergeordnete Aufgabe sein. Trotzdem müssen und wollen sie sich sicher auch diesen Veränderungen stellen.

Darauf ging heute morgen Andreas Guballa vom OK Westküste in seinem Referat ein. Er erinnerte daran, wie sehr die ländlichen Regionen von der Entwicklung der Zentren abhängen, daß sich die alten Stärken dörflicher Struktur, „Überschaubarkeit, Integration, Identifikation“, immer mehr auflösen, daß „Aspekte wie Geborgenheit im sozialen Geflecht einer Gemeinde in den Hintergrund gedrängt werden, während die traditionell ländliche Sozialkontrolle weitgehend bleibt“. Von der Medienarbeit erwartet er sehr intensives Einfühlen, ein Reagieren und Anpassen auf das soziale Umfeld und das geringere Zeitbudget, z.B. durch die Entfernungen der Adressaten, aber auch die fehlende technische Infrastruktur in dörflichen Einrichtungen. Dafür hat er auch einen Modellentwurf als Tabelle vorgelegt.

Weitere Übersichten zu dem Thema „Medienpädagogik“ hörten wir von Prof. Gerhard Tulodziecki von der Uni Paderborn. Er skizzierte die fünf Aufgabenbereiche von Medienpädagogik aus seiner Sicht, die ich hier noch einmal wiederholen möchte, weil so eine Übersicht im nachhinein noch einmal ganz nützlich ist. 1.: Auswählen und Nutzen von Medienangeboten unter Beachtung von Handlungsalternativen. 2.: Eigenes Gestalten und Verbreiten von Medienbeiträgen. 3.: Verstehen und Bewerten von Mediengestaltungen. 4.: Medieneinflüsse erkennen und aufarbeiten und 5.: Durchschauen und Beurteilen von Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung.

Dies bedeutet für mich, daß diese Komplexität von den Forderungen der Medienpädagogik mit dem Ziel Medienkompetenz eigentlich nicht nur von den Bürgermedien erreicht werden kann. Ich will jetzt aber kurz noch einmal auch aufzählen, wo und wie aus der Sicht von Prof. Tulodziecki die Bedeutung von Bürgermedien in der Jugend-und Erwachsenenbildung liegt. Durch die mögliche Öffentlichkeit geben sie der Herstellung und den Ergebnissen eine größere Gewichtung und eine bessere Motivation. Außerdem stellt Gerhard Tulodziecki positiv heraus, daß bereits beim Arbeiten das Publikum gedanklich mit einbezogen werden muß. Zusätzlich kommt hinzu, daß die Bürgermedieneinrichtungen Know-how, Technik und Personal zur Verfügung stellen können.

Ich hatte ja schon gesagt, daß dieses Aufgabenfeld von den Bürgermedien­initiativen nicht allein gelöst werden kann. Nach meiner Meinung ist es völlig falsch, wenn es stimmt, was ich letzte Woche gehört habe, daß der Direktor einer norddeutschen Medienanstalt öffentlich erklärt haben soll, daß eine 20 Jahre bestehende Medienwerkstatt nun überflüssig ist, da ja jetzt in dieser Stadt ein OK existiert. Unterschiedliche Konzepte aus unterschiedlichen Richtungen, aber auch die Berücksichtigung verschiedener Medienarten sind notwendige Schritte zu eigenständigen Wegen, durch einen Medienalltag mit immer umfangreicherer und immer komplizierter verknoteten Verbindungen.

In den Arbeitsgruppen habe ich zwei Sätze aufgeschnappt, die das Spektrum, aber auch die Schwierigkeiten, aufzeigen. Einmal: „Medienkompetenz ist in der Informationsgesellschaft wahrscheinlich sogar eine Basiskompetenz.“ Auf der anderen Seite habe ich gehört: „Man muß die Teilnehmer Zuhause von der Haustür abholen.“ Das ist der Spagat, der zu schaffen ist und der eigentlich nur mit Kooperationspartnern gelingen kann. Aber auch durch eventuell konkurrierende Aktivitäten, z.B. solche, die durchaus Fernsehen und Radio an sich in Frage stellen, sind nötig. Und ich denke, das können Bürgermedien z.B. nicht oder sollten es nach meiner Meinung eher seltener machen.

In vielen heute vorgestellten Praxisbeispielen zeigte es sich, wie wichtig dabei die Wahl der richtigen Ansprechpartner vor Ort ist. Sie müssen selbst hinter der Sache stehen und schon in die Vorbereitungen intensiv mit einbezogen werden.

