10 Jahre Offener Kanal (2002)
Inhaltsverzeichnis
Grußworte
Dr. Ekkehard Wienholtz
Vorsitzender des Medienrates der ULRGernot Schumann
Direktor der ULR
Heide Simonis
Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-HolsteinCathy Kietzer
Stadtpräsidentin der Landeshauptstadt Kiel
Norbert Gansel
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel
Beiträge
Offener Kanal – von der technischen Plattform zum regionalen Bürgersender.
Peter Willers
Beauftragter für den Offenen Kanal der ULR
Jugendliche im Offenen Kanal
Brunhild Hansen-Schmidt
Leiterin des Offenen Kanals Kiel
Kinder und Jugendliche im Spannungsfeld zwischen Schriftkultur und Multimedia.
Bjarne Truelsen
Leiter des Offenen Kanals Flensburg
Warum sich mit anderen herumschlagen, wenn Allein-Senden doch so einfach ist? Über Redaktionsarbeit im Offenen Kanal.
Michael Luppatsch
Leiter des Offenen Kanals Lübeck
Jungen machen Radio –Ein medienpädagogisches Projekt zur Gewaltprävention
Andreas Guballa
Leiter des Offenen Kanals Westküste
Das gemixte 7. Jahr: OK-MedienzirkusMedienarbeit im ländlichen Raum mit MultiMedia-Schiene
Henning Fietze
Medienpädagoge
Grußworte
Grußwort
Zehn Jahre Offener Kanal in Schleswig-Holstein sind zehn Jahre erfolgreiche Bürgermedienarbeit durch die ULR:
- Von 1991 bis 1997 hat die ULR inzwischen vier Offene Kanäle aufgebaut. Dazu sind noch einige Außenstudios gekommen.
- Die Nachfrage in der Landeshauptstadt war so groß, dass die ULR den OK Kiel 1999 räumlich und in der technischen Ausstattung erweitert hat.
- Der OK-Medienzirkus mit seinen Aktionen „Fischauge“ und „Floh im Ohr“ ist inzwischen im siebten Jahr aktiv und fährt als rollendes Mediencamp über das Land, damit der ländliche Raum bei der Medienkompetenzvermittlung nicht ins Abseits gerät.
- Multimedia hat auch im Offenen Kanal Einzug gehalten, die Konvergenz der Medien lässt sich dort täglich erleben.
Der Offene Kanal in Schleswig-Holstein ist ein Erfolgsmodell, weil er verschiedene Funktionen auf das Beste miteinander verbindet.
- Da ist zum einen die Vermittlung von Medienkompetenz, seit Gründung des ersten Offenen Kanals 1991 gelebter OK-Alltag, nicht nur durch Aus- und Fortbildungsangebote für OK-Nutzerinnen und -Nutzer oder Lehrkräfte, in Kursen oder am technischen Gerät.
- Da ist ferner die Vermittlung politischer Bildung. Wer sich aktiv eines Mediums bemächtigt, partizipiert im besten Sinne an der Mediengesellschaft.
- Darüber hinaus ist Offener Kanal auch eine spezielle Form der Nahraumkommunikation, nicht erst, seitdem dort regelmäßig die Sitzungen des Schleswig-Holsteinischen Landtages, der Kieler Ratsversammlung oder der Lübecker Bürgerschaft zu hören und zu sehen sind.
Medien gestalten und produzieren in eigener Verantwortung – das erfordert Engagement und macht offensichtlich auch den Bürgerinnen und Bürgern von unter 18 bis über 80 Jahren, die dort tätig sind, Spaß. Beides ist zwar kein gesetzliches Ziel, ist aber auf jeden Fall ein Ergebnis der gesamten OK-Arbeit. Einsatz und Freude erleben wir aber auch persönlich immer wieder, wenn wir einen unserer Offenen Kanäle besuchen.
Zum zehnjährigen Jubiläum hat der Offene Kanal Kiel ein angemessenes Geburtstagsgeschenk bekommen: Das Radio 101.2 Kiel FM. Wir wissen, dass dieses Projekt ebenso eine Erfolgsgeschichte vor sich hat wie die vorhandenen Einrichtungen, und freuen uns auf viele weitere Jahre der Erfolgsstory „Offener Kanal in Schleswig-Holstein“.
Dr. Ekkehard Wienholtz
Vorsitzender des Medienrates der ULR
Gernot Schumann
Direktor der ULR
Die Bürgergesellschaft in den Medien
Dem Offenen Kanal in Schleswig-Holstein gratuliere ich herzlich. Er hat zehn Jahre lang erfolgreiche Arbeit geleistet und sich zu diesem Geburtstag zu Recht selbst ein schönes Geschenk gemacht. Im Offenen Kanal Kiel wird nun neben Fernsehen auch Radio gemacht. Die Kieler werden das neue OK-Radio leicht finden; es läuft auf 101,2 im UKW-Bereich – eine Zahl, die gut zu merken ist.
