OK – Lübeck – der erste ausschließliche OK Hörfunk (April 2007)

1   Ausgangslage
2   Erste Schritte für den OK Hörfunk
3   Erschliessung des Sendegebietes
4   Qualitätssicherung
5   Vermittlung von Medienkompetenz
6   Technischer Wandel im OK Hörfunk
7   OK Lübeck als Experimentalsender

1 Ausgangslage

Als der Offene Kanal Lübeck im November 1992 seinen Sendebetrieb aufnahm, war er der erste Offene Kanal in Deutschland, der – terrestisch auf eigener Frequenz und in Kabelnetzen – ausschließlich Hörfunksendungen ausstrahlte. Daraus ergaben sich Fragestellungen, wie z.B.:

  • Wie lassen sich Radio-Hörgewohnheiten und OK-Anspruch verbinden?
  • Was passiert mit der „sendefreienZeit“?
  • Wie kann ein lokaler Radiosender in seinem Sendegebiet bekannt werden?

Die Lösungen, die für den OKL entwickelt wurden, waren, bezogen auf nicht­kommerzielles Radio in Deutschland, programmliche Innovationen mit organisatorischen Konsequenzen. Von vornherein wurde dabei darauf geachtet, dass diese Maßnahmen gleichzeitig der Medienpartizipation und der Vermittlung von Medienkompetenz dienten.
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2 Erste Schritte für einen OK Hörfunk

2.1 Schritt 1: Radio-Hörgewohnheiten und OK-Anspruch

Ein Radioprogramm kann rechts oben kein Sendelogo einblenden, es muss also für die Hörerinnen und Hörer auf andere Weise kenntlich sein. Dies wird im privat-kommerziellen und öffentlich-rechltichen Radio über die „Musikfarbe“ erreicht. Einem OK eine Musikfarbe zuzuschreiben ist aber angesichts der Vielfalt der Beiträge der Nutzerinnen und Nutzer, die von Sendung zu Sendung die Musik wechseln, nicht möglich. Also musste der OKL-Hörfunk – im Rahmen des damaligen LRG und der OK-Satzung – erkennbar gemacht werden. Diesem Ziel dienten ab dem Sendestart verschiedene Maßnahmen:

  • Immer um „Voll“ gibt es die OK-Infos!

Zur vollen Stunde zwischen 14.00 und 20.00 Uhr gibt es fünfminütige „OK-Infos“. Nutzer oder Mitarbeiter lesen – in direkter Verantwortung von nichtkommerziellen Einrichtungen aus dem Sendegebiet – vorformulierte Texte mit definierter Länge vor. Dies bietet gleichzeitig die Möglichkeit, stündlich Programmhinweise für das weitere Tagesprogramm zu kommunizieren und das Hörfunkprogramm.zu strukturieren.

  • OK-Hörfunk-Sendungen sind 25 oder 55 Minuten lang!

Sendungen im OKL werden – begründete Ausnahmen gibt es immer – im Anschluss an die OK-Infos bis zur nächsten halben oder vollen Stunde disponiert.

  • Es gibt auch feste Sendeplätze!

Nach den ausgezeichnete Erfahrungen, die im OK Kiel-TV mit festen Sendeplätzen gemacht worden waren, wurden auch im OKL feste und freie Sendeplätze ein­gerichtet. Nach dem „Prinzip der differenzierten Schlage“ werden beispielsweise informations- und wortlastige Sendungen vornehmlich 16-18 Uhr, spezielle Musik­sendungen und fremdsprachliche Sendungen, die eine Stammhörerschaft an­sprechen sollten, von 20-22 Uhr ins Programm genommen. Diese Regelung wurde von den Nutzerinnen und Nutzern sehr gut angenommen. Heute werden etwa 75% aller Beiträge auf festen Sendeplätzen ausgestrahlt.

  • Feste Sendeplätze erfordern Redaktionsgruppen!

Mit Themenredaktionen, von OK-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern initiiert und zur Selbständigkeit gebracht, wurden eine ganze Reihe von Redaktionen gegründet.

  • Die Sendeplätze sind musikalisch sortiert!

Die festen Sendeplätze werden in Verbindung mit Musikfarben vergeben bzw. nach vorstruktrierten Musikfarben und Inhalten disponiert.

2.2 Schritt 2: Die „sendefreie“ Zeit

Obwohl es im OKL von Anfang an gelang, ein erhebliches Sendevolumen durch die Nutzer zu organisieren – nämlich täglich von 14-22 Uhr -, so ist doch die Zeit von 22-14 Uhr eine besondere Herausforderung. 1992 wurde täglich eine Liste von lokalen und internationalen („Welt-„) Musiktiteln zusammengestellt, die, ergänzt um Station-IDs und Programmhinweise – stündlich wiederholt gesendet wurden. Mit Hilfe immer leistungsfähigerer PC-Lösungen wird diese Sendezeit heute vielfältiger genutzt.