So möchte ich nun zum Schluß die Forderung von Andreas Guballa, nach diesem Tag von mir leicht ergänzt, wiederholen. Die hatte er zum Schluß seines Referats gehalten: Medienprojektarbeit soll in überschaubaren Bausteinen angeboten werden. Dafür sollte z.B. auf Kreisebene mobile Technik und Personal zur Verfügung stehen. Multimedia muß dezentral nutzbar sein und einfache Oberflächen bieten. Multiplikatoren müssen verstärkt in der Medienarbeit ausgebildet werden, so daß sie Angebote von außen nur als zusätzliche Ergänzung zu nutzen brauchen. In medienpädagogischen Kooperationen mit Vereinen und anderen Freizeitinitiativen müssen solche Aktivitäten gerade durch Schulen sinnvoll ergänzt werden.

Patrick Baab:
Herr Tast, wenn eine kleine, radikale Minderheit vom Lande auf sie zukommt und fragt, was sie denn tun sollen, wenn sie Medien machen wollen im ländlichen Raum, können Sie dieser Minderheit jetzt einen Rat geben, den Sie ihr heute morgen noch nicht hätten geben können?

Hans-Jürgen Tast:
Dieser radikalen Minderheit wahrscheinlich nicht. Ich glaube, ich könnte aber denjenigen, die die Arbeit auf dem Lande machen wollen, also, diese Arbeit unterstützten wollen, denen könnte ich Ratschläge geben, die ich heute morgen wahrscheinlich noch nicht so konkret hätte machen können.

Patrick Baab:
Welche Rolle spielen bei der Medienarbeit auf dem Lande Sekundärtugenden, etwa klare Zielorientierung, klare Zeitstrukturen, ein klares Projekt?

Hans-Jürgen Tast:
Ich weiß nicht, ob der Unterschied zwischen Stadt und Land so groß ist. Ich halte dies auch bei Aktivitäten in Städten für relativ wichtig. Ich glaube, daß die Schwierigkeit nicht so sehr in der Durchführung der Maßnahme liegt, sondern darin, die Maßnahme sinnvoll starten zu können. Ich glaube, das ist die Hauptschwierigkeit. Wie kommt man an die Teilnehmer ran? Muß man sie wirklich an der Haustür abholen? Und wenn man das muß, wie kann man das bewerkstelligen?

Patrick Baab:
Das heißt, die Maßnahmen brauchen eine Initialzündung.

Hans-Jürgen Tast:
Ja, sie brauchen Initialzündung, aber Sie müssen auch Wege und Konzepte finden, die wahrscheinlich in der Vorbereitung langfristiger aufgebaut sind. Ich denke, das, was Siegfried Becker vorhin gesagt hat, zu seiner Arbeitsgruppe, daß man, wenn man mit so einem Team mit drei Zelten und drei Elefanten in ein Dorf einfährt, dann natürlich die Aufmerksamkeit kriegt, die man braucht, um eine Woche ein Projekt zu machen. Aber wenn man etwas Langfristiges machen will, ist das relativ schwierig. Man muß einfach Kontakte aufbauen und man muß da für jedes Dorf oder für jede Struktur sicher ein spezielles Konzept haben.

Patrick Baab:
Wie sähe eine konkrete Utopie aus?

Hans-Jürgen Tast:
Eine konkrete Utopie auf dem Lande? Was mir zum Beispiel fehlt, das ist keine Utopie, das ist realisierbar. Für mich werden z.B. Künstlerinnen und Künstler zu wenig eingesetzt in solchen Aufgaben. Die Erfahrungen, die ich damit gemacht habe, sind relativ positiv. Ich bin für die „LAG Jugend und Film Niedersachsen“ Mitglied der Landesmedienanstalt und habe von daher auch eigene Erfahrungen und ich weiß, daß die Zusammenarbeit zwischen Pädagogen und Künstlern bei Medienpädagogik-Projekten sehr sinnvoll ist, weil sie nach meiner Meinung eine viel größere Heftigkeit in der Durchführung besitzt, weil Künstler oft einfach viel mehr Persönlichkeit hineingeben, in der Aussage der Medien, nicht nur im Engagement. Und weil die Teilnehmer von diesem Zwang, den Künstler haben, Ergebnisse zu erhalten, unheimlich provoziert sind.