Der Grundstein des Offenen Kanals ist im Dezember 1989 gelegt worden. Der Schleswig-Holsteinische Landtag hatte das Landesrundfunkgesetz neu gefasst. Die Unabhängige Landesanstalt für das Rundfunkwesen (ULR) wurde beauftragt, im Hörfunk und Fernsehen jeweils mindestens einen Offenen Kanal einzurichten. Die Offenen Kanäle sollten jeder Person und Gruppe ermöglichen, sich stärker an Diskussionen über Kultur, Politik und gesellschaftlichem Leben auf lokaler und regionaler Ebene zu beteiligen. Das war das Ziel des neuen Gesetzes.
Die ULR hat den Auftrag zügig und engagiert angepackt. Heute bestehen Offene Kanäle für Kabel-Fernsehen in den Regionen Kiel und Flensburg sowie für Hörfunk in den Regionen Lübeck, an der Westküste und neuerdings in Kiel. Im Landesrundfunkgesetz ist auch die Finanzierung geregelt. Sie kommt aus einem Anteil der Rundfunkgebühr, der für besondere Aufgaben des Rundfunks verfügbar ist und von der ULR für die Offenen Kanäle eingesetzt werden kann. Der kleine Betrag, den jeder monatlich mit seiner Rundfunkgebühr für den Offenen Kanal aufbringt, ist gut angelegtes Geld.
Inzwischen reden die Bürgerinnen und Bürger kräftig mit. Der Offene Kanal ist zu einem Markenzeichen der Bürgergesellschaft geworden. Es geht darum, alle Menschen in Schleswig-Holstein am politischen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu lassen. Ich bin sehr damit einverstanden, wenn so die Bürgerinnen und Bürger über die Belange ihres Landes mitbestimmen, eigenverantwortlich ihre Anliegen vorbringen und dabei kein Blatt vor den Mund nehmen.
Das Bürgermedium Offener Kanal ist damit viel mehr als eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung. Hier wird Demokratie gelebt. Die Mediengesellschaft wird zu einem guten Teil von den Bürgerinnen und Bürger selbst gestaltet. Wer selber mitmacht, lernt auch, mit den Medien besser umzugehen. Das ist bei der Flut der Programme schon fast überlebenswichtig. Wie können wir erreichen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger mit den Medien selbstbewusst und selbstbestimmt umgehen? Benutzen die Medien uns oder benutzen wir die Medien?
Medienkompetenz ist also ein großes Thema unserer Zeit. Die Landesregierung ist sehr an einer Stärkung der Medienkompetenz interessiert. Folgerichtig ist deshalb auch die Förderung der Medienkompetenz im neuen Landesrundfunkgesetz als Aufgabe der ULR betont worden. Neben anderen Initiativen und Fördermaßnahmen, etwa der Unterstützung von Projekten der Aus- und Fortbildung oder Fachtagungen, kommen wir vor allem mit dem Ausbau der Offenen Kanäle diesem Ziel näher. Wie nirgendwo sonst können Jung und Alt im Offenen Kanal Medienkompetenz erwerben. In der medialen Informations- und Bürgergesellschaft von heute ist es wichtiger denn je, mit den Medien verantwortlich und kompetent umgehen zu können. Die jüngste Diskussion über „Gewalt“ in den Medien macht diese Aufgabe noch brisanter. Medienkompetenz soll dazu befähigen, Medienangebote auszuwählen und zu nutzen, zu verstehen und zu bewerten. Um die Angebote der Medien richtig beurteilen zu können, muss Medienkompetenz auch durchschauen können, wer welche Angebote macht und warum. Die Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung müssen in ihrem gesellschaftlichen Zusammenhang durchschaut werden können.
Als Regierungschefin eines Landes muss ich gemäß dem Auftrag der Länder die Freiheit der Berichterstattung gewährleisten und dass sich alle frei und ungehindert eine Meinung bilden können. Diese Freiheit wird – wie es das Bundesverfassungsgericht formuliert – durch einen Ordnungsrahmen, gesichert. Das Medium Offener Kanal bildet auch hier einen wichtigen Baustein.
So wird auch der Name „Offener Kanal“ seinem Namen gerecht. Denn er steht für Offenheit gegenüber allen Inhalten, Absichten und Formen seines Programms. Damit ergänzt er ideal die professionellen Programme in Hörfunk und Fernsehen. Durch die vielfältigen Beiträge fördert er den öffentlichen Meinungsbildungsprozess über lokale und regionale Politik, aber auch über Wirtschaft und Kultur.
Der Offene Kanal steht für Meinungsvielfalt – ein wichtiges Regelungsziel der Rundfunkfreiheit. Der Staat hat den Auftrag, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, allen gleiche Chancen einzuräumen, die sich mit ihren Inhalten an die Allgemeinheit richten wollen. Hier spielt auch der Minderheitenschutz eine wesentliche Rolle. Wir sind aufgefordert und auch willens, die Minderheiten bei der Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit zu berücksichtigen.