  • Redaktionsgruppen gestalten nächtliche Musikflächen.
  • Vorproduktionen werden computergesteuert abgespielt.
  • Berichte einzelner Redaktionen werden als Einzelbeiträge wiederholt.
  • Station-IDs und Programmhinweise kommen zu festen Zeiten.
  • Ausenstudios senden – ferngesteuert – live ausserhalb der OK-Bürozeit.

2.3 Schritt 3: Der OKL wird bekannt

Ähnlich wie der OK-TV in Kiel hat der OKL von Anfang an das „BSSS“-Prinzip („Beim Senden sichtbar sein“) verfolgt. Dahinter verbirgt sich die Idee, nicht in erster Linie durch bedrucktes Papier, Anzeigen oder Radiospielchen auf sich aufmerksam zu machen – was schon mangels Finanzen nicht möglich war -, sondern wöchentlich in Veranstaltungsorten, auf Marktplätzen oder in der Bürgerschaft Hörfunk zu produzieren, und dies deutlich erkennbar.

  • Seit Mai 1995 überträgt der OK Lübeck als erstes Lokalradio überhaupt live und in voller Länge der Lübecker Bürgerschaft. Lübeckerinnen und Lübecker können per Telefon, Mail oder Fax ihre Fragen und Bemerkungen ins Rathaus übermitteln. Die Moderatoren greifen diese Themen auf und stellen in den Pausen den anwesenden Politikern entsprechende Fragen.
  • Beim „OK vor Ort: Stadtteiltag“ sendet der OKL live von markanten Plätzen in den Lübecker Stadtteilen mit hoher, vorher organisierter Bürgerbeteiligung.
  • Reportage-, Sprach- und spezielle Musiknächte werden jeweils mit einer ad-hoc-Redaktion, teilweise unter Beteiligung von Schulprojekten, gestaltet.
  • Live-Berichterstattungen werden von großen Events wie den Nordischen Filmtagen Lübeck oder der Travemünder Woche organisiert.
  • Bei Kommunal-, Landtags- oder Bürgermeisterwahlen entstehen zusammen mit der Thomas-Mann-Schule Wahlsendungen mit eigener Hochrechnung.

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3 Erschliessung des Sendegebietes

Wichtiger Punkt der organisatorischen und programmlichen Neuerungen wurden die Außenstudios, die – seit 1997 zunächst mit dem „Radio aus Bad Segeberg“ – mittlerweile auch in Ratzeburg und Bad Oldesloe bestehen. Zusammen mit lokalen Trägern (Stadtverwaltung, Seniorenwohnsitz, Kreisjugendring) entstehen in den Außenstudios weitestgehend selbstverwaltet (Live-)Sendungen, ohne dass die Nutzer die Studios in Lübeck aufsuchen müssen. Ein weiteres Außenstudio ist 2005 in den Lübecker Mediadocks hinzugekommen.

Mit dem „OK-Medienzirkus“, dem rollenden Mediencamp „Floh im Ohr“, gelingt es – analog zur TV-Aktion Fischauge – auch ländliche Bereiche und Dörfer in den Ferienzeiten mit Hörfunk-Aktionen, Redaktionsarbeit und Live-Sendungen anszusprechen. Jedes zweite Jahr ist „Floh im Ohr“ im Sendebereich des OKL.

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4 Qualitätssicherung

  • Der OKL installierte 2002 eine Folge von Feed-Back-Treffen regelmäßig sendender Nutzerinnen und Nutzer besonders für die Informationsschiene zwischen 16.00 und 18.00 Uhr. Inzwischen sind regelmäßige „AirChecks“ in allen Hörfunk-OKs in Schleswig-Holstein üblich.
  • Ein umfangreiches, in dieser Art für einen Offenen Kanal Hörfunk auch bundesweit einzigartiges Seminarprogramm, trug wesentlich zur qualitativen Verbesserung der Berichterstattung bei.

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5 Vermittlung von Medienkompetenz

Neben der medienpädagogischen Arbeit des OKSH, die auch der OKL verfolgt, gibt es im OKL einige besondere Projekte. Hierbei ist hervorzuheben, dass die Vermittlung von Medienkompetenz im Hörfunk durch die leichte und einfache Technik einerseits und die besonders die Fantasie ansprechende Art des Hörfunks andererseits für jüngere Kinder (ab ca. 9 Jahren) besonders geeignet ist.