Patrick Baab:
Vielen Dank für die zusammenfassenden Worte. Dann bleibt es noch an mir, Ihnen allen für die lebhafte Diskussion zu danken und den Veranstaltern zu danken für das Engagement.

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Kurzlebensläufe

Patrick
Baab
Abitur in Homburg/Saar, Studium der Politischen Wissenschaften und Germanistik in Mannheim, Volontariat beim Saar­ländischen Rundfunk (SR). Seit 1988 Arbeit für Tagesschau, Tagesthemen und weitere ARD-Informationssendungen sowie als Reporter, Redakteur und Moderator für den SR. Seit 1997 Reporter und Redakteur beim NDR Kiel.
Zu erreichen: NDR Landesfunkhaus Schleswig-Holstein
Eggerstedtstraße 16
24033 Kiel
Fon 0431/9876-493
Fax 0431/9876-427
Dr. Wolfgang
Bauchrowitz
Abitur in Flensburg, Jurastudium in Kiel und London. 1984 bis 1987 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Umweltschutz-, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht der Christian-Albrechts Universität Kiel. 1987 Eintritt in den höheren Dienst des Landes Schleswig-Holstein und Wahrnehmung verschiedener Funktionen, u.a. als Justitiar der ULR und als Sozial- bzw. Gesundheitsdezernent in zwei Landkreisen. 1988 Promotion. Seit April 1991 Ständiger Vertreter des Direktors und Justitiar der Unabhängigen Landesanstalt für das Rundfunkwesen (ULR).
Zu erreichen: ULR
Schloßstraße 19
24103 Kiel
Fon 0431/ 974560
Fax 0431/9745660
Carsten
Bauer
Geb. 1972, Abitur in Flensburg, Studium der Agrarwissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Seit Dezember 1998 bei Agrar-Daten GmbH, Kiel. Aufgabengebiet: Internetanwendungen.
3 Jahre Vorsitzender der Landjugendgruppe Grundhof, 2 Jahre Kreisvorsitzender im Kreis Schleswig-Flensburg, 1 Jahr stellv. Landesvorsitzender, seit September 1998 Landesvorsitzender der Landjugend Schleswig-Holstein; Mitbegründer der dortigen Projektgruppe Internet.
Zu erreichen: Landjugendverband Schleswig-Holstein e.V.
Jungfernstieg 25
24768 Rendsburg
Fon 04331-23690
Siegfried
Becker
Musik- und Mathematikstudium an der Universität Bremen. Abschlußarbeit: Komposition und Analyse des Hörstücks „Konturen“ für die Feature-Redaktion von Radio Bremen. Von 1990 bis 1996 hauptamtlicher pädagogischer Mitarbeiter im Jugendhof Steinkimmen mit dem Schwerpunkt kulturelle Jugend- und Erwachsenenbildung. In dieser Funktion u.a. als Vertreter der LAG Jugend und Film Niedersachsen im Vorstand der Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung. Seit 1996 Medienassistent beim Offenen Kanal Umland der Stadt Bremen mit dem Schwerpunkt Hörfunk.
Zu erreichen: OK Bremer Umland
Am Turbinenhaus 11
27749 Delmenhorst
Fon 04221/915811
Fax 04221/915697
Meike
Eggers
1989 – 1992 Ausbildung zur Vewaltungsfachangestellten in Heide, 1992 – Febr. 1998 Sachbearbeiterin in verschiedenen Verwaltungen, seit 1988 ehrenamtliche Mitarbeiterin in der außerschulischen Jugendbildung beim Kreisjugendring Dithmarschen (Seit 1998 im Vorstand tätig). Seit 27.05.1997 Jugendwartin des Kreisschwimmverbandes Dithmarschen, seit 01.03.1998 Medienassistentin im Offenen Kanal Westküste.
Zu erreichen: Offener Kanal Westküste
Landvogt-Johannsen-Str. 11
25746 Heide
Fon 0481/3333
Fax 0481/3239
Henning
Fietze