Der Offene Kanal bietet Minderheiten eine Plattform, die diese noch entschiedener nutzen sollten. Friesische, dänische und niederdeutsche Beiträge im Offenen Kanal können das ergänzen, was die großen öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkveranstalter anbieten. Auch Organisationen der Migrantinnen und Migranten sollten den Offenen Kanal noch stärker nutzen, um mit eigenen Beiträgen die Integration zu fördern.
Der Erfolg des Bürgerfunks in Schleswig-Holstein ist dem Engagement des Beauftragten der ULR für den Offenen Kanal und seinen 20 Mitarbeitern zu verdanken. Zusätzlich können jährlich mehr als fünfzig Praktikantinnen und Praktikanten beim Offenen Kanal lernen. Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren Einsatz in den letzten zehn Jahren.
Allein der Offene Kanal Kiel sendete im vorletzten Jahr 2.114 Stunden, davon 373 Stunden live. 70 Seminare für Nutzerinnen und Nutzer mit mehr als 250 Personen sind betreut worden. Zum Arbeitspensum gehören eine Schulfernsehwoche und das Projekt „Offener Kanal und Schule“, ein Kieler-Woche-Radio, die Mediencamps „Fischauge“ und „Floh im Ohr“, regelmäßige Berichterstattungen aus dem Landtag, der Norddeutsche Bürgerradiopreis „Ätherrauschen“ und die Zusammenarbeit mit anderen Offenen Kanälen in Norddeutschland und darüber hinaus. Eine beachtliche Leistung. Höhepunkte der Arbeit sind regelmäßig die Live-Berichterstattungen bei Kommunal- und Landtagswahlen. Häufig lag der Offene Kanal mit seinen Prognosen besser als die großen Forschungsinstitute.
Die Zahlen belegen: Der Offene Kanal liegt im Trend. Freiwilliges Engagement hat Konjunktur. Die Landesregierung wird den Offenen Kanal deshalb gern weiter unterstützen. Wir werden weiter seine Finanzierung aus dem Rundfunkgebührenanteil sichern und seine frequenzmäßige Ausstattung – wo nötig – verbessern.
Gerade wegen der kulturellen Vielfalt liegt die mediale Zukunft nicht in Europa, sondern in den Regionen. Der Offene Kanal leistet hier einen wichtigen Beitrag.
Für das Geburtstagskind Offener Kanal wünsche ich mir eine stärkere Unterstützung durch die anderen Medien. Vor allem deshalb, weil der Offene Kanal nicht auf die Werbemöglichkeiten der großen Anstalten oder Verlage zurückgreifen kann. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die privaten Rundfunkunternehmen, auch die Zeitungen im Lande könnten den Offenen Kanal fördern, wenn sie über sein Engagement mehr berichten, auf interessante Programmbeiträge im Offenen Kanal deutlicher hinweisen und besondere Beiträge auch einmal in ihren Programmen reflektieren würden.
Für die nächsten zehn Jahre alles Gute!
Heide Simonis
Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein
Grüße der Landeshauptstadt Kiel
Seit nunmehr 10 Jahren ermöglicht es der Offene Kanal den Kielerinnen und Kielern von ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung auf einem lokalen Fernseh-Forum Gebrauch zu machen. Als Kommunikations- und Kulturfaktor ist er kaum mehr aus der lokalen Medienlandschaft wegzudenken.
Das Programm des Offenen Kanal Kiels ist eine gelungene Mischung aus Spontaneität und Kontinuität: das Tierschutz- steht neben dem Polizeimagazin und Beiträgen aus Kiel und Umgebung. Wirtschaft, Umwelt, Sendungen für ausländische Mitbürger, Informationen für Kulturinteressierte oder Konzertmitschnitte – das Programm ist vielseitig und informativ. Senioren entdecken die Geschichte ihrer Stadt und publizieren das Gefundene im Offenen Kanal. Jugendliche entdecken das Medium Fernsehen und produzieren Live-Sendungen für ihre Altersgruppe. In Projekten wie „Offener Kanal und Schule“ nutzen Lehrer und Schüler den Offenen Kanal als Unterrichtsinstrument mit medienpädagogischen Lernzielen. Von besonderer Bedeutung für die politische Meinungsbildung in der Stadt ist die regelmäßige Live-Übertragung der Kieler Ratsversammlung. Damit ist der Offene Kanal auch ein Instrument der politischen Bildung. Politische Entscheidungsfindung wird hier transparent gemacht.
Rechtzeitig zum Zieleinlauf des Volvo Ocean Race und zur Kieler Woche geht nun auch das OK-Radio an den Start: ein weiterer Schritt zu noch mehr Teilhabe am kulturellen und politischen Geschehen in der Landeshauptstadt Kiel. Dem neuen Medium wünschen wir allzeit frischen Wind. Dem alten auch weiterhin die gewohnte Vielseitigkeit.
Cathy Kietzer Stadtpräsidentin
Norbert Gansel Oberbürgermeister
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