  • Regelmäßige Radiowerkstätten für Kinder im Grundschulalter werden vom OKL im Rahmen von Ferienpassaktionen angeboten.
  • Der OKL bietet in seiner ausgeprägten Redaktionsstruktur und den Sonderprojekten sehr gute Möglichkeiten für junge Menschen, sich im Hörfunk auszuprobieren und soweit zu professionalisieren, dass sie in Praktika, Ausbildungsgänge und Stellen in den öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Hörfunk wechseln können.
  • Positiv ist die Wirkung der HörMöwe, des Radiopreises des OKSH, zu erwähnen. Etliche Preisträger sind heute professionell im Radio tätig.
  • Den OKL nutzen auch Studierende, vornehmlich des privaten Lübecker Bildungsträgers „Hanseatische Akademie der Medien Lübeck“.

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6 Technischer Wandel im OK Hörfunk

Der OKL nahm 1992 den Sendebetrieb mit Radiostudios nach dem damaligen Stand der Technik auf: Selbstfahrerstudios statt getrennte Technik- und Aufnahmeräume. Aber Hörfunk entstand noch ganz klassisch auf Bandmaterial, der Tonschnitt erfolgte als Bandschnitt. Der OKL machte in der Folge die stürmische Digitalisierung der Hörfunkproduktionstechnik mit.

  • Audio wird heute ausschließlich digital geschnitten. Bereits 1998 wurde mit dem Erwerb eines ersten PC-Audioschnittplatzes ein wichtiger Schritt zur digitalen Bearbeitung gemacht. Mit dem 2001 beschafften MultiMediaLab und der anschließend eingeführten Vernetzung können heute Beiträge an acht Plätzen im Sender bearbeitet, zentral gespeichert und in zwei Studios ausgespielt werden.
  • Als Reportage-Geräte gesellten sich zu den robusten Cassettenrekordern kleine Minidisc-Recorder, die mit externen Mikrophonen technisch hochwertige Aufnahmen ermöglichten. Heute stellt der OK Lübeck DAT-Recorder, Harddisc oder Flash-Card-Rekorder zur Verfügung.
  • Seit 1995 sendet der OKL – als erster Offener Kanal in Deutschland – über zwei Audiocodecs, über die mittels eines normalen ISDN-Telefonanschlusses Live-Sendungen von außerhalb zu geringen Kosten möglich wurden.
  • Auf dem FTP-Server des OKSH können Beiträge und ganze Sendungen hochgeladen werden. Dieser Server wird genutzt für den Austausch von Sendungen innerhalb Schleswig-Holsteins und von Redaktionen, deren Mitglieder zu Hause produzierte Beiträge für Kollegen im Sender bereitstellen.
  • Im Sender selbst steht in den beiden digital angebundenen Studios für die Nutzern ein Musikarchiv mit mittlerweile rund 20.000 Musiktiteln bereit.
  • Seit den Nordischen Filmtagen 2005 wird auch mit Pod-Casts, Beiträgen aus Sendungen, die über einen Internet-Download anhörbar sind, gearbeitet. Anfang 2007 hat der OK Lübeck seine Angebote auf der eigenen Internet-Seite um ausgewählte Radio-on-Demand-Beiträge erweitert. Hinzu kommt, dass Podcaster aus dem Sendegebiet auf den OK Lübeck zugekommen sind, um ihre Beiträge auch im terrestischen Hörfunk zu senden.
  • Die Übertragung von Sendungen zum OKL via UMTS befindet sich noch in der Probephase.

Der Anschluss an die Entwicklung digitaler Produktion zu vertretbaren Kosten bleibt auch in Zukunft notwendige Voraussetzung für die Entwicklung des OK Hörfunks.
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7 OK Lübeck als Experimentalsender

Die eigene 24-Stunden-Frequenz bietet seit Beginn des Sendebetriebes des OKL die Möglichkeit, auch neue Dinge im Hörfunk auszuprobieren.

  • Die Arbeit mit Klangbildern, die aufgrund der Geräusche einer Stadt, einer Landschaft, eines besonderen Ortes konzipiert werden, pflegt der OKL seit 2001. Experimente wie ein Soundwalk durch die Innenstadt einschließlich ihrer Hinterhöfe, ein Klangportrait der Stadt mit dem Schwerpunkt „Wasser“, Klang- und Geräuscherkundigungen mit Kindern oder eine nächtliche Live-Übertragung des Klangbildes des Lübecker Marktes entstanden.
  • Die in den letzten Jahren ausgeweitete Arbeit an Hörspielen kulminierte 2006 im OKL bereits zum zweiten Mal in einem gekoppelten ON-AIR und Internet-Angebot: Dem Hörspiel-Adventskalender. Die kurzen Hörspiele wurden einerseits täglich neu zu festen Tageszeiten gesendet, andererseits versteckten sie sich hinter bunten Bildchen auf der Internetseite des OK-Lübeck.

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