geb. 1970, Abitur, Studium der Erziehungswissenschaften in Kiel und Hamburg, arbeitet als Medienpädagoge und Filmemacher, Projektbetreuung an der Hochschule für bildende Künste Hamburg, Fachbereich Visuelle Kommunikation, zahlreiche Projekte der Medienarbeit, u.a. „Meerblicke – audiovisuelle Experimentalplattform für Großveransaltungen“ und „ojo!“ in Cali/ Kolumbien, div. Dokumentarfilme und Musikvideos, Theaterinstallationen, Projektentwicklung und -Leitung der Aktionen „Fischauge – das rollende Videocamp“ und „Floh im Ohr“.
Zu erreichen: Norddeutsche Straße 61
24143 Kiel
Fon/Fax 0431/735159
Andreas
Guballa
Abitur in Lübeck, Ausbildung zum Bankkaufmann in Lübeck, Beschäftigung bei der Deutsch-Südamerikanischen Bank in Hamburg. 1989 – 1995 Studium der „Angewandten Kulturwissenschaften“ in Lüneburg, Journalistikstudium in Texas/USA. 1995 – 1997 Medienassistent im Offenen Kanal Lübeck, seit 01.04.1997 Leiter des Offenen Kanals Westküste.
Zu erreichen: Offener Kanal Westküste
Landvogt-Johannsen-Str. 11
25746 Heide
Fon 0481/3333
Fax 0481/3239
Brunhild
Hansen-Schmidt
Abitur in Flensburg, Studium der Erziehungswissenschaften in Kiel. 2. Staatsexamen für das Lehramt an Realschulen 1984, pädagogische, konzeptionelle und wissenschaftliche Arbeit in verschiedenen Organisationen, medienpädagogischer Schwerpunkt seit 1987. 1991 stv. Leiterin im Offenen Kanal Kiel und stv. Beauftragte für den Offenen Kanal in Schleswig-Holstein, seit 1995 Leiterin Offener Kanal Kiel.
Zu erreichen: Offener Kanal Kiel
Hamburger Chaussee 36,
24113 Kiel
Fon 0431/640040
Fax 0431/6400444
Leo
Hansen
Geboren 1954, Dipl. Päd.; seit 1990 im Offenen Kanal Hamburg tätig; Mitbegründer von Schnittpunkt e.V., Verein zur Förderung von Medienkompetenz in Schleswig-Holstein; seit 1988 Beauftragter für den Offenen Kanal Hamburg, Sprecher der GMK-Gruppe Hamburg. Zahlreiche Veröffentlichungen zu medienpädagogischen Themen, Schwerpunkt Hören.
Zu erreichen: Offener Kanal Hamburg
Stresemannstraße 375
22761 Hamburg
Fon 040/8969070
Fax 040/89690711
Renate
Hopfe
Abitur in Norderstedt, Soziologiestudium mit dem Schwerpunkt Massenkommunikationsforschung in Hamburg. 1981 Beginn des Volontariats bei den Husumer Nachrichten im shz-Verlag. Nach freier Tätigkeit u.a. für die Kieler Nachrichten seit 1986 als Redakteurin bei Flensborg Avis, der zweisprachigen Tageszeitung der dänischen Volksgruppe, beschäftigt. Seit 1991 stellvertretendes Vorstandsmitglied der Unabhängigen Landesanstalt für das Rundfunkwesen (ULR).
Zu erreichen: Hafenstraße 2
24837 Schleswig
Fon 04621/21886
Katja
Kirste
Abitur in Rostock 1987. Volontariat an der Ostseezeitung Rostock. Studium der Werkstofftechnik in Dresden und Studium der Neueren und Älteren Literaturwissenschaft, der Medienwissenschaft und der Slawischen Philologie in Kiel mit Magisterabschluß im Mai 1998. Ab September 1998 Programmaufsichtsdezernentin der ULR.
Zu erreichen: ULR
Schloßstraße 19
24103 Kiel
Fon 0431/ 974560
Fax 0431/9745660
Leif
Kramp
Schüler an der Lauenburgischen Gelehrtenschule Ratzeburg (Gymnasium). Seit 1993 Mitarbeiter des „Insulaner“, der ältesten Schülerzeitung Deutschlands, seit 1996 Chefredakteur. Seit 1997 Redakteur beim Jugendmagazin „heftig“ der Lübecker Nachrichten, seit 1998 dort freier Mitarbeiter. Mitwirkung an mehreren Medien-Projekten im In- und Ausland. Darunter ein internationales Zeitungsprojekt in Strängnäs/Schweden, ein Videoprojekt in Sopot/ Polen. Zusammen mit Ole Kramp Entwickler und Herausgeber von INSU-ONLINE (www.insulaner.de).
Zu erreichen: Salemer Str. 16
23911 Schmilau
Fon 04541/82175
Fax 040/3603126475
Michael
Luppatsch
Geboren 1958, leitet seit August 1992 den Offenen Kanal Lübeck. Stammt aus Marl (Nordrhein-Westfalen), Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und Philosophie in Berlin und Toulouse (Frankreich), MA 1986, Untersuchungen zu den französischen Lokalradios und zur Beteiligung von Nichtdeutschen im Lokalfunk in Nordrhein-Westfalen, Freier Journalist und Medienpädagoge. Ab 1987 beteiligt am Aufbau mehrerer Radiowerkstätten (Bürgerfunk) in NRW. Lebt seit 1992 in Lübeck (Schleswig-Holstein.
Zu erreichen: Offener Kanal Lübeck
Kanalstr. 42 -48
23552 Lübeck
Fon 0451/705002
Telefax0451/73409
Gudrun
Papenburg
Diplom-Pädagogin, Studium der Erziehungswissenschaft, Schwerpunkt Sozialarbeitswissenschaft an der Technischen Universität Braunschweig. Während des Studiums Tätigkeiten als Seminarleiterin in der Jugend- und Erwachsenenbildung. Von 1994 – 98 Geschäftsführerin des Kieler Jugendringes. Begleitend verschiedene Tätigkeiten in der Kinder- und Erwachsenenbildungsarbeit. Seit 1998 Referentin beim Landfrauenverband Schleswig-Holstein, zuständig auch für Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit.
Zu erreichen: Landfrauenverband Schleswig-Holstein e.V.
Holstenstraße 106 – 108
24103 Kiel
Fon 0431/9797-373
Fax 0431/9797-140
Lorenz
Preuß
Abitur in Bremen; Lehramtsstudium (SEK II) Kunst und Geographie in Oldenburg; 1987 bis 1989 Medienpädagoge am Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte in Oldenburg; bis 1995 diverse Videoproduktionen und -projekte sowie Ausbildung zum Multimediaentwickler. Seit 1995 Medienassistent in der Abteilung NKL/OK bei der Niedersächsischen Landesmedienanstalt für privaten Rundfunk (NLM).
Zu erreichen: Niedersächsische Landesmedienanstalt für
privaten Rundfunk
Seelhorststr. 18
30175 Hamburg
Fon 0511/28477-53
Fax 0511/2847736
e-mail: preuss.nlm@t-online.de
Jörn
Radtke
Am 04.06.65 in Kiel geboren. Abitur in Heikendorf/ Kiel. Abschluß Diplom-Verwaltungswirt (FH), Studium der Agrarwissenschaften in Kiel. Mitarbeit in interdisziplinärem Forschungs­projekt „Umweltwirkungen nachwachsender Energieträger“ in Stuttgart. Fortbildung zum Referenten für Pressestellen und Öffentlichkeitsarbeit in Dortmund. Seit Ende 1997 Geschäftsführer und Agrarreferent des Landjugendverbandes Schleswig-Holstein e.V. in Rendsburg.
Zu erreichen: Landjugendverband Schleswig-Holstein e.V.
Jungfernstieg 25
24768 Rendsburg
Fon 04331/23690
Fax 04331/26105
Joachim
Stracke
Fachabitur in Paderborn, Studium in Siegen, Gesamthochschule. Von 1979 bis 1990 Fachbereichsleiter für Kultur im Kulturzentrum der Hansestadt Lübeck. Während der Zeit zweijährige Zusatzausbildung zum Theaterpädagogen, sowie Beteiligung an einem fünfjährigen Filmprojekt zum Thema „Widerstand im Nationalsozialismus in Lübeck“. 1990 bis 1996 Leiter eines Jugendkulturzentrums in Hameln. Seit 1996 Geschäftsführer und Kulturredakteur von Radio Aktiv Hameln, dem ersten nicht kommerziellen Lokalfunk in Niedersachsen.
Zu erreichen: Radio Aktiv Hameln
Hastenbecker Weg 8 b
31785 Hameln
Fon 05151/555555
Fax 05151/555533
Hans-Jürgen
Tast
Lehre als Schaufenstergestalter, Studium an der FH Hildesheim (Kommunikationsgestaltung) und an der HBK Braunschweig (Filmklasse). Seit 1981 freiberufliche Tätigkeiten als Fach-Publizist (u.a. Herausgeber der „KULLERAUGEN“-Medien­schriften“) und Kurator. Referent für diverse Fachverbände und FH Hildesheim (FB Sozialpädagogik). Für die LAG Jugend und Film Niedersachsen e.V. seit Januar 1994 Mitglied der Versammlung der Niedersächsischen Landesmedienanstalt für privaten Rundfunk (NLM). Stellvertretender Vorsitzender im NKL/OK-Ausschuß der NLM.
Zu erreichen: KULLERAUGEN-Medienschriften
Laaseweg 4
31174 Schellerten
Fon 05123/4330
Fax 05123/2015
Dr. Claus-Hinrich
Thamling
Geboren 23.09.1945, 1966 Abitur in Glückstadt. Bis 1971 Studium der Landwirtschaft, Fachrichtung Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an den Universitäten Kiel und Stuttgart-Hohenheim. Bis 1974 Institut für landwirtschaftliche Betriebs- und Arbeitslehre der Universität Kiel, 1974 Promotion zum Dr. agr.. Bis 1988 Landeskontrollverband Schleswig-Holstein. Seit 1979 öffentlich bestellter und anerkannter landwirtschaftlicher Sachverständiger. Bis 1989 Nord agrar Unternehmensberatung, Kiel. Seit 1990 Bauernverband Schleswig-Holstein, Rendsburg. Seit 1991 Vorsitzender Landesverein für ländliche Erwachsenenbildung Schleswig-Holstein e.V., Rendsburg.
Zu erreichen: Landesverein für ländliche
Erwachsenenbildung e.V.
Jungfernstieg 25
24768 Rendsburg
Fon 04331/1277-21
Fax 04331/26105
Herrmann-Josef
Thoben
Abitur in Friesoythe (Niedersachsen), Studium der Geodäsie in Braunschweig und Bonn. Referendariat beim Regierungspräsidenten von Arnsberg von 1976 bis 1978. Dezernent beim Amt für Land- und Wasserwirtschaft in den Bereichen Flurneuordnung, Dorfentwicklung und Landschaftspflege von 1978 bis 1991. Danach Referent für Dorferneuerung/ Dorf- und ländliche Regionalentwicklung im seinerzeitigen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, dem heutigen Ministerium für ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung und Tourismus.
Zu erreichen: Ministerium für ländliche Räume, Landwirt­ schaft, Ernährung und Tourismus
Düsternbrooker Weg 104
24105 Kiel
Fon 0431/988-4980
Fax 0431/988-5073
Michael
Tittmann
Mittlere Reife in Würzburg, Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann in Höchberg, Ausbildung zum Handelsfachwirt mit Ausbildereignung in Würzburg. Fachhochschulreife in Würzburg, Sozialpädagogikstudium in Koblenz, seit Februar 1998 Anerkennungsjahr im Offenen Kanal Lübeck.
Zu erreichen: Offener Kanal Lübeck
Kanalstr. 42-48
23552 Lübeck
Fon 0451/705002
Fax 0451/73409
Prof. Dr.
Gerhard
Tulodziecki
Geboren 1941, Ausbildung als Modelltischler, Abitur in Essen, Studium für das Lehramt an beruflichen Schulen an der RWTH Aachen. Promotion zum Dr. phil., Habilitation in der Erziehungswissenschaft, Akademischer Oberrat im Institut für Unterrichtswissenschaft des Forschungs- und Entwicklungszentrums für objektivierte Lehr- und Lernverfahren (FEoLL) des Landes NRW, 1975 Berufung als Professor und Direktor des FEoLL-Instituts für Medienverbund und Mediendidaktik, seit 1980 Professor für Allgemeine Didaktik und Schulpädagogik an der Universität-Gesamthochschule Paderborn. Arbeitsschwerpunkte: Unterrichtswissenschaft und Medienpädagogik, Buchveröffentlichungen.
Zu erreichen: Universität GH Paderborn
Fachbereich 2
33095 Paderborn
Fon 05251/66113
Fax 05251/603243
E-Mail: tulo@uni-paderborn.de
Kerstin
Wehrmann
1965 geboren. Abitur in Elmshorn. 1985 – 1992 Universität Hamburg. Hauptfach Erziehungswissenschaft, Psychologie und Soziologie. Abschluß als Diplom-Pädagogin. 1992/93 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Hamburg. 1993 Medienassistentin im Offenen Kanal Lübeck.
Zu erreichen: Offener Kanal Lübeck
Kanalstr. 42-4
23552 Lübeck
Fon 0451/705002
Telefax 0451/73409